"Wach und beweglich bleiben!"
Vor nicht allzu langer Zeit feierte Nadja Himmelseher als Absolventin den Abschluss des M.Sc. Sportphysiotherapie – letzte Woche stand sie auf der anderen Seite. Als Referentin ist die Physiotherapeutin an die Deutsche Sporthochschule zurückgekehrt. Im Interview sprach sie mit uns über ihre Karriere, die Faszination Physiotherapie und den Stand der Sportphysiotherapie in Deutschland.
Frau Himmelseher, was ist das Besondere an der Physiotherapie im Sport?
Viele PhysiotherapeutInnen kommen selber aus dem Sport und wollen das Hobby zum Beruf machen. Es ist faszinierend, gleichzeitig mit jungen, motivierten und leistungsfähigen Menschen, aber auch mit älteren Menschen zu arbeiten. Auch die Möglichkeit, an Wettkämpfen teilzuhaben und dort die Atmosphäre zu spüren macht für viele den Reiz aus. Die meisten von uns machen den Job aus Liebe zum Sport und zur Bewegung.
Das Masterstudium erfordert einige Vorkenntnisse. Wie sah Ihre Laufbahn vor Studienbeginn aus?
Ich hatte bereits über längere Zeit viel Kontakt mit dem Leistungssport, bin beispielsweise seit einiger Zeit für das Physioteam der Leichtathletik- und Behindertensportabteilung von Bayer 04 Leverkusen tätig und habe Trainingslager des Deutschen Leichtathletikverbandes betreut. Letztlich habe ich mir gedacht: Wenn ich einen Master machen möchte, dann unbedingt in Richtung Sportphysiotherapie.
Wie ging es nach dem Abschluss für Sie weiter?
Mit dem Abschluss ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, man kann sich plötzlich auf andere, neue Stellenprofile bewerben. Man kann neben der Arbeit als Physiotherapeut als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Firmen einsteigen oder in die Lehre gehen. Letzteres war für mich eine Triebfeder, denn ich wollte neben dem ‚Arbeiten an der Bank‘ eine Absicherung schaffen.
Wieso ist eine professionelle Ausbildung für SportphysiotherapeutInnen heute so wichtig?
Die Akademisierung der Sportphysiotherapie schreitet voran, man arbeitet an einer europaweiten Angleichung. Hier hängt Deutschland allerdings noch hinterher. PhysiotherapeutInnen könnten noch mehr abdecken und erreichen, als sie es bisher tun. Das geht aber nur mit dem nötigen Fachwissen. Erfahrung am Patienten ist wichtig, braucht aber einen theoretischen Unterbau, ohne dass man sich dann zu sehr in der Theorie verliert. Das ist der Spagat, den wir schaffen müssen.
Für welche Lehreinheit sind Sie nun zuständig?
Bei mir geht es um einen Teil des ‚Clinical Reasoning‘, genauer gesagt um ein Instrument zur Dokumentation, Messung und Kontrolle anhand wissenschaftlich anerkannter Vorgehensweisen, mit dem ein Bericht über meine praktische Untersuchung erstellt wird. Man muss die individuellen Probleme der Patienten, die immer im Fokus stehen, so transparent darstellen, dass wir unser Tun gegenüber Ärzten, Trainern und der Öffentlichkeit besser erklären und begründen können.
Was würden Sie angehenden SportphysiotherapeutInnen mit auf den Weg geben?
Was Sportphysios lernen müssen, ist nicht nur Wissen anzuhäufen, sondern auch anzuwenden und dies nach außen hin zu kommunizieren. Nur so kann die Physiotherapie aus ihrer Nische heraustreten. Man sollte selbstbewusst umgehen mit dem, was man weiß und dieses Wissen ständig erweitern, ohne in eine Arroganz abzurutschen. Wach und beweglich bleiben und immer offen für Neues sein – dann läuft es.