Einflussfaktoren der Wegfindung beim Wandern in alpinen Destinationen
Eine Zielgruppenanalyse am Fallbeispiel des Stubaitals in Tirol (Reallabor)
Problemskizze und Zielsetzung
Alpine Destinationen stehen vor der Herausforderung, einer zunehmend hohen Nachfrage- und Angebotssituation im Bergwandersektor mit einer sich ändernden Zielgruppenstruktur. Auf der Datengrundlage von aktuellen Wanderstudien, Mitgliederstatistiken der Alpenvereine und der Bergunfallstatistik lässt sich vermuten, dass vermehrt Menschen aus urbanen Siedlungsräumen mit wenig Erfahrung auf zu anspruchsvollen Wegen wandern. Hinzu kommt, dass die Erwartungen an touristischen Dienstleistungen, Infrastruktur und Bergrettung seitens der Konsumenten gestiegen sind.
Zu den wesentlichen Aufgaben des Destinationsmanagements zählen die forlaufende Entwicklung von qualitativen Wanderangeboten sowie dem Management von Besucherinnen und Besuchern. Das Wegeleitsystem – als Bestandteil der Wegeinfrastruktur und damit des Wanderangebots – dient der zielgruppenorientierten Lenkung von Besucherinnen und Besucher. Ein gutes Wegeleitsystem trägt dazu bei, die Sicherheit und Erlebnisqualität der Wandernden zu steigern.
Wie lässt sich der Wegfindungsprozess von Wandernden in alpinen Destinationen charakterisieren? Welche Einflussfaktoren spielen dabei eine Rolle und welche Unterschiede kann man innerhalb der Zielgruppe feststellen?
Forschungsziele:
- Definition von Determinanten und Ausprägungen
- Grundlegendes Wissen über die Wegfindung von Wandernden in alpinen Destinationen
- Definition von Zielgruppen – Unterschiede und Gemeinsamkeiten
- Typisierung der Wandernden in Hinblick auf die Wegfindungsdeterminanten
Theoretisches Modell
„Wayfinding describes a person’s ability, both cognitive and behavioural, to reach spatial destination. This ability which is based on three distinct performances, decision making, decision executing and information processing, is a spatial problem solving ability.“ (Passini, 1984, S. 154)
Nach Passinis Definition umfasst der theoretische Begriff „Wegfindung“ zwei Dimensionen: Kognitive Fähigkeit („cognitive ability“) und verhaltensbezogene Fähigkeit („behavioural ability“). Die Leistung „decision making“ lässt sich dem Bereich „cognitive ability“ zuordnen. Hier geht es darum unterschiedliche Entscheidungen für die Wegfindung zu treffen. Dies findet zunächst vor der eigentlichen Wanderung („pre-travel“) statt. Diese Entscheidungen werden durch individuelle, soziale und umweltbezogene Faktoren beeinflusst und münden in der Formulierung von Kriterien der Wegwahl (Dalton et al., 2019; Münzer & Hölscher, 2011; Schamel, 2017; Siegel & White, 1975; Xia, 2007). Wurde die Wegfindungsstrategie entwickelt, gilt es nun diese auf der eigentlichen Wanderung („en-route“) umzusetzen („decision executing“). Diese Leistung lässt sich dem Bereich „behavioural ability“ zuordnen und äußert sich im tatsächlichen raumzeitlichen Verhalten der Wandernden in der alpinen Destination („revealed preferences“).
Methodik und Erkenntnisgewinn
Zur Beantwortung der formulierten Forschungsfragen ist eine Methodenkombination aus Befragung und GPS-Tracking geplant.
Der erste Teil der Untersuchung fokussiert sich auf den Planungs- und Entscheidungsprozess der Wegfindung („cognitive ablity“). Mittels einer Befragung sollen die einzelnen Faktoren wie im Modell aufgeführt vor der eigentlichen Wanderung ermittelt und die Zielgruppe in unterschiedlichen Aktivitätstypen aufgeteilt werden.
Im zweiten Teil soll das konkrete raumzeitliche Verhalten der Wandernden untersucht werden („behavioral ability“). Mittels GPS-Tracking werden die Indikatoren wie besuchte Orte, genutzte Wege, Distanzen, Dauer usw. erfasst. Eine zusätzliche Befragung soll Erkenntnisse über wahrgenommene Schwierigkeiten in der Wegfindung von seitens der Wandernden bringen.
Ziel ist ein Abgleich der beiden Bereiche „cognitive ablity“ und „behavioral ability“, um Diskrepanzen zwischen der Wegplanung und der eigentlichen Wegfindung aufzudecken.
Bearbeitung
- Julia Severiens (Promotionsvorhaben)
- Betreuer: Prof. Dr. Ralf Roth
Projektlaufzeit
- 2018 - 2021
Partner
- Tourismusverband Stubai Tirol