TikiTaka und Angriffspressing

Immer mehr und vor allem komplexere Datenmengen werden heute im Sport generiert. Im Profifußball sind das beispielsweise traditionelle Videodaten, Eventdaten (u. a. Pässe) und auch Positionsdaten der Spieler und des Balls. Univ.-Prof. Dr. Daniel Memmert und sein Team des Instituts für Trainingswissenschaft und Sportinformatik (ITS) beschäftigen sich seit längerem intensiv mit der Analyse und Simulation von u. a. Taktikmuster und Angriffsstrategien auf der Basis von komplexen Positionsdaten und haben hierzu theoretische Rahmenmodelle entwickelt und validiert. Nun haben sie eine weitere Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in diesem Forschungsbereich eingeworben.

Im Zuge zunehmender elektronischer Erfassbarkeit und KI-gestützter Analysierbarkeit von Verhaltensdaten verstärkt sich die Erwartung an die Optimierbarkeit der analysierten dynamischen Prozesse. In interaktiven technischen Prozessen, wie etwa der Verkehrssteuerung oder halbautomatischen industriellen Fertigung, sind derartige technische Unterstützungen inzwischen Standard. Problematischer wird es hingegen bei interaktiven kommunikativen Prozessen, da hier neben der funktionalen auch eine situative Ebene angesprochen wird. Das Problem KI-gestützter Analyse und Steuerung besteht bei diesen Prozessen darin, dass zwar das beobachtbare Verhalten kategorisiert und bewertet werden kann, die Vermittlung und Umsetzung adäquater oder optimaler Verhaltensmuster jedoch aufgrund der Komplexität der Verhaltensdynamik häufig schwierig ist. Das führt dazu, dass komplexe Handlungsempfehlungen von den Handelnden auf stark vereinfachte Muster reduziert werden, die in der Folge zu stereotypem Verhalten führen.

Mit dieser Thematik im Sportkontext beschäftigt sich seit Jahren das Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik (ITS) der Deutschen Sporthochschule Köln und hat nun eine weitere Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für ein Fortsetzungsprojekt (ME 2678/26 2) zu diesem Thema im Umfang von 270.000 Euro erhalten. Unter dem Titel „Simulation interaktiver Handlungssequenzen am Beispiel des Hochleistungs-Fußballs“ werden Ansätze und Methoden weiterentwickelt, um zum einen taktisches Verhalten im Spiel hypothesengeleitet experimentell zu manipulieren und zum anderen kreative taktische Komponenten im Spiel zu identifizieren, ihre Wirkung mit Hilfe von Simulation zu bewerten sowie ihre Generierung zu überprüfen. „In den letzten Jahren hat eine deutliche Zunahme reduzierter strategischer Konzepte im Fußball stattgefunden, was zu stereotypen taktischen Interaktionen zwischen den verschiedenen Mannschaften führen kann. Einfache Beispiele hierfür sind die Strategien „TikiTaka“ und „Angriffspressing“, sagt Institutsleiter Memmert.

Das Ziel des Folgeprojekts ist es, aufbauend auf den positiven Ergebnissen des abgeschlossenen DFG-Projektes (ME 2678/26 1), eine bessere Verbindung zwischen den Ergebnissen der computerunterstützten Spielanalyse auf der Basis von Positionsdaten und den Möglichkeiten einer dynamischeren und vor allem flexibleren Spielphilosophie herzustellen, bei der der Erfolg nicht durch einstudierte Spielzüge, sondern durch kreative „Aufbrüche“ der taktischen Schemata erzielt wird. „Hierzu wollen wir die im DFG-Vorgängerprojekt begonnenen Simulations-Ansätze zum Kreativitätstraining, auf der Basis unseres neu entwickelten experimentellen Positionsdaten-Paradigmas, fortsetzen und speziell auch auf höheren Leistungs-Ebenen umsetzen, testen und bewerten“, erklärt Memmert. Dies wird in der Theorie zu einer Weiterentwicklung von Simulationsmodellen führen und in der Praxis mittelfristig in die Überarbeitung bestehender Trainingsmethoden, Talentsichtungsprofile und Periodisierungsmodelle einfließen.

Kontakt für weitere Infos:
Univ.-Prof. Dr. Daniel Memmert
Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik
Tel.: +49 221 4982-4330
E-Mail: