Exkursion zum Wattenmeer
Anfang September 2014 stand für die Studierenden des Moduls „Adventure Education“ der Deutschen Sporthochschule Köln eine besondere Woche auf dem Programm. Auf zwei Traditionsseglern durften sie in die für viele von ihnen unbekannte Welt des Wattenmeeres eintauchen und dabei einzigartige Eindrücke sammeln.
Salziges Meereswasser umströmt die Holzplanken der Segelschiffe. Die Piratenflagge flattert im Wind. Mit einer unvergleichbaren Eleganz schweben die Segler über den Meeresspiegel, doch schon im nächsten Moment stoßen sie ruckartig auf den Meeresgrund. Wenige Augenblicke später ist das Wasser verschwunden, die Schiffe liegen auf dem Trockenen. Am Ende des Wattenmeeres und im Licht der roten Abendsonne, scheint der Horizont nun greifbarer als je zuvor und doch ist er meilenweit entfernt. Ein unendlich langer, ruhiger Moment beginnt und eine Stimmung mit besonderer Magie umhüllt die Segler mitsamt ihrer Besatzung.
Für 20 Studierende der Sporthochschule Köln gehörten diese atemberaubenden Momente zum täglichen Ablauf der sechstägigen Exkursion „PE Adventure Education“. Unter den weißen Segeln der Traditionsschiffe „Ronja“ und „Windsbraut“ erkundeten die Sportstudenten zusammen mit ihrem Dozenten Dr. Stefan Türk, den Skippern John (Ronja) und Conny (Windsbraut) sowie dem Nationalparkranger Achim und den Crewmitgliedern Gesa, Lothar, Christoph und Vincent die einzigartige Flora und Fauna der Nordfriesischen Inseln und Halligen. Von Husum aus ging es über Süderoog, Pellworm, Oland, Langeneß und Amrum nach Föhr, wo am Wyker Südstrand am letzten Abend noch ein gemütliches Abschlussbarbecue im Schapers Wassersport Center (Partner der DSHS für Kurse im Jollen- und Catsegeln sowie Windsurfen) stattfand.
Ganz im Sinne traditioneller reform- bzw. erlebnispädagogischer Ansätze wurde als Exkursionsform ein Segeltörn auf Traditionssegelschiffen durchgeführt. Hier galt es zunächst natürlich, die grundlegenden Segelmanöver und die dazugehörige Seemannssprache zu verstehen. Zur Begeisterung der Skipper zeigten die Sportstudierenden hier, dass Zupacken und mit rascher Auffassungsgabe Bewegungsabläufe umzusetzen keiner Diskussion bedarf. Auf engstem Raum, umgeben vom nordfriesischen Wattenmeer, bot dann das Zusammenwachsen als Seemannschaft einen optimalen Rahmen, um das Thema Sozialkompetenz sehr persönlich zu studieren. Nächtliche Ankerwache, Aufteilung der Kojen, gemeinsames Kochen, Absprachen über den Tagesverlauf – Traditionssegeln bedeutet gemeinsam mit anderen, oft fremden Menschen zu agieren und Verantwortung zu tragen. Rasch konnten die Studierenden am eigenen Leib erfahren, dass zu den pädagogischen Zielen solcher Fahrten das Stärken des sozialen Miteinanders, der Weg zur Selbstständigkeit sowie das Erweitern des persönlichen Horizonts gehören. Psychische und physische Grenzerfahrungen, große und kleine Abenteuer und einzigartige Erlebnisse in Verbindung mit körperlich-motorischen Anforderungen prägten den Tagesablauf. Aber auch der spontane Wechsel zwischen Momenten hoher Anspannung und solchen der totalen Entspannung stellten gerade für die Sportstudierenden einen ungewohnten Rahmen. So wurden durch die Wirkung der Natur, die Weite auf dem Wasser sowie das enge Zusammenleben Prozesse angestoßen, die unter dem Leitspruch „The Wadden Sea speaks fo itself“ treffend zusammengefasst werden können.
Aber nicht nur der Austausch der Studierenden untereinander oder der Blick über das Wattenmeer, sondern auch die Gespräche mit den Skippern und der Crew sowie die abwechslungsreichen Exkursionsetappen dienten der Horizonterweiterung. Dabei war wohl der Kurzaufenthalt auf Süderoog eines der Highlights der gemeinsamen Zeit im Norden. Bei Kaffee und Kuchen berichteten die beiden (und einzigen!) Halligbewohner Holger und Nele vom Leben und Wirken Hermann Neuton Paulson auf seiner „Hallig der Jungs“ und stellten die interessante reformpädagogische Historie von Süderoog anschaulich vor. Spätestens jetzt war allen Teilnehmern klar, was Traditionssegler und Wattenmeer mit Adventure Education zu tun hat.
Natürlich kam im größten zusammenhängenden Nationalpark Deutschlands auch die Naturkunde nicht zu kurz. Für fachkundiges und kurzweiliges Ecotainment sorgte der die Exkursion begleitende Nationalparkranger Achim Steinbeck. Schneckenschleim, Wattwurmkot, Knutts und Pazifische Felsenaustern oder auch das starke rechte Bein bleiben wohl allen in Erinnerung. Und das man auf dem Grund des Meeres von Insel zu Insel laufen kann, bot ein besonderes Erlebnis.
Eben diese Unberechenbarkeit der Natur sowie die ständige Begegnung mit Risiko und Wagnis, die Anhängigkeit von Ebbe und Flut, die gemeinschaftlich erlebte Einsamkeit machten die Woche zu einem abwechslungsreichen und unvergesslichen Erlebnis, bei welchem das Gefühl des Segelns und die Welt des Wattenmeeres ihre besondere Wirkung auf die Teilnehmer entfalteten. Am Ende der 6-tägigen Exkursion bestätigte jeder der sonst so aufgeweckten Sportstudenten, voll und ganz in der verzaubernden und einzigartig beruhigenden Welt eingetaucht zu sein. Eine prägende Erfahrung eben.