Nr. 2/2016
Lebensversicherung in harten kommunikativen Zeiten
Das Internationale Olympische (IOC) Komitee plant einen eigenen Olympiakanal, der in naher Zukunft auf 200 nationalen TV-Märkten eingespeist werden soll. Welche Überlegungen stecken dahinter? Medienwissenschaftler Christoph Bertling beleuchtet in seinem Artikel die strategische Positionierung wissenschaftlich und zeigt auf, warum interdisziplinäre Ansätze herangezogen werden müssen, um umfassende Erkenntnisse zu erlangen.
Olympische Werte, Innovationen und Kreationen, das sind die „core assets“ des Internationalen Olympischen Komitees, um sich im hart umkämpften Wettbewerb um Zuschauer und Einnahmen zu positionieren. Zukünftig soll dies auch mit einem IOC-eigenen Kanal für alle olympischen Sportarten, der an 365 Tagen im Jahr sendet, geschehen. Als Kosten für die Umsetzung ist ein dreistelliger Millionenbetrag eingeplant.
Um die strategische Positionierung verstehen und bewerten zu können, muss eine Betrachtung über die „core assets“ und Kernkompetenzen, auf die sich der ressourcenbasierte Ansatz konzentriert, hinaus stattfinden. Vielmehr ist eine Verknüpfung der Ressourcen- mit der Netzwerktheorie, wie im vorliegenden Beitrag, notwendig, um das Zusammenspiel von Management, Organisations- und Massenkommunikation adäquat abbilden zu können.
Dabei zeichnet sich das TV-Management des IOC durch ein sogenanntes Content-bundling-System aus. Hier werden alle Aktivitäten der medialen Wertschöpfungskette integriert, sodass eine strategische Markenpolitik betrieben werden kann. Bereits die Gründung des Olympischen Broadcasting Services (OBS) hatte eine nahezu absolute Eigenkontrolle über die Produktion zur Folge, indem die TV-Bilder in Eigenproduktion hergestellt und erst dann TV-Anbietern zur Ausstrahlung übermittelt werden. Auch wurden eigene TV- und Internet-Plattformen ins Leben gerufen: zum Beispiel der „Olympic News Channel", ein 24/7-Nachrichtenkanal. Der „Olympic Channel“ ist nun eine weitere wichtige kommunikative Maßnahme. Dadurch werden die Kernkompetenzen auf allen Wertschöpfungsstufen integriert: Kreation, Produktion und Distribution liegen in den Händen des IOC. Eine solche strategische Positionierung wird für Unternehmen in der sich stark verändernden Sportmedienlandschaft immer wichtiger, denn diese Kernkompetenzen, über die (idealerweise) nur sie als Unternehmen verfügen, können für Wettbewerbsvorteile genutzt werden und als Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz abheben.
Um diese optimal ausschöpfen zu können, werden Netzwerkstrukturen gegründet, beispielsweise mit exklusiven TV-Partnern. Hierdurch wird der Einbau von Innovationen und Kreationen in die Medienprodukte ermöglicht, ohne die eigenen Kompetenzen zu verlieren. Damit werden die Kernkompetenzen auf verschiedenen Wertschöpfungsstufen integriert: Kreation, Produktion und Distribution liegen in den Händen des IOC. Durch solche Kooperationen mit exklusiven Netzwerkorganisationen wird das finanzielle Risiko gestreut, und durch eine immer stärkere Ausbringung und Verbreitung sinken relational betrachtet die Produktionskosten.
Publizistische Kontrolle, eine Qualitätsgarantie für das Produkt Olympia und eine globale Markenpolitik lassen sich als Ziele des IOC ausmachen. Im Mittelpunkt stehen dabei die olympischen Werte und Prinzipien sowie Innovations- und Kreationspotentiale als mediale Vermögensgegenstände.
Doch dies birgt auch Risiken: Verdeckte PR, das Verschweigen kritischer Diskurse – beispielsweise zum Thema Doping oder Kritik am IOC – oder die durch Ressourcenakkumulation erworbene Macht zu missbrauchen erscheinen als Gefahren, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Aus Sicht der sozialen Wohlfahrt sind weiterhin überhöhte Preise für Rechte durch die starke Marktmacht kritisch zu betrachten.
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Christoph Bertling
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