Nr. 2/2017

Humor als Antwort auf Angriffe aus dem Hinterhalt

Große Konzerne bezahlen mitunter gewaltige Summen, um als offizielle Sponsoren großer Sportveranstaltungen oder von namhaften Vereinen in Erscheinung treten zu dürfen. Doch der Kreis dieser Unternehmen ist überschaubar, oft wird viel Wert auf Exklusivität gelegt. Bei Fußball-Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen kommen selbstverständlich nur jeweils ein Getränkehersteller, ein Kreditkartenanbieter und eine Fast-Food-Kette in den Genuss einer offiziellen Partnerschaft. Der Konkurrenz bleibt allerdings eine attraktive Alternative: das so genannte Ambush-Marketing.

Werbung, die Assoziationen zu jeweiligen Veranstaltung herstellt, ohne geschützte Begriffe, Logos oder Bilder zu verwenden. Das funktioniert oft sehr gut, und die Inhaber der teuer erkauften Rechte fragen sich: Welche Gegenstrategien eignen sich und welche Wirkungen entwickeln solche Maßnahmen? Zu diesen Fragen forschen Professor Dr. Sebastian Uhrich vom Institut für Sportökonomie und Sportmanagement und Professor Dr. Jörg Königstorfer von der Technischen Universität München.

Es war ein kleiner Aufschrei, der Deutschland einst im Vorfeld der Fußball-WM 2006 aufrüttelte , als plötzlich die Meldung kursierte, auf Veranstaltungen, die in direktem Zusammenhang mit dem Turnier stehen, dürfe keine Milch verkauft werden. Betroffen waren nicht nur die Spiele, sondern auch zum offiziellen Programm gehörende Diskussionsrunden, Konzerte oder Ausstellungen. Coca-Cola besaß als Partner des Weltverbandes Fifa ein Exklusivrecht für den Verkauf nichtalkoholischer Getränke. Es gab empörte Debatten, hochrangige Politiker schalteten sich ein, am Ende ging das Beharren des amerikanischen Getränkekonzerns auf die eigenen Rechte zwar nur als Marginalie in die Geschichte der WM ein, aber die Anekdote zeigt, wie kompliziert der Schutz im Rahmen von Sponsorships erworbener Rechte werden kann.  Erst recht, seit dem viele Unternehmen ausgeklügelte Strategien anwenden, um die eigenen Produkte und Marken in Werbekampagnen mit den großen Sportevents in Verbindung zu bringen, ohne entsprechende Rechte zu erwerben.

„Ambush-Marketing“ wird diese Herangehensweise im Fachjargon genannt, die im Zuge der exzessiven Vermarktung medial opulent inszenierter Großveranstaltungen immer weiter verfeinert wird. „Ambush“ ist der englische Begriff für „Hinterhalt“, mittlerweile sind entsprechende Werbeformen zu einem großen Ärgernis für die Rechteinhaber geworden. Findet beispielsweise eine Fußball-WM in Brasilien statt, reicht ein Bild von einem Fußballer am Strand der Copacabana, der ein T-Shirt in Brasiliens Nationalfarben trägt, um entsprechende Assoziationen auszulösen. Oftmals weisen die Werbekampagnen eines Sponsors und seines direkten Konkurrenten ohne teuer erkaufte Rechte erstaunliche Ähnlichkeiten auf, einzig ein entsprechendes Logo und der Hinweis auf die offizielle Zusammenarbeit fehlen dem Ambusher.

Inzwischen werden entsprechende Werbemaßnahmen derart geschickt gestaltet, dass die Frage diskutiert wird, ob sich offizielles Sponsoring von Großveranstaltungen überhaupt noch lohnt. Denn rechtliche Schritte sind wenig effizient, weil sie selten erfolgreich sind und der Marke ohne offizielle Rechte vor allem weitere Aufmerksamkeit verschaffen. Vielmehr wird angestrebt, die Konkurrenten entweder zu entlarven oder aber Antworten auf das Ambush-Marketing zu finden, die wiederum der eigenen Kampagne nutzen. Ein mögliches Mittel dafür sind Gegenkampagnen, mit denen offizielle Sponsoren auf das Ambush-Marketing eines Konkurrenten reagieren. Dabei gehe es nicht darum, „dem Ambush-Martketing vorzubeugen oder es zu limitieren, sondern darum, mit einer reaktiven Gegenanzeige, die eigene Marke zu stärken und die Marketing-Aktionen der Konkurrenz zu schwächen“, schreiben Uhrich und Königstorfer in ihrem Artikel Consumer Attitudes towards Sponsors' Counter-Ambush Marketing Ads“, der demnächst in der Zeitschrift „Psychology & Marketing“ erscheinen wird.

Allerdings ist die Wirksamkeit von Gegenkampagnen bisher kaum erforscht. Ist es ratsam, Ambush-Marketing einfach zu ignorieren? Lohnt es sich zu reagieren? Und wenn ja, welche Gegenmaßnahmen sind sinnvoll?

Untersucht haben Uhrich und Königstorfer vier mögliche Antwortstrategien: Eine anklagende Gegenkampagne, die den unliebsamen Konkurrenten als unfair entlarven soll. Aufklärende Maßnahmen, die die Rechtmäßigkeit des eigenen Sponsorships im Gegensatz zum Ambusher sichtbar machen. Eine humorvolle Replik auf die Werbeaktionen, die ohne offizielle Partnerschaft mit dem Veranstalter durchgeführt wurden. Und ein Ignorieren des Ambuschers, verbunden mit einer Stärkung des eigenen Profils. Dazu haben Königstorfer und Uhrich Werbekampagnen von Kondomherstellern im Umfeld eines fiktiven Golfturniers entwickelt. In drei Versuchsgruppen wurden Meinungen zur Reaktion eines offiziellen Sponsors auf das Ambush-Marketing eines direkten Konkurrenten in Abhängigkeit der Art der Gegenstrategie abgefragt.

In einem ersten Experiment wurde die Wirkung einer anklagenden Gegenstrategie („Name-and-Shame“-Ansatz) mit einer humorvollen Reaktion auf den Ambusher verglichen. In einer zweiten Versuchsanordnung kam eine „pädagogische“, also aufklärende, Gegenmaßnahme hinzu, und im dritten Experiment wurde die Wirkung einer Anzeige untersucht, die die eigene Verbindung zum Sportevent stärkt, ohne jedoch auf den Ambusher einzugehen. Nachweisen konnten Uhrich und Königstorfer, dass ein humorvoller Umgang mit einem unliebsamen Konkurrenten, der Ambush-Marketing betreibt, die eigenen Sympathiewerte steigern kann, woraus die Forscher ableiten, dass eine solche Herangehensweise die angemessenste ist. Offizielle Sponsoren, die hingegen anstreben, das Ansehen des Ambushers zu beschädigen, können mit aufklärenden und anklagenden Maßnahmen auf Erfolge hoffen, während eine humorvolle Gegenkampagne dem Konkurrenten keinen Schaden zufügt. Und das gilt auch für die Strategie, das Ambush-Marketing schlicht zu ignorieren. Wer die unliebsame Konkurrenz diskreditieren möchte, muss sie demnach „anschwärzen“, was sich wiederum nicht positiv auf das eigene Ansehen auswirkt.

Die passende Gegenstrategie ist also von den Kommunikationszielen abhängig. Ein humorvoller Ansatz empfiehlt sich, wenn die eigene Marke gestärkt werden soll. Der „Name-and-Shame“-Ansatz oder aufklärende Maßnahmen passen hingegen, wenn das Ansehen des Ambushers beschädigt werden soll.

Text: Daniel Theweleit 

Autoren


Prof. Dr. Jörg Königstorfer

Technische Universität München
Sport- und Gesundheitswissenschaften
joerg.koenigstorfer@­tum.de