Energiemetabolismus aus vier Blickwinkeln
Wie viel Energie braucht ein Athlet? Was passiert bei Energiedefiziten? Und warum ist das richtige Energielevel auch für die mentale Leistung entscheidend? Diese und viele weitere Fragen behandelte ein Symposium, ausgerichtet vom Deutschen Forschungszentrum für Leistungssport Köln (momentum).
Dabei wurde das Oberthema Energiemetabolismus in vier verschiedenen Beiträgen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet: aus biochemischer und sportmedizinscher sowie biomechanischer und psychologischer Sicht. Univ.-Prof. Dr. Hans-Georg Predel, momentum-Mitglied und Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin, begrüßte die Zuhörerinnen und Zuhörer im gut gefüllten Hörsaal 3 der Deutschen Sporthochschule Köln: „Das Forschungszentrum momentum zeichnet sich durch seine Interdisziplinarität aus. Das von einander Lernen steht im Vordergrund. Um sowohl wissenschaftliche als auch konkrete Reize zu setzen, ist ein solches Symposium ideal.“
Den Aspekten Energiezufuhr und Energiebedarf im Leistungssport widmete sich zunächst Ernährungsexperte Hans Braun vom Institut für Biochemie. Auch wenn manche Menschen behaupten, Licht würde als Energiequelle zum Überleben ausreichen, beschränkte sich Braun auf die vier realen Energielieferanten Fett, Kohlenhydrate, Protein und Alkohol. Dabei betonte er, dass der Energiebedarf zum einen höchst individuell und zum anderen nicht konstant sei. „Trainingsintensitäten, Umfänge, aber auch äußere Faktoren beeinflussen den Energiebedarf eines Athleten“, erklärte Braun und unterstrich: „Trainingsanpassungen können nur erfolgreich sein, wenn der Energiebedarf entsprechend gedeckt ist.“
Die Frage, wie aus Energie Leistung entsteht, bearbeitete Dr. Patrick Wahl vom Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin. Er stellte u.a. verschiedene Ernährungskonzepte und deren Einfluss auf die Leistungsfähigkeit vor; so z.B. das auf den Kohlenhydrat-Stoffwechsel bezogene Konzept „Sleep low“, bei dem nach dem Training und vor dem Schlafengehen die Kohlenhydratspeicher leer bleiben, was – wie die Studienlage zeigt – zu funktionieren scheint.
Dr. Jan Goldmann nahm sich in seinem Vortrag der mechanischen Arbeit von Muskeln und Gelenken an. So zeigte er anhand anschaulicher Videos, welche Gelenke der unteren Extremitäten bei verschiedenen Sportarten Energie aufnehmen und abgeben. Daraus ließen sich durchaus Rückschlüsse für ein disziplinspezifisches Training ziehen. So würden etwa Bobanschieber ein sehr ähnliches Training durchführen wie Sprinter, jedoch zeigen die momentum-Untersuchungen, dass das Hüftgelenk bei der Bewegung des Bobanschiebens eine wesentliche größere Rolle spielt als beim klassischen Sprinter. „Unsere Botschaft wäre, nah an der Zielbewegung zu trainieren, das heißt disziplinspezifisch und gelenkwinkelorieniert“, sagte Goldmann.
Im letzten Vortrag des Symposiums beschäftigte sich Dr. Jeannine Ohlert vom Psychologischen Institut mit dem Aktivierungsniveau von Sportlern und dessen Auswirkungen auf die sportliche Leistungsfähigkeit: „Ein hohes Aktivierungslevel ergibt nicht zwangsläufig eine hohe Leistungsfähigkeit. Je nach Situation kann es passieren, dass eine bekannte, oft trainierte Bewegung im entscheidenden Moment nicht funktioniert“, erklärte sie. Das optimale Energielevel sei sehr individuell. Das Gute: „Die Aktivierungsregulation können Sportler erlernen, zum Beispiel indem psychische Drucksituationen im Training simuliert werden“, so Ohlert.
Interdisziplinarität und wissenschaftlicher Transfer in die Praxis – das hatte momentum angekündigt und letztlich auch geliefert. Das nächste Symposium findet am 16. März 2018 (15-20 Uhr) an der Deutschen Sporthochschule Köln zum Thema Schmerz und Traumabewältigung statt.