Jürgen Nitsch zum 80. Geburtstag
Cui honorem, honorem
Jürgen Nitsch wurde am 23.09.2020 80 Jahre jung. Das Psychologische Institut gratuliert Jürgen Nitsch für seine wissenschaftlichen aber auch persönlichen Leistungen. Kurz nach der Gründung des Psychologischen Instituts an der Deutschen Sporthochschule und seit seiner Rufannahme 1975 bereichert Jürgen Nitsch das Institut. Auch in den Jahren nach seiner Pensionierung ist Jürgen Nitsch an seinem Arbeitsplatz dem Institut verbunden. Für die Sportpsychologie ist Jürgen Nitsch ein unermesslicher Gewinn auch über die Entwicklung einer starken Sportpsychologie aus Köln hinaus. Zum jetzigen 80. Geburtstag hat das Psychologische Institut auf dieser Seite die wichtigsten Publikationen zusammengefasst, um die Person Jürgen Nitsch zu würdigen (s. rechter Bereich).
Die Vielzahl von Leistungen, die beim 50jährigen Bestehen des Psychologischen Instituts 2015 (hier können Sie den Bericht zum Jubiläum des Instituts einsehen) für Interessierte aufgelistet sind, umfassen 144 Seiten (Kleinert & Raab, 2015). Nicht alle Leistungen bspw. wegweisende Gremienarbeit in der Gestaltung der Sportpsychologie oder der Entwicklung von Ethikrichtlinien für die Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp) sind direkt messbar jedoch von unschätzbarem Wert für die Sportpsychologie in Deutschland.
Für die deutsche Sportpsychologie war und ist Jürgen Nitsch als Mitgründer der frühen Sportpsychologie, als Vorsitzender der asp (1985-1989) und als (Mit-)Kongressausrichter der asp-Tagung (sechsmal in Köln) Vorbild. Die Auszeichnung als Ehrenpräsident der asp hat dies 2015 entsprechend gewürdigt (https://www.asp-sportpsychologie.org/content.php?cont=243).
Für die europäische Sportpsychologie sind einige Beiträge besonders erwähnenswert. Beispielsweise die (Mit-)Ausrichtung der FEPSAC Kongresse 1972 und 1991. Zum anderen der Hauptvortrag von Jürgen Nitsch „Sport and Exercise Psychology Re-evaluated: Blind Spots and New Challenges“ beim 40-jährigen Jubiläum der FEPSAC in Paris. Ein Schwerpunkt der Prägung durch Jürgen Nitsch zeigt sich nicht nur in der Kongressorganisation, Mitarbeit in Vorständen, Projekten und Publikationsarbeiten, sondern auch in der nachhaltigen Wirkung durch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Sein Wirken hat beispielsweise dazu geführt, dass neben mehreren Dutzenden von Promotionen folgende Habilitationen realisiert wurden und viele Lehrstühle von seinem Nachwuchs besetzt wurden: H. Allmer, 1976; W. Kuhn, 1982; J. H. Christen, 1984; D. Hackfort, 1984; J. Knobloch, 1986; D. Teipel, 1986; R. Seiler, 1993; J. Munzert, 1994 und T. Schack, 2000.
Eine besondere Leistung besteht in der Etablierung der Handlungstheorie im Sport, die sich in vielfältigen Anwendungen als Orientierung für empirische Arbeiten aber auch praktische Empfehlungen erfolgreich gezeigt hat (Nitsch 1975, 1986, 2004). Auch heute werden zahlreiche Anleihen an die Differenzierung von Person, Umwelt und Situation genommen und eine Leistungspsychologie innerhalb der deutschsprachigen, aber auch internationalen Sportpsychologie fortgeschrieben (Nitsch & Hackfort, 2016).
Letztlich ist der Verdienst des Wissenschaftlers und der Person Jürgen Nitsch nicht komplett ohne Hinweis auf das, was Jürgen Nitsch in seiner Führung des Psychologischen Instituts über Jahrzehnte auszeichnete: Menschlichkeit.
Markus Raab, Köln, den 28.09.2020
President of FEPSAC (European Federation of Sport Psychology), Geschäftsführender Leiter des Psychologischen Instituts, Leiter der Abteilung Leistungspsychologie in der Nachfolge von Jürgen Nitsch, Deutsche Sporthochschule Köln)
Referenzen:
Kleinert, J. & Raab, M. (Hrsg.). (2015). Das Psychologische Institut der Deutschen Sporthochschule Köln. Chronik 1965 2015. Psychologisches Institut, Köln: Eigenverlag.
Nitsch, J. R. (1975). Sportliches Handeln als Handlungsmodell. Sportwissenschaft, 5(1), 39-55.
Nitsch, J. R. (1986). Zur handlungstheoretischen Grundlegung der Sportpsychologie. In H. Gabler, J. R. Nitsch & R. Singer (Hrsg.), Einführung in die Sportpsychologie: Teil 1. Grundthemen (S. 188-270). Schorndorf: Hofmann.
Nitsch, J. R. (2004). Die handlungstheoretische Perspektive: ein Rahmenkonzept für die sportpsychologische Forschung und Intervention. Zeitschrift für Sportpsychologie, 11(1), 10-23.
Nitsch, J., & Hackfort, D. (2016). Theoretical framework of performance psychology: An action theory perspective. In M. Raab, B. Lobinger, S. Hoffmann, A. Pizzera, & S. Laborde (Eds.), Performance psychology. Perception, action, cognition, and emotions (pp. 11–29). Amsterdam, The Netherlands: Elsevier.
Prof. Dr. Jürgen R. Nitsch
Born in 1940 (Koenigsberg/Germany). 1967 Diploma Degree in psychology at the University of Munich. 1971 Doctor Degree (Dr. phil.) in Psychology, Psychopathology and Pedagogy at the Technical University of Berlin; thesis title: “Theorie und Skalierung der Ermüdung – eine Studie zum Beanspruchungsproblem” [“Theory and measurement of fatigue”]; overall grade as well as all five single grades “mit Auszeichnung” [summa cum laude]. Since 1975 tenured full professor of psychology and Head of the Institute of Psychology of the German Sport University Cologne until retirement in 2003.
At this university Vice-President for Research Affairs (1983-87) and Dean of the Faculty of Educational, Cultural and Social Sciences (1991-1995), member of the Managing Council of the Section “Education in Psychology” of the German Association of Psychologists bdp, MC-member (1977-1989) and President (1985-1989) of the national Association of Sport Psychology asp, member of the MC of the International Society of Sport Psychology ISSP (1985-1993) and member of the Ethics Council of the German Society of Sport Science dvs (2008-2012).
He served as a permanent member of several research advisory boards: Federal Ministry of Research and Technology BMFT (1976-1980), Federal Institute of Sport Science BISp (1980-1996), German Research Foundation DFG (1986-1993); German Academic Exchange Service DAAD (1993-2002), and as a chairman of several scientific congresses, e.g. the VIII European Congress of Sport Psychology 1991 in Cologne.
Publications: 27 books and edited books, 129 first author book chapters and journal articles; 1979 2006 Editor-in-chief (with D. Hackfort) of the book series "psychology & sport (bps)" (61 volumes in total, including 1037 papers of 711 authors).
Supervised Doctoral and Habilitation Theses: 33, nine of them were specially awarded in competitive procedures. 12 of the postdocs received a professorship, seven served as presidents of national and international scientific societies, especially asp (3), FEPSAC (1) and ISSP (1).
Awards: 1991 Award Plaque of the International Society of Sport Psychology ISSP „In Recognition of Outstanding Contributions To The Common Goals Of The ISSP and FEPSAC“; 2003 Distinguished Senior Scholar Award of the European Federation of Sport Psychology FEPSAC in recognition of „the continued and distinguished scholarly contributions to international sport psychology“; 2005 Distinguished International Sport Psychologist Award of the International Society of Sport Psychology ISSP combined with ISSP Honorary Membership „in recognition of your outstanding and distinguished, long term, original contributions to the advancement of sport psychology”. In 2015 he was appointed Honorary President of asp for his outstanding and exceptional commitment to the concerns of sport psychology and the Association of Sport Psychology in the Federal Republic of Germany e.V..
Current research areas: action theory; action logic, temporal performance assessment.
Aus dem sowohl umfangreichen als auch breiten Gesamtwerk von Professor Nitsch, wie es in Publikationen, informellen Schriften und Beiträgen zu Kongressen seit 1975 dokumentiert vorliegt sind nachfolgend diejenigen (in Abstimmung mit dem Jubilar) ausgewählt, die sich auf wissenschaftstheoretische und methodologische Reflexionen sowie die wissenschaftliche Handlungsorientierung beziehen, auf die psychischen Funktionseinheiten im Kontext sportlichen Handelns sowie schwerpunktmäßig auf die von ihm als Spiritus Rector betriebene Ausarbeitung einer handlungstheoretischen Perspektive, wie er sie in der Sportpsychologie nicht nur als Handlungsmodell im Sinne einer Rahmenkonzeption für die Psychologie sondern auch für die interdisziplinäre Arbeit in der Sportwissenschaft angelegt hat. In die hier zur Verfügung gestellten Volltexte sind insbesondere solche aufgenommen, die nicht (mehr) ohne weiteres zugänglich sind und die charakterisierende Arbeiten im Schaffensprozeß des Jubilars markieren.
Dieter Hackfort
Ausgewählte Einzelbeiträge
(die markierten Beiträge sind als Volltext am rechten Seitenrand zum Download hinterlegt):
- Nitsch, J. R. (1975). Sportliches Handeln – Grundmodell für eine allgemeine psychologische Handlungstheorie? Psychologie heute, 2 (5), 77-78.
Nitsch, J. R. (1975). Sportliches Handeln als Handlungsmodell. Sportwissenschaft, 5 (1), 39-55.
Nitsch, J. R. (1976). Die Eigenzustandsskala (EZ-Skala) – Ein Verfahren zur hierarchisch-mehrdimensionalen Befindlichkeitsskalierung. In J. R. Nitsch & I. Udris (Hrsg.), Beanspruchung im Sport. Beiträge zur psychologischen Analyse sportlicher Leistungssituation (S. 81-102). Bad Homburg: Limpert.
Nitsch, J. R. (1978). Sportpsychologie und Praxis – Eine Standortbestimmung. In A. H. Trebels, G. A. Pilz & G. Anders (Red.), Sportwissenschaft auf dem Weg zur Praxis (S. 23-43). Schorndorf: Hofmann.
- Nitsch, J. R. & Hackfort, D. (1979). Naive Techniken der Psychoregulation im Sport. In H. Gabler, H. Eberspächer, E. Hahn, J. Kern & G. Schilling (Hrsg.), Praxis der Psychologie im Leistungssport (S. 299-311). Berlin: Bartels & Wernitz.
Nitsch, J. R. (1981). Streßtheoretische Modellvorstellungen. In J. R. Nitsch (Hrsg.), Streß. Theorien, Untersuchungen, Maßnahmen (S. 52-141). Bern: Huber.
- Nitsch, J. R. & Hackfort, D. (1981). Streß in Schule und Hochschule – eine handlungspsychologische Funktionsanalyse. In J. R. Nitsch (Hrsg.), Streß. Theorien, Untersuchungen, Maßnahmen (S. 263-311). Bern: Huber.
Nitsch, J. R. (1982). Self-generated techniques of self-control. In T. Orlick, J. T. Partington & J. H. Salmela (Eds.), Mental training for coaches and athletes (pp. 27-33). Ottawa: Sport in Perspective Inc., and Coaching Association of Canada.
- Nitsch, J. R. & Hackfort, D. (1984). Basisregulation interpersonalen Handelns im Sport. In E. Hahn & H. Rieder (Hrsg.), Sensumotorisches Lernen und Sportspielforschung (S. 148-166). Köln: bps.
- Nitsch, J. R. (1984). Volition - An old concept reevaluated (Invited paper presented at the Olympic Scientific Congress 1984 in Eugene, Oregon, USA.
- Nitsch, J. R. (1985). Emotionen und Handlungsregulationen. In G. Schilling & K. Herren (Hrsg.), Angst, Freude und Leistung im Sport (Bericht zum VI. FEPSAC-Kongreß 1983 in Magglingen, Bd. 1, S. 37-60). Magglingen: Fédération Européenne de Psychologie des Sports et des Activités Corporelles und Eidgenössische Turn- und Sportschule.
Nitsch, J. R. (1986). Zur handlungstheoretischen Grundlegung der Sportpsychologie. In H. Gabler, J. R. Nitsch & R. Singer (Hrsg.), Einführung in die Sportpsychologie: Teil 1. Grundthemen (S. 188-270). Schorndorf: Hofmann.
Nitsch, J. R. (1988). Verantwortbarkeit des Machbaren - auf dem Weg zu einer Berufsethik. In P. Schwenkmezger (Hrsg.), Sportpsychologische Diagnostik, Intervention und Verantwortung (S. 66-84). Köln: bps.
- Nitsch, J. R. (1989). Future trends in sport psychology and sport sciences. In C. K. Giam, K. K. Chook & K. C. Teh (Eds.), Sport psychology and human performance (Proceedings of the 7th World Congress in Sport Psychology, 7 to 12 August 1989, Singapore, pp. 200-204). Singapore: International Society of Sport Psychology and Singapore Sports Council.
Nitsch, J. R. (1991). Handlungstheorie und empirische Forschung. In R. Singer (Hrsg. unter Mitarbeit von K. Bös, W. Mandt-Brogi, W. Mickler, P. Schwenkmezger, U. Ungerer-Röhrich und K. Willimczik), Sportpsychologische Forschungsmethodik - Grundlagen, Probleme, Ansätze (S. 26-42). Köln: bps.
Nitsch, J. R. (1994). Kompaß im Neuland: Wissenschaftstheoretische Grundlagen. In J. R. Nitsch, H.-G. Hoff, W. Mickler, T. Moser, R. Seiler & D. Teipel, Der rote Faden. Eine Einführung in die Technik wissenschaftlichen Arbeitens (S. 17-58). Köln: bps.
Nitsch, J. R. (1996). Intention und Handlungsregulation. In R. Daugs, K. Blischke, F. Marschall & H. Müller (Hrsg.), Kognition und Motorik (S. 69-86). Hamburg: Czwalina.
- Nitsch, J. R. (1996). Physical activity, health and psychology. In The Club of Cologne/Mester, J. (Ed.), Health promotion and physical activity (Conference Proceedings of the Joint Meeting of the World Health Organization and the Féderation Internationale de Médicine Sportive, April 7-10, 1994 in Cologne, pp. 107-124). Köln: Sport und Buch Strauß.
Nitsch, J. R. (1997). Empirical research in sport psychology: A critical review of the laboratory-field controversy. In R. Seiler (Ed.), European Yearbook of Sport Psychology. A publication of FEPSAC (Vol. 1, pp. 1-28). Sankt Augustin: Academia.
Nitsch, J. R. (1997). Situative Handlungsorganisation. In H. Ilg (Hrsg. unter Mitarbeit von M. Schmidt und D.-C. Mahlitz), Gesundheitsförderung - Konzepte, Erfahrungen, Ergebnisse aus sportpsychologischer und sportpädagogischer Sicht (S. 351-363). Köln: bps.
Nitsch, J. R. & Munzert, J. (1997). Handlungstheoretische Aspekte des Techniktrainings - Ansätze zu einem integrativen Modell. In J. R. Nitsch, A. Neumaier, H. de Marées & J. Mester (Hrsg.), Techniktraining. Beiträge zu einem interdisziplinären Ansatz (S. 88-172).
Nitsch, J. R. (1999). Sportpsychologie und Leistungssport: Perspektiven des "Mental Coaching". In H. Allmer (Hrsg.), 30 Jahre Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie in der Bundesrepublik Deutschland (asp)1999 (S. 58-69). Schorndorf: Hofmann.
Nitsch, J. R. (2000). Handlungstheoretische Grundlagen der Sportpsychologie. In H. Gabler, J. R. Nitsch & R. Singer (Hrsg.). Einführung in die Sportpsychologie: Teil 1. Grundthemen (3., erweiterte und überarbeitete Aufl., S. 43-164). Schorndorf: Hofmann.
- Nitsch, J. R. (2001). Handlungsfehler im Sport – Theoretische Ausgangspunkte einer Forschungskonzeption. In D. Hackfort (Hrsg.), Handlungspsychologische Forschung für die Theorie und Praxis der Sportpsychologie (S. 65-124). Köln: bps.
Nitsch, J. R. (2001). Interdisziplinäre Theorienbildung – eine Problemanalyse. Ze-phir, 8 (2), 18-33.
Nitsch, J. R. (2004). Die handlungstheoretische Perspektive: ein Rahmenkonzept für die sportpsychologische Forschung und Intervention. Zeitschrift für Sportpsychologie, 11 (1), 10-23.
Nitsch, J. R. (2005). Motivation reconsidered – An action-logical approach. In R. Stelter & K. K. Roessler (Eds.), New approaches to sport and exercise psychology (pp. 55-82). Oxford: Meyer & Meyer Sport (UK).
Nitsch, J. R. (2006). Handlungstheoretische Grundlagen. In M. Tietjens & B. Strauß (Hrsg.), Handbuch Sportpsychologie (S. 24-34). Schorndorf: Hofmann.
Nitsch, J. R. (2006). Denkmuster in der empirischen Forschung. In J. Court (Hrsg.), Jahrbuch 2005 der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Sportwissenschaft (S. 19-38). Berlin: Lit.
- Nitsch, J. R. (2009). Sport and exercise psychology re-evaluated: Blind spots and new challenges. Keynote presented at the FEPSAC 40th Anniversary, SFPS/INSEP, Paris, july 2, 2009.
- Nitsch, J. R. (2009). Ecological approaches to sport activity: A commentary from an action-theoretical point of view. International Journal of Sport Psychology, 40 (1), 152-176.
- Nitsch, J. R. & Hackfort, D. (2016). Theoretical framework of performance psychology: An action theory perspective. In M. Raab, B. Lobinger, S. ,A. Pizzera, & S. Laborde (Eds.), Performance psychology. Perception, action, cognition, and emotion (pp. 11-29). London: Academic Press/Elsevier.
- Nitsch, J. R. (2020). MindTimeExplorer (MTE). Ein neues Testsystem zur Erfassung temporaler Performanz (Work Report). Köln: Autor/Psychologisches Institut der Deutschen Sporthochschule Köln. [Auch als englische Version verfügbar]