Grundlagenstudie Wanderrudern Deutschland

Abstract

Verschiedene Studien zu landschaftlichen Präferenzen haben ergeben, dass Erholungssuchende tendenziell Landschaften bevorzugen, deren naturräumlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen kompatibel mit ihren Anforderungen an den Erholungsraum sind. Demnach kann von der Präferenz für eine Landschaft auf ihre potenzielle Erholungseignung geschlossen werden. Insbesondere Gewässer lassen dabei die Präferenzwerte für eine Landschaft deutlich steigen. Für verschiedene Erholungsaktivitäten wurden diese Präferenzen ermittelt. Welche natürlichen und infrastrukturellen Gewässereigenschaften von Wanderruderern zur Ausübung von Wanderfahrten präferiert werden, war bisher jedoch nicht bekannt. Ebenso wenig lagen repräsentative Daten über soziodemographische, ökonomische und motivationale Aspekte des Wanderruderns vor. Folgende Forschungsfragen werden untersucht.
– Wie setzt sich die Gruppe der Wanderruderer zusammen?
– Wie gestaltet sich das Reiseverhalten der Wanderruderer?
– Welche naturräumlichen und infrastrukturellen Kriterien erhöhen die potenzielle Erholungseignung eines Gewässers für Wanderruderer?
– Welche Gewässer werden intensiv von Wanderruderern genutzt und was sind mögliche Gründe hierfür?
Auf der Grundlage dieser Forschungsfragen wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Anforderungen der Wanderruderer an die Gewässer erhoben und als verbessernde Kriterien zur potenziellen Erholungseignung von Gewässern zum Wanderrudern zusammengefasst.
Hierzu wurde ein zweistufiges Forschungsdesign aus qualitativen und quantitativen Methoden entwickelt, das die Bedürfnisse der Nutzer in den Vordergrund stellt. Die qualitativen Methoden umfassen dabei eine offene Befragung und eine Visitor Employed Photography. Als quantitative Methoden kamen eine Online-Befragung sowie ein Geographisches Informationssystem (GIS) zur Erfassung der Realnutzung der Gewässer durch Wanderruderer zum Einsatz.
Wanderruderer stellen überdurchschnittlich gebildete und einkommensstarke Gruppe dar, mit Tagesausgaben während einer mehrtägigen Wanderfahrt von 68,52 Euro. Der durch das Wanderrudern induzierte Primäreffekt beträgt 5,6 Mio. Euro. Aus wirtschaftlicher Sicht ist die touristische Bedeutung damit geringer als bei anderen wassergebundenen Erholungsformen. Wanderfahrten sind stark saisonal geprägt. Sie finden überwiegend in den Monaten April bis Oktober statt und dauern oft nur zwei bis drei, maximal bis fünf Tage und nur selten länger. Dabei sind die Wanderruderer in großen Gruppen von durchschnittlich 15 Personen unterwegs, weshalb soziale Aspekte eine große Rolle spielen.
Wanderruderer bevorzugen vor allem naturnahe Fließgewässer mit einer vielfältigen Ufervegetation aus natürlichem Bewuchs sowie räumliche Tiefe durch große, offene Wasserflächen und Fernwirkungen durch Berg- oder Hügelkulissen. Die Präferenz erhöht sich zudem durch ruhige Gewässer mit wenig Verkehr sowie glattes Wasser. Wichtig ist ebenfalls ein Kontrast zwischen Städten und freier Natur und Landschaft, da Wanderruderer oft bei städtischen Rudervereinen übernachten und nicht selten ein kulturelles und gastronomisches Angebot in Anspruch nehmen. Ein idealisierter Naturraum wird vorgestellt und diskutiert.
Hinsichtlich der Infrastruktur sind vor allem Anlegestellen sowie intakte und sichere Schleusen und Wehre, ggf. mit geeigneten Umtragestellen für die Attraktivität eines Gewässers ausschlaggebend. Die Anlegestellen müssen dabei den Anforderungen der Ruderboote entsprechen. Zusätzlich sind Ankunftsräume zu gestalten, die über Parkplätze, Gastronomie, sanitäre Anlagen und Entsorgungsmöglichkeiten verfügen. Ein idealisierter Ankunfts- und Verweilraum wird vorgestellt. Ein gewässerorientiertes Beschilderungs- und Leitsystem an touristisch relevanten Orten erhöht den Komfort zusätzlich. Ein Best-Practice-Beispiel für die Umsetzung wird diskutiert.
Das Gewässernetz in Deutschland ist sehr vielfältig. Qualitative Verbesserungen stehen daher vor quantitativer Erweiterung. Dazu ist es notwendig, die dargestellten verbessernden Aspekte und Erkenntnisse über Wanderfahrten in die Planung von freizeit- und tourismusbezogenen Angeboten an Gewässern zu integrieren und die Belange der Wanderruderer zu berücksichtigen.

Publikationen im Rahmen dieses Projekts

Mühl, S. (2020). Landscape and infrastructure preferences of recreational rowers in Germany. Journal of Outdoor Recreation and Tourism, 29, [100271].

Mühl, S. (2018). Grundlagenstudie Wanderrudern Deutschland. Schriftenreihe Natursport und Ökologie, Bd. 34, DSHS Köln. 152 Seiten.

 

Bearbeitung

  • Dr. Stefan Mühl (Promotion)
  • Betreuer: Prof. Dr. Ralf Roth

Projektlaufzeit

  • 2016-2018  [abgeschlossen]

Partner

  • Deutscher Ruderverband (DRV)