Wie Künstliche Intelligenz den Sport verändert
„Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten einen Ball, und am Ende gewinnen immer die Deutschen“ – diese, zugegebenermaßen völlig veraltete, Aussage eines ehemaligen englischen Fußball-Nationalspielers trifft einen wahren Kern: Fußball, also die Idee von 22 Spielern, zwei Toren und einem Ball, klingt erstmal nach einer machbaren Aufgabe – zumindest für Menschen. Wer aber Robotern beim Fußballspielen zuschaut, der versteht, dass es so leicht nicht ist. Robotern Fußballspielen beizubringen, ist vielmehr eine technische Meisterleistung und funktioniert nur mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI). Denn die Maschinen müssen selbst entscheiden, was sie auf dem Fußballfeld machen. Noch fallen sie dabei häufiger um, als dass sie Tore schießen. In anderen Bereichen des Sports hingegen unterstützen intelligente Systeme den Menschen schon zuverlässig: Analysesoftwares im Fußball zählen nicht nur Ballberührungen, sondern messen auch die Kreativität eines Spielers; Trainingsgeräte passen sich an den Trainierenden an; Smartwatches geben individuelle Trainingspläne aus; KI-Kamerasysteme sollen die Sportübertragung revolutionieren. Kurzum: KI ist auch im Sport angekommen. Doch bereichert sie ihn auch? Unsere ZeitLupe-Titelstory widmet sich der Künstlichen Intelligenz im Sport aus verschiedenen Perspektiven.
Während Talent, Technik und Erfolgswille Lionel Messi und sein Team zum WM-Sieg geführt haben, basieren die Entscheidungen von Fußball-Robotern nicht auf Emotionen, sondern auf Daten und Algorithmen, die ihnen Menschen zur Verfügung stellen. Hier lohnt ein Blick auf das menschliche Entscheidungsverhalten: Es gibt Spieler, die sich akribisch vorbereiten, den Gegner studieren, Spielzüge und Techniken so oft trainieren, dass sie in Drucksituationen gute Entscheidungen treffen können. Dafür brauchen sie Zeit und Energie. Außergewöhnliche Spieler entscheiden häufig auch nach ihrer Intuition. Das produziert manchmal Fehler, oft aber auch kreative Lösungen, die so besonders sind, weil sie in kein Schema passen. Im Gegensatz dazu müssen intelligente Maschinen zuverlässig die bestmögliche Lösung bereitstellen. Sie dürfen keine Fehler machen. Besonders dann nicht, wenn sie mit dem Menschen interagieren und ihm den Alltag erleichtern sollen. Um dies zu gewährleisten braucht es Algorithmen. Denn diese machen die Maschinen erst intelligent: künstlich intelligent. Allgemein formuliert ist ein Algorithmus eine Vorgehensweise, um ein Problem zu lösen bzw. eine Entscheidung zu treffen. In Einzelschritten werden Eingabedaten in Ausgabedaten umgewandelt – ungefähr wie bei einem Kochrezept. Auch die Berechnung des Körpergewichts anhand des Body-Mass-Index ist ein Algorithmus. Algorithmen befähigen Computer oder Maschinen dazu, eigenständig Lösungen zu entwickeln. Ein Teilbereich der KI, das Maschinelle Lernen (Machine Learning), kann Wissen generieren, Algorithmen trainieren, Zusammenhänge identifizieren, Muster erkennen und Vorhersagen treffen; zum Beispiel, wenn aus umfangreichen Scouting- und Spielerdaten errechnet wird, welcher Fußballspieler am besten ins Gesamtkonzept des Clubs passt.
Im Sport findet man KI zudem beispielsweise in Trainingsgeräten. Etwa kann eine Smartwatch auf der Basis von Parametern wie Herzfrequenz, Sauerstoff im Blut oder Laufgeschwindigkeit automatisch den aktuellen Trainingszustand erfassen und spezifische Trainingspläne ausgeben. Intelligente Trainingsroboter, wie das vom Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft mitentwickelte System „RoSyLerNT“, unterstützen beim Krafttraining. Ursprünglich zur Fertigung von Autos gedacht, macht Roboter Rosy durch andere Bauteile und einen veränderten Algorithmus auch als Trainingspartnerin eine gute Figur: Die Robotik wird genutzt, um besser auf die individuellen Bedürfnisse der Nutzer*innen einzugehen und sich an den Trainierenden anzupassen. Auch weitere Institute und Forschungsgruppen der Sporthochschule arbeiten an KI-Verfahren oder setzen diese in ihren Forschungsprojekten ein, zum Beispiel in der Dopinganalytik, der Spielanalyse oder im Bewegungslernen (eine Auswahl an KI-Projekten der Deutschen Sporthochschule Köln lernen Sie auf S. 13 kennen).
So setzt zum Beispiel das Institut für Biochemie Maschinelles Lernen in der Dopingbekämpfung ein, indem automatisierte Systeme auffällige Muster in den Steroidprofilen der untersuchten Urinproben detektieren können. Das Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik nutzt Spielanalyseprogramme, um außergewöhnliche Spieler zu identifizieren, indem das Programm anhand vorher definierter Kriterien Kreativität erkennen kann. Und Augmented-Reality-Verfahren, also die Einblendung virtueller Strukturen in die echte Umgebung, helfen in Interventionsstudien dabei, dass Testpersonen Bewegungen schneller und präziser lernen. Im Tanz oder in der Biomechanik kommen KI-Verfahren aber auch dann ins Spiel, wenn Videomaterial ausgewertet und Bewegungen in messbare Daten übersetzt werden müssen. Intelligente Systeme können etwa automatisch erkennen, ob in einem Video Personen zu sehen sind, und analysieren, wie die Personen sich bewegen. Auch Körperpartien können grafisch hervorgehoben werden. Mittlerweile können intelligente Maschinen auch ganze Aufsätze schreiben. So genannte Robotertexte – also automatisch erstellte Spielberichte – gibt es zum Beispiel seit der Saison 2019/2020 auf der Amateurfußballplattform des Deutschen Fußball-Bundes: eine Entwicklung, mit der sich auch Wissenschaftler*innen des Instituts für Kommunikations- und Medienforschung auseinandersetzen (Lesen Sie hierzu auch unser Interview mit Dr. Christoph Bertling auf S. 11 und die Infobox auf S. 12).
Immer mehr Wissenschaftler*innen und Forschungseinrichtungen beschäftigen sich in Projekten mit Künstlicher Intelligenz, auch weil dieser Forschungszweig in Deutschland seit 2018 massiv gefördert wird: 100 zusätzliche Professuren, fünf Milliarden Euro Fördergeld und eine eigene Förderlinie sollen dabei helfen, dass „KI Made in Germany“ nicht nur zum weltweit anerkannten Gütesiegel wird und die Wirtschaft stärkt, sondern den Menschen ganz konkret die tägliche Arbeit erleichtert. Möglich ist diese Entwicklung vor allem, weil sich die Rechen- und Speicherkapazitäten der Maschinen in den vergangenen Jahren so enorm verbessert haben, dass vollkommen neue KI-Szenarien möglich geworden sind. Klar ist jedoch, dass jede intelligente Maschine einen noch intelligenteren Menschen braucht, der definiert, was die Maschine mit welchen Daten wann tun soll. Und genau hier fängt es an, kompliziert zu werden. Denn wenngleich die Künstliche Intelligenz im Sport viele Vorteile mit sich bringt, genauso viele kritische Punkte können angeführt werden (Lesen Sie hierzu den Kommentar von Prof. Volker Schürmann auf S. 10). So etwa ist auch die bewusste Manipulation bei intelligenten Systemen denkbar. Möglich wäre zum Beispiel, Roboter Rosys Trainingsalgorithmus so umzuprogrammieren, dass die Trainierenden – etwa der unliebsame Onkel – doch wieder wie Autos behandelt werden. Denn bis eine Maschine eigenständig nach einem festen Wertegerüst entscheidet, wird es noch dauern. Diese so genannte „starke“ KI gibt es bislang nur in der Theorie. Bis dahin können wir Menschen uns an den schwach intelligenten Maschinen erfreuen, die uns nichts Böses wollen, die uns die tägliche Arbeit erleichtern und uns Spaß machen. Zumindest beim Elfmeterschießen hätte ein Fußball-Roboter schon heute eine realistische Chance gegen Messi. Denn die Situation ist klar definiert, es gibt wenig unvorhersehbare Variablen, und Emotionen sind im System nicht vorgesehen.
Texte: Julia Neuburg, Lena Overbeck, Marilena Werth
Digitale Dichter
ChatGPT (Generative Pre-trained Transformer) ist ein textbasiertes Dialogsystem, das auf maschinellem Lernen beruht, und Ende 2022 vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI veröffentlicht wurde. User*innen können mit dem Chatbot in den Dialog treten und ihm konkrete Aufgaben stellen. Auf Basis großer Mengen an Textdaten erstellt das System eigenständig Inhalte wie Sprachübersetzungen oder Textzusammenfassungen, kann Fragen beantworten und dichten. Sekundenschnell verfasst der Chatbot einen Aufsatz über die Französische Revolution, liefert Tipps für Sehenswürdigkeiten in Amsterdam, fasst den Film Inception in zwei Sätzen inhaltlich zusammen oder dichtet wie Shakespeare. Kritisiert wird, dass die Quellen der Inhalte nicht überprüft werden können, dass die automatisch generierten Texte zum Teil Fehler enthalten und es durch eine fehlerhafte Datengrundlage eine verzerrte Darstellung in den Texten geben kann. Wir haben ChatGPT gefragt: Be a poet for me: What is German Sport University famous for?
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Quelle: ChatGPT openai.com/blog/chatgpt/