Rivalen im Netz sind gut fürs Geschäft
Rivalitäten sind im Sport allgegenwärtig – sei es die zwischen Adidas und Nike oder zwischen Klubs wie dem BVB und Schalke 04. Doch Markenrivalität kennen wir alle auch aus unserem Alltag außerhalb des Sports: Ob Burger King oder McDonald's, Coca-Cola oder Pepsi, Apple oder Samsung – häufig stehen Konsument*innen auf der einen oder anderen Seite. In einer neuen Studie haben Forscher herausgefunden, dass Marken von solchen Rivalitäten umfassend profitieren können. Die Studienergebnisse sind nun im Journal of Marketing Research erschienen.
Univ.-Prof. Dr. Sebastian Uhrich vom Institut für Sportökonomie und Sportmanagement der Deutschen Sporthochschule Köln befasst sich mit seinem Team schon seit Jahren mit der Rivalität im Sport. Die jüngste Forschung zur Markenrivalität unterscheidet zwischen Rivalen und Wettbewerbern – ein Unterschied, der in der Marketingforschung bislang weitgehend ignoriert wurde. Wettbewerbsbeziehungen zu Rivalen haben eine ganz besondere Bedeutung und dies wird auch in der öffentlichen Kommunikation sichtbar. „Der Sport veranschaulicht das gut“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Sebastian Uhrich, der den Artikel mit Prof. Dr. Johannes Berendt (Hochschule Hannover, vormals Postdoc an der Sporthochschule) in geteilter Erstautorenschaft verfasst hat. „Für den 1. FC Köln und seine Fans sind drei gewonnene Punkte gegen Borussia Mönchengladbach bedeutender als drei Punkte gegen Mainz.“ In der aktuell veröffentlichten Studie haben Uhrich und Berendt mit Wissenschaftlern der New York University und der INSEAD Business School daher untersucht, ob Social Media-Posts einer Marke, die an einen Rivalen gerichtet sind, mehr Engagement auf Social Media erzeugen als Posts, die einen „normalen“ Wettbewerber ansprechen. Ein Beispiel: Burger King macht sich über Clowns lustig und die Konsument*innen wissen, dass McDonald’s gemeint ist. Die Autoren bezeichnen dies als Rivalry Reference Effekt.
Die Forscher führten fünf Studien durch: In zwei Feld-Studien analysierten sie über 1,5 Millionen reale Tweets von Marken und konnten zeigen, dass Posts mit Bezügen zu Rivalen signifikant mehr Likes und Retweets erhalten als Posts, die normale Wettbewerber oder keine Wettbewerber erwähnen. Diese Befunde replizierten sie in drei weiteren experimentellen Studien, die mit fiktiven Posts in den Produktkategorien Fast Food, Soft Drink und Teamsport arbeiteten. In der Kategorie Teamsport wurde z.B. untersucht, wie sich Konsument*innen bei Rivalitätsbekundungen zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 verhielten.
„Der Rivalry Reference Effekt wird sogar noch stärker, wenn der Rivale in negativer Art und Weise adressiert wird“, nennt Uhrich eine neue Forschungserkenntnis. Die bisherige Forschung hätte eher davor gewarnt, dass Marken ihre Wettbewerber explizit attackieren, weil dies oft Reaktanz bei den Konsument*innen erzeugt. Uhrich und Co zeigen hingegen, dass dies bei Rivalen eben nicht gilt. Und: Der Effekt tritt sowohl bei Fans der kommunizierenden Marke auf als auch bei neutralen Konsument*innen, die nicht an einer spezifischen Marke hängen.
Wie ist der Rivalry Reference Effekt zu erklären? Die Forscher verweisen auf das Phänomen des Storytellings (im Paper: Story Embeddedness). „Wir können zeigen, dass der Effekt dadurch auftritt, dass die Konsument*innen Posts an den Rivalen in ein ihnen bekanntes, fortlaufendes Narrativ einordnen können. Wenn Burger King an McDonald‘s postet, denkt man: Das ist das neueste Kapitel in einer fortlaufenden Geschichte“, erläutert Uhrich. Der Professor für Sportbetriebswirtschaftslehre verweist auf zwei wichtige Aspekte dieses Forschungsprojekts: Zum einen sei es mit dem Projekt gelungen, die Relevanz des Phänomens Rivalität aus dem Sport in die Mutterwissenschaft zu übertragen und zu zeigen, dass es auch dort relevant ist. „Damit wird deutlich, dass Forschung im Sportkontext auch der Ausgangspunkt dafür sein kann, bedeutende Erkenntnisgewinne in den Mutterdisziplinen zu generieren“, sagt Uhrich. Zum anderen sei die Veröffentlichung im „Journal of Marketing Research“ ein herausragender Erfolg. Mitautor Abhishek Borah (INSEAD) lobt die Zusammenarbeit mit dem Forscher-Team der Spoho und betont, dass die Zeitschrift zu den Spitzenjournals im Marketing weltweit zählt.
Der Rivalry Reference Effekt kann für Marketingverantwortliche aller Branchen interessant sein. Er unterstreicht, welche Dynamik und welches Potenzial Markenrivalitäten besitzen. „Rivalitätsbotschaften haben einen besonderen Reiz, weil sie gewöhnliche Kommunikation in fesselnde Geschichten verwandeln, die beim Publikum besonderen Anklang finden“, sagt Uhrich. Dies könnten sich Marken zunutze machen, indem sie in der öffentlichen Kommunikation eher auf die rivalisierenden als auf die nicht-rivalisierenden Konkurrenten abzielen, um damit das Engagement der Verbraucher*innen zu steigern.
Artikel:
The Rivalry Reference Effect: Referencing Rival (vs. Non-Rival) Competitors in Public Brand Messages Increases Consumer Engagement
Link/DOI: https://doi.org/10.1177/00222437241248414
Kontakt zum Autor:
Univ.-Prof. Dr. Sebastian Uhrich
Institut für Sportmanagement und Sportökonomie
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