Zwischen Verantwortung und Versprechen

JUTE STATT PLASTIK! WENN ES SO EINFACH WÄRE ... Da gibt es auch noch: Bahn statt Auto, Secondhand statt Neuware, Ökostrom statt fos­siler Brennstoffe, regionale Produkte statt im­portierter Waren, Chancengleichheit, Bildung für alle, kulturelle Vielfalt, Nahverdichtung statt Zer­siedelung, transparente Lieferketten, soziale Un­ternehmensverantwortung und, und, und. Das Thema Nachhaltigkeit ist ein großes und es be­trifft uns alle. Im Privaten, in der Politik, auf wirt­schaftlicher Ebene und natürlich auch im Sport. Wir alle kennen die Diskussionen um Sportstät­ten, die eigens für Sportgroßveranstaltungen gebaut und dann nicht mehr genutzt wurden - unter menschenverachtenden Bedingungen, zu Hungerlöhnen, in Regionen mit strukturell schwacher lnfrastruktur. Auch hier ließen sich die Beispiele bis fast ins Unendliche fortführen. Gleichzeitig besitzt der Sport die Kraft, Men­schen zu verbinden, positive Erlebnisse zu schaf­fen und kulturelle Grenzen zu überwinden. Er fördert Vielfalt, Integration, TeiIhabe und lnklusi­on und kann durch seine hohe mediale Präsenz dafür sorgen, dass Impulse zur nachhaltigen Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse durch die Sportgroßveranstaltungen in den Fokus rücken. Daraus ergibt sich die Verantwortung fur den Sport, verstärkt und konsequent nachhaltig zu handeln. Doch wie kann das gelingen?

„Wissen ist die entscheidende Stell­schraube hin zu nachhaltigem Handeln", sagt Univ.-Prof. Dr. Ralf Roth. Der Leiter des Instituts fur Outdoor Sport und Umweltforschung erforscht seit Jahren, wie es um die Nachhaltigkeitsbemühungen im Sport steht. Er entwickelt Nachhaltig­keitsstrategien für Sportverbände, Sportgroßveranstaltungen und Sport­tourismusdestinationen und ist unter anderem Vorsitzender des Beirats ,,Umwelt und Sport" beim Bundesum­weltministerium. Roth: ,,Insbeson­dere der organisierte Sport mit seiner gesellschaftlichen Reichweite kann ein verlässlicher Multiplikator sein und nachhaltiges Verhalten fördern. Fakten und Daten zur Nachhaltigkeit im Sport sind jedoch in der Öffentlich­keit und vielen Sportorganisationen noch zu wenig bekannt. Um das zu ändern, bedarf es einer Entwicklung und Verstetigung der Umwelt- und Nachhaltigkeitskommunikation im und durch Sport."

Neue Plattform unterstützt Sportveranstalter
Das Projekt Nachhaltige Sport[groß]veranstaltungen, gefördert durch das Bundesumwelt- und das Bundesinnenministerium (BMUV, BMI), setzt genau hier an. Im Rahmen des Projekts, das gemeinsam von der Deutschen Sporthochschule Köln, dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und dem Öko-Institut e.V. durchgeführt wurde, ist eine Online-Plattform entstanden, die Sportveranstalter dabei unterstützt, ihre Events nachhaltiger zu gestalten. Neben zahlreichen Informationen und Best-Practice-Beispielen stehen etwa Planungstools zur Verfügung, Checklisten und ein Wirkungsrechner, der regionalökonomische Effekte erfasst und visualisiert. „Unser Ziel war es, ein Werkzeug zu schaffen, das Veranstalter jeder Größe dabei unterstützt, Nachhaltigkeit einfach und umsetzbar in ihre Veranstaltungen zu integrieren. Durch die Zusammenarbeit mit Athletinnen und Athleten, Veranstaltern, NGOs und zahlreichen weiteren Institutionen konnten wir eine Plattform entwickeln, die echte Praxisnähe bietet und individuell anwendbar ist“, erläutert Professor Ralf Roth, der der fachliche Leiter des Projekts ist. Das Web-Portal www.nachhaltige-sportveranstaltungen.de ist Teil der Nationalen Strategie Sportgroßveranstaltungen. Die Strategie hat das übergeordnete Ziel, Sportgroßveranstaltungen mit nachhaltig positiven Wirkungen für Sport, Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft in Deutschland gezielt zu unterstützen und auszurichten. Auf 103 Seiten soll die Nationale Strategie Sportgroßveranstaltungen, unter Federführung von DOSB und BMI, den inhaltlichen und prozessualen Rahmen schaffen, um den organisierten Sport in Deutschland als einen führenden Standort für nachhaltige Sportgroßveranstaltungen zu etablieren und weiterzuentwickeln.

Mit Freude die Zukunft gestalten
„Zugänge zum Thema Nachhaltigkeit im Sport sind unterschiedlich. Während bei einigen Sportarten aufgrund der Nutzung von Naturräumen zur Sportausübung das Thema naheliegt, sind an anderer Stelle Zusammenhänge, die die Nachhaltigkeit im Sport betreffen, weniger offensichtlich“, sagt Roth. Auch die gelebten Werte des Sports, wie Respekt, Toleranz, Teamgeist, Fairplay, Vielfalt und Weltoffenheit, seien Bestandteile des Wertekanons für nachhaltige Entwicklung. „Möglichkeiten, nachhaltiger zu handeln, sind nahezu überall gegeben“, ist sich Roth sicher. „Es fehlt oft nur am Wissen, wie konkrete Maßnahmen umgesetzt werden können. In der Nachhaltigkeitsdebatte überwiegen eher dunkle Szenarien. Wir müssen das Thema positiv besetzen. Die gemeinsame Verantwortung für die Zukunft sollte Freude und Spaß bereiten.“

Mit den Texten der folgenden Seiten wollen wir einen Beitrag hierzu leisten.

Zahlen & Fakten zum Titelbeitrag

  • Die EM 2024 ‌hat eine Klimabilanz von 779.000 Tonnen CO2-äquivalenten (CO2-e) Emissionen erzeugt. Zum Vergleich EM 2016: 2,8 Millionen Tonnen CO2-e
  • 36 % der Kommunen befürchten, dass sie das Sportangebot wegen bröckelnder Hallen und Sportbäder in den kommenden Jahren reduzieren müssen