Nr. 5/2023

ComeIn: Digitalisierung in der Lehrer*innenbildung

Wie kann die Digitalisierung gewinnbringend in Schule und Unterricht genutzt werden? Welche Kompetenzen benötigen Lehrer*innen? Und wie können diese in der Aus- und Fortbildung vermittelt werden? Um diese Fragen zu beantworten, haben sich zwölf lehrerbildende NRW-Hochschulen zum Verbund „Communities of Practice NRW – für eine Innovative Lehrerbildung“ (ComeIn) zusammengeschlossen. Rund 350 Mitglieder aus Universitäten, Vorbereitungsdienst und Lehrkräftefortbildung arbeiten in dem praxisorientierten Forschungsprojekt zusammen. Die Community of Practice für das Fach Sport (CoP Sport) ist an der Deutschen Sporthochschule Köln angesiedelt und kann bereits einige interessante digitale Produkte für die Lehrer*innenbildung vorweisen.

Das Ziel der CoP Sport ist es, zunächst zu identifizieren, über welche spezifischen digitalen Kompetenzen (angehenden) Sportlehrer*innen verfügen bzw. verfügen sollten, um dann mediendidaktische Unterrichtskonzepte für den schulsportpraktischen Alltag zu entwickeln und zu evaluieren. „Die Herausforderungen der Digitalisierung sind für Sportlehrkräfte besonders und nicht mit anderen Fächern vergleichbar“, hält Dr. Julia Mierau fest, die zusammen mit Univ.-Prof. Jens Kleinert, Prorektor für Studium, Lehre und Qualitätsmanagement, das Projekt an der Sporthochschule leitet. Das liege im Schulfach Sport selbst begründet. „Sportunterricht birgt eine einzigartige Körper- und Praxisorientierung. Er findet in besonderen Unterrichtsorten wie Sporthallen, Sportplätzen und Schwimmbädern statt. Zudem erfordert das Fach eine besondere Fachdidaktik“, erklärt Mierau. Daraus ergebe sich zwangsläufig der Bedarf an sehr spezifischen digitalen Kompetenzen von (angehenden) Sportlehrer*innen. Die CoP Sport berücksichtigt dabei besonders die verschiedenen inhaltlichen und technischen Zugänge im schulischen und universitären Kontext und übernimmt drei Funktionen: Zum einen sollen alle Hochschulen, die Sportlehrkräfte ausbilden, Aktivitäten bündeln, die sich auf die Weiterentwicklung digitaler Kompetenzen von Sportlehrkräften beziehen. Digitale Kompetenzen und Unterrichtskonzepte sollen entwickelt und evaluiert werden. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf den Unterrichtsorten des Sportunterrichts und der Frage, inwiefern die Örtlichkeiten die Nutzung bestimmter Technologien beeinflussen.

Digitale Produkte für Sportlehrkräfte und angehende Sportlehrer*innen

ComeIn wird über das Bund-Länderprogramm mit einer Gesamtsumme von 6,2 Mio. Euro gefördert. Mit dem Auslaufen der zehnjährigen Initiative Qualitätsoffensive Lehrerbildung (QLB) zum Jahresende 2023 steht auch ComeIn nun kurz vor dem Abschluss. Eine Folgefinanzierung des Projekts ist bereits gesichert und angelaufen (siehe nachfolgend „ComeSport“). Die CoP Sport hat im Projektzeitraum von ComeIn einige interessante Produkte für Sportlehrkräfte und angehende Sportlehrer*innen an den Start gebracht, die im Folgenden skizziert werden.

  • Lerneinheit: Zu den entwickelten Produkten zählt unter anderem eine interaktive Lerneinheit für angehende Sportlehrer*innen. Diese verfolgt das Ziel, die Begrifflichkeiten und Zusammenhänge in der Medienpädagogik im Fach Sport zu klären. Das Lernmodul umfasst fünf Lerneinheiten, von denen drei im Selbstlernformat und zwei optional in der Präsenzlehre absolviert werden können. Je nach Zielgruppe kann das Lernmodul über Moodle oder über die Plattform TaskCards genutzt werden; im Sinne des Open Educational Resources (OER)-Ansatzes ist das Tool frei verfügbar und öffentlich zugänglich.
  • Datenbank: Ein anderes Produkt ist die Datenbank „DigiSportDB“, die digitale Tools bereitstellt und kategorisiert. Im Folgeprojekt „ComeSport“ wollen die Wissenschaftler*innen diese weiterentwickeln und für die dritte Phase der Lehrer*innenbildung (Fort- und Weiterbildungen) erproben. Zielgruppe der Datenbank sind Sportlehrer*innen an Schulen, Studierende und Lehrende an Hochschuleinrichtungen. Ihnen soll die Datenbank ermöglichen, zielgerichtet digitale Tools zu recherchieren, die zu den jeweiligen Unterrichtsszenarien, Lernzielen und/oder Inhaltsbereichen passen. Die CoP-Mitglieder haben dazu unter anderem Produkttypen, rechtliche Hinweise und Medieneigenschaften in der Datenbank erfasst.
  • App: In dem Projekt „Phyphox meets Tischtennis“ arbeitete die CoP Sport mit der CoP MINT für die Fächer Sport und Physik zusammen. Die Idee, Daten im Sportunterricht zu erheben und im Fach Physik oder Informatik zu analysieren und zu diskutieren, wurde in Form der App Phyphox realisiert, die in der Tischtennislehre an der Deutschen Sporthochschule Köln zum Einsatz kam. Das Smartphone kann physikalische Parameter des Tischtennisspiels erfassen, zum Beispiel Geschwindigkeit und Rotation des Balles. Über diesen praktischen Sportbezug kann dann naturwissenschaftliches Grundlagenwissen vermittelt werden.
  • Eyetracking: „Spotlight“ erfasst das Blickverhalten von Lehramtsstudierenden in der Disziplin Leichtathletik. Das Besondere: In der Studie kam nicht das klassische Eye-Tracking-Verfahren mit Brille zum Einsatz. Stattdessen wurde die visuelle Aufmerksamkeit durch Touchbewegungen auf iPads erfasst. Gerade in der Praxisvermittlung im Fach Sport ist diese Variante praktikabler und kostengünstiger, da keine Eye-Tracking-Hardware benötigt wird. Die angehenden Lehrkräfte sollen es so leichter haben, Technikleitbilder in der Schulpraxis zu vermitteln.
  • Begleitende Befragung: Eine Befragung von 350 Sportlehrkräften aus allen Bezirksregierungen in NRW liefert darüber hinaus Daten dazu, wie digitale Medien eingesetzt werden und welche Gelingensbedingungen und Herausforderungen damit im Unterrichtsfach Sport verbunden sind.

„Die Ideen der CoP Sport sollen helfen, digitalisierungsbezogene Konzepte oder Produkte NRW-weit verfügbar zu machen – für alle Hochschulen, Multiplikator*innen und für die Sportlehrkräfte selbst“, bilanziert Projektleiterin Dr. Julia Mierau und konkretisiert: „Mit ComeIn haben wir ein Verbundvorhaben erprobt und umgesetzt. Das hat wichtige Erkenntnisse gebracht und wir konnten Produkte entwickeln, die die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften und angehenden Lehrer*innen fördern. Diese Arbeit wollen wir nun mit ComeSport und in den Community Networks weiterführen.“

Von ComeIn und Schulsport2030 zu ComeSport – von NRW in den Bund

Im nun gestarteten Folgeprojekt ComeSport weiten die Wissenschaftler*innen den Blick über die Grenzen NRWs hinaus. In dem Kompetenznetzwerk ComeSport kooperieren elf Universitäten aus vier Bundesländern. Im Zentrum des Verbunds steht das Ziel, systematisierte und qualitativ abgesicherte Fortbildungskonzepte für Sportlehrkräfte zu entwickeln und zu erproben. Strukturell baut ComeSport auf den Erfahrungen des Verbunds ComeIn sowie dem QLB-Projekt Schulsport2030 auf und ist in fünf Community Networks (ComeNets) organisiert, in denen die Hochschulen zusammenarbeiten. Dabei befassen sie sich zum einen damit, wie digitale Medien und Technologien eingesetzt werden können, um Sportunterricht zu planen und durchzuführen. Zum anderen werden gesellschaftskritische Aspekte (z.B. Diversität und Körperbilder) aufgegriffen und in mediendidaktische und medienpädagogische Fort- und Weiterbildungskonzepte für den Schulsport überführt.

Die fachliche Verbundleitung liegt an der Deutschen Sporthochschule Köln erneut bei Univ.-Prof. Dr. Jens Kleinert und Dr. Julia Mierau. Das Team strukturiert und organisiert die übergreifenden sportspezifischen Projekttätigkeiten und erfasst zusätzlich die Akzeptanz für die entwickelten Produkte im Projekt. „Für uns ist es wichtig, dass die digitalen Tools und Maßnahmen bei Lehrkräften und Schüler*innen auch Anklang finden und motiviert genutzt werden“, führt Projektleiter Univ.-Prof. Jens Kleinert aus. An den ComeNets von ComeSport sind folgende Institute der Deutschen Sporthochschule Köln beteiligt: Institut für Tanz und Bewegungskultur (Univ.-Prof.‘in Dr. Claudia Steinberg), Institut für Vermittlungskompetenz in den Sportarten (Univ.-Prof. Dr. Tobias Vogt), Institut für Soziologie und Genderforschung (Univ.-Prof.‘in Prof. Dr. Bettina Rulofs) und das Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft (Univ.-Prof. Dr. Thomas Abel). Als Partner lädt die Deutsche Sporthochschule Köln alle deutschlandweiten Projektbeteiligten Anfang Dezember zum Projekt-Kick-off nach Köln ein. Das Projekt läuft bis Anfang 2026 und hat ein Gesamtfördervolumen von ca. drei Millionen Euro. Die übergreifenden Ziele von ComeSport beziehen sich auf die drei Themenkomplexe Vermittlung, Bildung und Lernen im und durch Sport. ComeSport will im Sinne der Netzwerkarbeit nachhaltige Strukturen und Prozesse aufbauen und untersuchen, unter welchen Bedingungen der Transfer gelingen kann. Es sollen sportspezifische Standards für die (Weiter-)Entwicklung von Produkten aufgebaut werden. Und das Projekt will überprüfen, inwieweit die Akteur*innen in Fort- und Weiterbildung die entwickelten Produkte annehmen und einsetzen.

Das langfristige Ziel von ComeSport ist laut Projektleiter Kleinert, „das Wissen und das Know-how über digitale Lehr-Lern-Prozesse im Sport in den verschiedenen Strukturen der Sportlehrkräftebildung zu etablieren. Hierbei müssen die Hochschulen mit Einrichtungen der Fort- und Weiterbildung von Sportlehrkräften eng zusammenarbeiten. Für diese Zusammenarbeit neue Wege zu finden und zu erproben, ist ein entscheidendes Ziel von ComeSport, was insbesondere der zweiten und dritten Phase der Sportlehrer*innenbildung hohen Nutzen bringen soll.“

Text: Julia Neuburg

Kontakte

Digitalisierung und Sport in der Lehrer*innenbildung

Aktuell ist das Folgeprojekt ComeSport gestartet, das die Idee von ComeIn weiterführt. Die Presseinfo zum Projektstart finden Sie hier

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