Mit Anabolika groß geworden

Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Schänzer verabschiedet sich als Leiter des Instituts für Biochemie und des Antidopinglabors in den Ruhestand.

Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Schänzer (65) ist einer der bekanntesten Antidopingforscher. Vor allem auf dem Gebiet der anabolen Steroide (Anabolika) leistete er Revolutionäres, indem er die wissenschaftliche Grundlage für deren Nachweis lieferte. Seit 1979 arbeitet er am Institut für Biochemie und war seit 1995 verantwortlich dafür, dass sich das Kölner Labor zu einem der weltweit führenden Dopingkontrolllabore entwickelt hat. Er war an der Aufklärung prominenter Dopingfälle und an der Einführung neuer Nachweismethoden beteiligt. In diesem Sommer geht Wilhelm Schänzer in den Ruhestand.

38 Jahre lang stand er im Dienste der Wissenschaft und der Antidopingforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln. Nach dem Abitur 1972 in Duisburg begann er im Sommersemester 1973 sein Sportstudium an der Deutschen Sporthochschule Köln und einige Semester später parallel ein Lehramtsstudium im Fach Chemie. Von 1979 bis 1984 promovierte der gebürtige Niederrheiner am Institut für Biochemie unter dem damaligen Leiter Professor Manfred Donike. Nach Donikes plötzlichem Tod 1995 übernahm Schänzer dessen Leitungsfunktion zunächst kommissarisch. Im selben Jahr habilitierte er sich im Fachbereich Biochemie. Vor genau 20 Jahren, im Sommer 1997, wurde er dann auch offiziell zum Leiter des renommierten Antidopinglabors ernannt. Neben dem Antidopinglabor in Kreischa bei Dresden ist das Kölner Antidopinglabor das einzige von der Welt-Antidoping-Agentur (WADA) zugelassene Labor für Dopinganalytik in Deutschland und weltweit eine der führenden Institutionen im internationalen Antidopingkampf.

Erste Erfolge auf dem Gebiet der Dopinganalytik erzielte Schänzer, indem er die wissenschaftliche Grundlage für den Nachweis von Anabolika lieferte. In diesem Zusammenhang trug er einen maßgeblichen Anteil an der Überführung des Dopingsünders Ben Johnson 1988. Die Substanzgruppe der anabolen Steroide prägte Schänzers Laufbahn: Die Nachweismethoden, die er hier entwickelte, und die Synthese von Steroidmetaboliten waren hilfreich für alle Labore weltweit.

Schänzer wird das Institut weiterhin begleiten und unterstützen; insbesondere möchte er sich den neuesten analytischen Geräten widmen. „Andererseits freue ich mich darauf, die Verantwortung abgeben zu können. Das Labor nimmt teilweise mit seinen Analysen und vor allem den positiven Befunden eine exponierte Stellung ein. Man hat gelernt, mit diesem Druck, dass man sich nicht den allerkleinsten Fehler erlauben darf, umzugehen, aber es belastet schon“, sagt Schänzer. Als sein Nachfolger steht bereits Univ.-Prof. Dr. Mario Thevis fest, der selbst schon seit 20 Jahren mit Schänzer zusammen am Institut arbeitet. Thevis ist Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der Deutschen Sporthochschule Köln und Sprecher des Zentrums für präventive Dopingforschung.

Bei einer hochschulinternen Feier wird sich Schänzer Ende Juli von seinen Kolleginnen und Kollegen verabschieden. Einen Teil seiner frei werdenden Zeit möchte der Bergliebhaber beim Wandern und Radfahren in den Alpen und auf seiner Lieblingsinsel Korsika verbringen.

Ein ausführliches Interview mit Prof. Schänzer über sein Wirken an der Deutschen Sporthochschule Köln, seine wissenschaftlichen Erfolge und den Antidopingkampf der Zukunft lesen Sie in der aktuellen Ausgabe unseres Forschungsnewsletters.

Hintergrund
Das Institut für Biochemie der Deutschen Sporthochschule Köln ist eines der ältesten Dopinglaboratorien der Welt. Der Gründer und erste Leiter des Instituts war Prof. Manfred Donike. Er stand dem Institut von 1977 bis 1995 vor. Heute ist das Institut durch die Welt-Antidoping-Agentur (WADA) akkreditiert. Arbeitsschwerpunkte des Instituts sind die Präventive Dopingforschung, die Forschung im Bereich der Sporternährung und die Dopinganalytik. Jedes Jahr werden im Institut zirka 16.000 humane und zirka 3.000 Pferde-Dopingproben analysiert. Das Institut verfügt über ein großes Spektrum neuester analytischer Techniken und steuert, besonders durch seine langjährige Erfahrung im Bereich der Massenspektrometrie, regelmäßige richtungsweisende Ergebnisse zur Entwicklung der Dopinganalytik bei.