Nr. 4/2019
„Anerkennung, Herausforderung und Chance“
Ein wiederkehrendes Bild, wenn man über den Campus der Sporthochschule läuft: Konzentriert sitzt der Leiter des Instituts für Vermittlungskompetenz in den Sportarten (IVKS) vor seinem großen Bildschirm. Morgens, mittags, abends. Würde sich nicht die Kleidung ändern, könnte man vermuten, er verbringe 24 Stunden in seinem „Aquarium“. Das Eck-Büro im Erdgeschoss des Modulbaus ermöglicht weite Einblicke. Eine Tatsache, die Jun.-Prof. Dr. Tobias Vogt nicht stört: „So habe ich das Gefühl am Campusleben teilzunehmen, obwohl ich im Büro sitze und arbeite.“
Dem 36-Jährigen wurde vor wenigen Tagen die Institutsleitung übergeben – er ist damit der derzeit jüngste Institutsleiter der Hochschule. Zuvor war ihm Prof. Dr. Klara Brixius als geschäftsführende Leiterin an die Seite gestellt: „Dieses Modell hat mir ermöglicht, in eine leitende Position hineinzuwachsen. Dabei war die Unterstützung in der ersten Zeit wichtig. Ich bin aber auch dankbar über die Freiräume, die mir gelassen wurden. So durfte ich gleich gestalten.“
Der gebürtige Paderborner ist ein Eigengewächs der Hochschule. Er hat an der Deutschen Sporthochschule Köln studiert und im Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft promoviert. Im Mai 2016 erhielt er die Juniorprofessur für Vermittlungskompetenz in den Sportarten. „Die Idee der Juniorprofessur ist es, alternativ zur klassischen Habilitation einen weiteren Weg zur Lebenszeitprofessur anzubieten. Sie schenkt einem die Möglichkeit, sich über einen Zeitraum von drei plus drei Jahren weiter zu qualifizieren. Ich habe die Berufung zum Juniorprofessor als Anerkennung für bereits Geleistetes verstanden. Die Institutsleitung ist nun die nächste Herausforderung und eine Chance, mich weiter intensiv mit dem Forschungsfeld zu beschäftigen, für das ich brenne.“
Dieses Forschungsfeld ist die Vermittlungsforschung in den Sportarten an den Schnittstellen zum Leistungs-, Breiten- und Schulsport. „Von Mannschaftsportarten wie Fußball und Volleyball über Rückschlagsportarten wie Badminton und Tennis bis hin zu Individualsportarten wie Schwimmen und Turnen versuchen wir, die forschungsgeleitete Lehre stetig zu untermauern. Dabei verstehen wir uns als multidisziplinäre Einrichtung, die im Transferbereich verschiedene Aspekte anwendungsorientiert berücksichtigt.“ Ab dem 1. August 2019 wird das Institut für Vermittlungskompetenz in den Sportarten auf zwei Abteilungen erweitert: Neben der Abteilung Didaktik und Methodik der Sportarten von Jun.-Prof. Tobias Vogt entsteht dann die Abteilung Trainingspädagogik und Martial Research, die Univ.-Prof. Dr. Swen Körner leiten wird.
Dass der Wissenschaftler nun mehr mit strategischen Dingen beschäftigt ist, stört ihn nicht. „Ich sehe das eher positiv, da es einem Freiraum gibt, gestalterisch tätig zu werden, und genauso versuche ich, es auch umzusetzen: Forschungsprojekte zu lenken und mit eigenen Ideen anzureichern. Aber ich stehe weniger im Labor als noch in der Post-Doc-Phase, das gebe ich zu.“
Aktuelle Forschungsprojekte gibt es viele. Im Bereich Badminton erforscht das Institut gerade schwerpunktmäßig Bewegungstechniken, während die Projekte im Bereich Schwimmen das Schwimmen lernen in den Mittelpunkt rücken. „Im Lehr- und Forschungsgebiet Tennis haben wir nach wie vor einen guten Draht zur ATP, der Association of Tennis Professionals. Hier ist der Aufhänger, das Tennistraining von morgen zu steuern. Aus Datensätzen der Profis ist es unser Ziel, Übungsmuster für das tägliche Training im Nachwuchsbereich zu erstellen. Der Nachwuchs steht auch im Lehr- und Forschungsgebiet Turnen im Fokus. Hier analysieren wir verschiedene Vermittlungsansätze. Einer beschäftigt sich beispielsweise mit Feedback-Konzepten in der Handstandvermittlung.“
Einmal im Jahr reist Tobias Vogt für mehrere Wochen nach Japan, wo er als Gastprofessor an der Waseda University nahe Tokio in Forschung und Lehre tätig ist. Zustande gekommen ist die Zusammenarbeit im Rahmen eines vom Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) geförderten Austauschprogrammes zum Aufbau eines internationalen Graduiertenkollegs, welches Vogt leitete. Seit April ist der Institutsleiter auch Adjunct Associate Professor an der Faculty of Sport Science der Waseda University. „Ich freue mich sehr über die Verstetigung dieser internationalen Zusammenarbeit. Das passt sehr gut zu den Forschungsinteressen im Institut.“
Das Hochschulleben dort unterscheide sich nicht sehr von dem an der Sporthochschule. „Das Leben auf dem Campus ist genauso bunt und vielfältig. Immer wieder spannend zu beobachten sind natürlich die kulturellen Unterschiede – nicht nur im Arbeitsalltag.“ In seiner Freizeit spielt der zweifache Familienvater gerne Tennis und Fußball. „Ich bin ein Teamsportler, ich habe gerne etwas mit einem Ball zu tun, und ich brauche am Ende auch einen Sieger.“ Auf die Frage, ob sich sein Beruf mit seiner Familie vereinbaren lässt, antwortet Tobias Vogt: „Ich empfinde den Beruf als Hochschullehrer familienkompatibel. Einzig, wenn ich auf Reisen bin, dann habe ich vermutlich Glück, dass meine Kinder Skype cool finden.“
Und wer auf seinem Gang über den Hochschulcampus ganz genau hinschaut, entdeckt hinter dem Mann am Bildschirm ein Buntstift-Kunstwerk seiner Kinder. „Vielleicht sollte ich eine regelmäßig wechselnde Ausstellung in meinem Aquarium organisieren.“
Text: Lena Overbeck
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