Curriculumentwicklung zum Aufbau digitaler Kompetenzen in der Lehrer*innenbildung
... an der Deutschen Sporthochschule Köln
Petra Guardiera, Daniel Klein, Helga Leineweber, Till Stankewitz, Monika Thomas
ZUSAMMENFASSUNG
Die Nutzung vernetzter Multimediatechnologien nimmt in fast allen Lebensbereichen einen immer höheren Stellenwert ein. Dementsprechend wandelt sich auch das Informations- und Kommunikationsverhalten und es erwachsen neue Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe. Wenngleich Kinder und Jugendliche in einer zunehmend digital geprägten Welt aufwachsen, ist nicht zwangsläufig davon auszugehen, dass sie zugleich über einen umfassenden, mündigen Umgang mit digitalen Medien verfügen. Gilt es, den schulischen Kompetenzerwerb mithilfe professionellen Lehrer*innenhandelns zu sichern, werden in Verknüpfung mit dem Begriff der digitalen Mündigkeit zugleich auch Anforderungen an diesbezügliche (Vermittlungs-)Kompetenzen bei den Lehrkräften deutlich. Diese Kompetenzerweiterung erfordert konsequenterweise veränderte oder neue Strukturen in den lehrer*innenbildenden Studiengängen. Durch die seit 2020 weltweit andauernde Covid-19-Pandemie und den in der Folge zeitweise notwendig gewordenen schulischen Distanzunterricht wird die Relevanz digitaler Kompetenzen in der Lehrer*innenbildung aktuell neben allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen noch einmal besonders hervorgehoben.
Der vorliegende Beitrag beschreibt die an der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) geplanten Maßnahmen eines Projekts zur Gestaltung von Hochschulcurricula für die digitale Welt im Rahmen der Ausschreibung Curriculum 4.0.NRW (MKW NRW, 2019). Im Fokus des Projektes steht die digitale Transformation der lehrer*innenbildenden Lehramtsstudiengänge an der DSHS Köln.
1. INHALTLICHE UND STRUKTURELLE GRUNDLEGUNG
Eine wesentliche Aufgabe schulischer Bildung ist es, Schüler*innen zu befähigen, „sich in der modernen Gesellschaft zu orientieren und politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Fragen und Probleme kompetent zu beurteilen“ (KMK, 2017) – oder anders formuliert, Schüler*innen zu einer mündigen Teilhabe an der Gesellschaft zu befähigen. Ein wesentliches Kennzeichen unserer modernen Gesellschaft ist dabei eine zügig voranschreitende Digitalisierung in unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen, die sich im Zuge der COVID-19-Pandemie nochmals rasant beschleunigt hat. Der Begriff Digitalisierung weist auf die Tatsache hin, dass die Nutzung vernetzter Multimediatechnologien in fast allen Lebensbereichen einen immer höheren Stellenwert einnimmt. Diese Technologien ermöglichen eine globale Vernetzung sowie Direktheit und Uneingeschränktheit in Zugriff und Transfer eines erheblich gesteigerten Datenvolumens (Hüther & Schorb, 2005). Infolgedessen erfährt auch das Informations- und Kommunikationsverhalten Veränderungen, der gesellschaftlichen Teilhabe werden zudem breitere Möglichkeiten eingeräumt. Jedoch bringen der nahezu uneingeschränkte Zugriff auf ein unüberschaubares, unkontrollierbares Maß an Informationen sowie vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten auch Herausforderungen mit sich. Der Umgang mit zunehmend komplexen Technologien erfordert bspw. explizite Kenntnisse über deren Nutzung, aber auch über Datenschutz, Persönlichkeitsrechte und Informationssicherheit. In Bezug auf den Bildungsbereich ergibt sich daraus neben der Notwendigkeit auch neues Potential hinsichtlich der Gestaltung formaler Bildungsprozesse (Landesregierung NRW, 2016).
Im Zusammenhang mit digitalen Kompetenzen, wie sie hier bereits durchscheinen, prägen Wößmann et al. (2017) den Begriff der Digitalen Mündigkeit. Ein mündiger Umgang mit digitalen Medien meint dabei die Fähigkeit zur Abschätzung von Handlungskonsequenzen, die Kontrolle über einen verantwortungsvollen Mediengebrauch sowie eine selbstbestimmte Behauptung gegen den Einfluss der Medien (Karrasch et al., 2015). Wenngleich Kinder und Jugendliche in einer digitalen Welt aufwachsen, ist nicht zwangsläufig davon auszugehen, dass sie zugleich einen umfassenden, mündigen Umgang mit digitalen Medien beherrschen. Der überwiegende Teil der Kinder und Jugendlichen nutzt digitale Medien passiv-rezeptiv: Nicht einmal zwei Prozent der Achtklässler*innen in NRW sind in der Lage, verantwortlich, reflektiert und kreativ mit digitalen Technologien und Informationen umzugehen. Ein gutes Drittel (35,8 %) dieser Schülergruppe verfügt zudem lediglich über basale Fähigkeiten der Computernutzung und der Informationssammlung und -organisation (vgl. Eickelmann et al., 2019). Nach eigener Einschätzung konnten zwar knapp 60 % der Kinder und Jugendlichen im Alter von 10 bis 18 Jahren ihre Fähigkeiten im Umgang mit Videokonferenzen im ersten Lockdown der Corona-Pandemie verbessern, in anderen Bereichen des Umgangs mit Medien stellen im Schnitt jedoch nur 45 % eine positive Entwicklung fest (vgl. Lampert et al., 2021).
Begrenzte Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien belegt auch die DIVSI-Studie (2018): Nur 37 % der 14–17-Jährigen fühlen sich durch die Schule gut auf eine digitale Zukunft vorbereitet. Der mündige Umgang mit digitalen Medien bedarf folglich der gezielten Förderung, insbesondere auch im schulischen Rahmen. Mit dem Ziel, Schüler*innen gut vorzubereiten, d. h. hier: zu einem „selbständigen und mündigen Leben in einer digitalen Welt“ zu befähigen (KMK, 2017, S. 6), nennt die KMK-Strategie Bildung in der digitalen Welt synthetisch sechs Kompetenzbereiche: 1. Suchen, Verarbeiten, Aufbewahren; 2. Kommunizieren und Kooperieren; 3. Produzieren und Präsentieren; 4. Schützen und sicher Agieren; 5. Problemlösen und Handeln sowie 6. Analysieren und Reflektieren (in ausführlicher Form vgl. ebd., S. 16 ff.).
Gilt es, den schulischen Kompetenzerwerb mithilfe professionellen Handelns von Lehrkräften zu sichern, werden im Begriff der digitalen Mündigkeit zugleich auch Anforderungen an das lehrer*innenseitige Vorhandensein diesbezüglicher (Vermittlungs-)Kompetenzen deutlich. Diese Kompetenzerweiterung erfordert konsequenterweise auch veränderte oder neue Strukturen in den lehrer*innenbildenden Studiengängen. So nennen die KMK-Standards für die Lehrerbildung (KMK, 2019) Medienbildung als übergeordnetes Qualifikationsziel und implizieren damit ein Lernen mit, durch und über Medien ebenso wie den kompetenten Umgang mit digitalen (und analogen) Medien unter theoretisch-wissenschaftlichen, didaktischen und praktischen Aspekten. Nicht zuletzt umfasst Medienbildung dabei auch die kritische Reflexion von Digitalisierungsprozessen aus technologischer, gesellschaftlicher und anwendungsbezogener Perspektive (vgl. ebd). Ein solches Qualifikationsziel setzt allerdings voraus, dass Studierende eines Lehramts im Rahmen ihres Studiums auf eine Lernumgebung treffen, die sich ihrerseits in den Prozess der digitalen Transformation begeben hat und die Entwicklung erforderlicher, insbesondere mediendidaktischer und medienpädagogischer, aber auch medienethischer und medienrechtlicher Kompetenzen überhaupt erst ermöglicht: sei es bspw. hinsichtlich ihrer infrastrukturellen Ausstattung, ihres Lehrangebots oder hinsichtlich der digitalen Kompetenzen der Lehrenden und Forschenden (vgl. Goertz & Baeßler, 2018). Daneben scheint ebenso die Herausbildung von Werten, Normen und Einstellungen erforderlich, um einen positiven Umgang mit digitalen Technologien zu fördern (Holdener et al., 2016), stellt dieser doch eine notwendige Voraussetzung für einen steten Ausbau digitaler Kompetenzen dar.
Aus diesen Forderungen ergeben sich weitreichende Konsequenzen für die lehrer*innenbildenden Studiengänge an der DSHS Köln, die eine curriculare Weiterentwicklung im Sinne der digitalen Transformation erforderlich machen. Im Folgenden werden daher die an der DSHS Köln geplanten Maßnahmen zur Erweiterung der Curricula in den Lehramtsstudiengängen dargestellt.
1.1 Projektausschreibung Curriculum 4.0.NRW
Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW NRW) schrieb 2019 in Kooperation mit dem Stifterverband und der Digitalen Hochschule NRW das Projekt Curriculum 4.0.NRW zur Gestaltung von Hochschulcurricula für die digitale Welt aus (MKW NRW, 2019). Projektanträge mit dem Ziel der curricularen Weiterentwicklung und/oder Umgestaltung konnten durch Hochschulen in NRW in den Kategorien Module und Studiengänge gestellt werden, wobei die Kompetenzentwicklung der Studierenden für die digitale Welt im Vordergrund stehen sollte.
Für die DSHS Köln wurde ein Förderantrag in der Kategorie Studiengänge für das Lehramt Sport und Bildungswissenschaften gestellt. Der eingereichte Projektantrag Curriculumentwicklung zum Aufbau digitaler Kompetenzen in der Lehrer*innenbildung wurde in einem kompetitiven Verfahren durch die ausschreibenden Organisationen für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Oktober 2020 bewilligt.
1.2 Lehrer*innenbildung an der DSHS Köln
Das Lehramt im Unterrichtsfach Sport kann an der DSHS Köln für alle Schulformen studiert werden (DSHS Köln, 2021). Hierunter fallen das Lehramt an Grundschulen, Förderschulen, Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen, Berufskollegs sowie Gymnasien und Gesamtschulen. Zudem wird das bildungswissenschaftliche Studium für die Schulformen Gymnasien und Gesamtschulen angeboten. Auf das sechssemestrige Bachelorstudium (B.A.) folgt ein viersemestriges Masterstudium (M.Ed.). Das ergänzende Unterrichtsfach wird an einer der beiden Kooperationshochschulen, d. h. der Universität zu Köln oder Universität Siegen, studiert.
2. VORÜBERLEGUNGEN: AUSWIRKUNGEN DER DIGITALEN TRANSFORMATION AUF DAS QUALIFIKATIONSPROFIL
Auswirkungen digitaler Transformationsprozesse auf das Qualifikationsprofil der Absolvent*innen der Lehramtsstudiengänge der DSHS Köln ergeben sich sowohl auf fächerübergreifender als auch auf fachbezogener Ebene. Ausgangspunkte der Transformation sind dabei bspw. sowohl gewandelte allgemeinpädagogische Anforderungen durch veränderte digitale Angebotsstrukturen und Nutzungsmöglichkeiten, die den oben skizzierten mündigen Umgang erfordern, als auch konkrete gesellschaftliche Veränderungen des Gegenstandsbereichs Sport (durch z. B. digitale Möglichkeiten der Bewegungsvermittlung oder digitale Unterstützungsangebote wie Ernährungs- und Trainingsprogramme).
Den mit der digitalen Transformation verbundenen curricularen Anforderungen an den Erwerb digitaler Kompetenzen seitens der Studierenden wird innerhalb des Lehramtsstudiengangs sowohl fachspezifisch für das Unterrichtsfach Sport als auch fächerübergreifend in enger Verschränkung mit dem bildungswissenschaftlichen Studium begegnet.
Neue Qualifikationsziele müssen den Aufbau digitaler Kompetenzen sowohl für den Teilstudiengang Sport als auch die Bildungswissenschaften demzufolge jeweilig sowie im Sinne eines verzahnten Konzepts berücksichtigen. Ebenso müssen Vermittlungskompetenzen mit Blick auf die Unterstützung der Lernenden in der Entwicklung einer digitalen Mündigkeit eingebettet und ausgebaut werden. Dabei soll es nicht darum gehen, bestehende Qualifikationsziele abzuändern oder gar zu streichen, sondern um solche, quer liegenden, digitalen Kompetenzen zu ergänzen, die insbesondere mit Blick auf das spätere Berufsfeld erforderlich sein werden. Das Unterrichtsfach Sport und die Bildungswissenschaften sollen sich im Rahmen der Bachelor- und Masterphasen dabei systematisch aufeinander beziehen und überdies insbesondere aus einer fachübergreifenden Perspektive exemplarisch Anschlüsse an die Qualifikationsziele des zweiten Studienfachs an der kooperierenden Universität aufzeigen.
Die hier als erforderlich markierten digitalen Transformationsprozesse ziehen demzufolge umfassende Auswirkungen auf das Qualifikationsprofil der Absolventinnen und Absolventen der DSHS Köln nach sich. Zugleich stellen sie erhöhte Anforderungen an die Expertise der Verantwortlichen, u. a. im Rahmen der notwendigen Re-Konzeption des Curriculums sowie des Qualifikationsprofils der Studierenden. Im Zuge dessen wird der (Weiter-)Qualifikation des Lehrpersonals im Rahmen des Projektes ein hoher Stellenwert beigemessen, um nachhaltige Expertise (in Medientechnik, -didaktik, -pädagogik, -ethik und -recht) sowie schließlich die Qualität der Lehre in den lehrer*innenbildenden Studiengängen gewährleisten zu können.
3. RE-KONZEPTION DES QUALIFIKATIONSPROFILS: NEUE, VERÄNDERTE ODER ERWEITERTE KOMPETENZBEREICHE
Im Rahmen einer Re-Konzeption des Qualifikationsprofils von (Sport-)Lehramtsstudierenden gilt es, fächerübergreifende sowie fachspezifische digitale Kompetenzen zu identifizieren und im Sinne eines spiralcurricular verankerten Kompetenzerwerbs interdisziplinär zu verzahnen. Zur Systematisierung eines solchen Kompetenzerwerbs kann der Orientierungsrahmen „Lehrkräfte in der digitalisierten Welt“ (Medienberatung NRW, 2020) herangezogen werden, der in differenzierter Weise bereits für die zweite (und dritte) Ausbildungsphase der Lehrer*innenbildung vorliegt. Dieser greift die fünf Handlungsfelder Unterrichten, Erziehen, Lernen und Leisten fördern, Beraten und Schule entwickeln auf und präzisiert das Kompetenzprofil von Lehrkräften anhand von sechs Kompetenzbereichen im Hinblick auf Erfordernisse der digitalen gesellschaftlichen Transformation im Handlungsfeld Schule. Aufgabe des vorliegenden Projektes ist es demzufolge, nun solche digitalen Kompetenzen im Rahmen der ersten Ausbildungsphase zu identifizieren, die sich im Sinne eines spiralcurricularen Kompetenzerwerbs der Studierenden mit Blick auf das spätere Handlungsfeld Schule als anschlussfähig erweisen.
Zur Verdeutlichung sei auf Tabelle 1 verwiesen: Diese ist in ihrem Aufbau an eben jenen Orientierungsrahmen der Medienberatung NRW (2020) angelehnt und skizziert analog zu den Kompetenzzielen der zweiten und dritten Ausbildungsphase nun exemplarisch eine Erweiterung des Qualifikationsprofils für das bildungswissenschaftliche Studium sowie das Unterrichtsfach Sport während der ersten Ausbildungsphase. Die tabellarische Übersicht, die sich zunächst an zwei Kompetenzbereichen innerhalb der fünf Handlungsfelder orientiert (vgl. Tab. 1), soll einen ersten Eindruck der Mehrdimensionalität des erweiterten Kompetenzerwerbs vermitteln, der im Rahmen des Lehramtsstudiums an der DSHS Köln notwendig sein wird, um Studierende auf die Anforderungen an den fortgeführten Kompetenzerwerb in der zweiten und dritten Phase der Lehrer*innenbildung vorzubereiten. Weiterhin soll anhand der nachfolgenden exemplarischen Stichpunkte sichtbar werden, dass insbesondere der kritischen Reflexion beim Einsatz digitaler Medien – und damit dem Ziel der Ausbildung einer kritisch-reflexiven Medienkompetenz auf Seiten der Schüler*innen im Sinne einer digitalen Mündigkeit – eine hohe Bedeutung zukommt. Dies zeigt, inwiefern innerhalb der Erweiterung des Qualifikationsprofils auch die schüler*innenseitig zu erwerbenden Kompetenzen mitzudenken sind. Hinzu treten ferner fachspezifisch sowie fächerübergreifend grundlegendes medienbezogenes Wissen und technologische Fähigkeiten für den Einsatz von Hard- und Software.
Im Rahmen des Projekts sollen also digitale Transformationsprozesse im Sinne medien-pädagogischer und mediendidaktischer, aber auch medienethischer und medienrechtlicher Aufgabenbereiche innerhalb der fünf Handlungsfelder identifiziert und in die Curricula der ersten Ausbildungsphase integriert werden. Unerlässlich für die präzise Ausgestaltung der einzelnen Handlungsfelder anhand des hier benannten Orientierungsrahmens wird dabei der kritische Abgleich mit wissenschaftlichen Modellierungen digitaler Kompetenzen bei Lehrer*innen sein (z. B.: Herzig & Martin, 2018; Blömeke, 2000; Tulodziecki et al., 2010; Wilson et al., 2011).
4. ERPROBUNG UND ENTFALTUNG NEUER STUDIEN-, LERN- UND PRÜFUNGSFORMATE
In Anbetracht der hier auf unterschiedlichen Ebenen ausgewiesenen Qualifikationsziele und Kompetenzbereiche wird deutlich, dass die lehrer*innenbildenden Studiengänge an der DSHS Köln in ihrer Gesamtheit von der digitalen Transformation betroffen sind. Diese beschränkt sich dabei nicht auf eine grundlegende Überarbeitung curricularer Vorgaben, sondern betrifft auch die Entwicklung und Implementation digitaler Studien- bzw. Lehr-/Lern- und Prüfungsformate.
Bereits im Strategiepapier der KMK (2017) wird die Bedeutung der Hochschulen als Triebfeder digitaler Bildung benannt, zugleich jedoch auf die Problematik von zahlreichen punktuellen Angeboten und Insellösungen in diesem Bereich verwiesen. Im Sinne nachhaltiger Maßnahmen soll ein Ziel des Projekts daher sein, digitale Lehr-/Lern- und Prüfungsformate zunächst systematisch und differenziert zu identifizieren und auf ihre Passung zu prüfen. Als wesentlich für lehrer*innenbildende Studiengänge im Sinne des sogenannten pädagogischen Doppeldeckers gilt dabei, dass Studierende nicht nur theoretisches Wissen über digitale Lehr- und Lernformate sowie Prüfungsformate erwerben, sondern ebenso Handlungswissen bzw. Handlungskompetenz, indem sie die entsprechenden Formate im Rahmen der hochschulischen Lehre zugleich selbst erproben und erfahren können, um sie sodann wiederum der Reflexion zu unterziehen. Die Identifikation geeigneter Lehr-/Lern- und Prüfungsformate umfasst Entscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen der digitalen Transformation, die hier exemplarisch skizziert werden:
- Veranstaltungsformat: Zunächst gilt es zu überlegen, welche Veranstaltungsformate zum Einsatz kommen können. Zu nennen sind hier u. a. Blended-Learning Formate oder reines e-Learning, welche bspw. den Prinzipien eines Webinars, digitaler Selbstlerneinheiten oder auch Prinzipien des Inverted Classroom folgen können.
- Verlaufsform: Weiterhin muss geklärt werden, in welcher Form digitale Lernangebote zu nutzen sind: Hier ist eine freie zeitliche Einteilung seitens der Studierenden ebenso denkbar wie eine vorgegebene Unterteilung in Selbstlerneinheiten und Präsenztermine. Letztere Vereinbarung erfolgt dabei vor dem Hintergrund der Frage, welche Lernziele von den Studierenden eigenständig in digitalisierten Formaten erreicht und welche weiterhin in der Begegnung und Auseinandersetzung vor Ort angesteuert werden müssen; in diesem Zusammenhang muss es dann bspw. darum gehen, solche Lehr-/Lernformate zu identifizieren, die insbesondere den reflektierten Umgang mit digitalen Medien fokussieren und ggf. eher der persönlichen Interaktion bedürfen.
- Setting: Bei allen Überlegungen ist die Frage zu berücksichtigen, unter welchen Bedingungen es sich um Einzelsettings handeln kann und unter welchen um sogenannte Social-Learning Formate bzw. kollaboratives Lernen.
- Interaktion: Während der Phasen des digital gestützten Lernens ist weiterhin die Möglichkeit eines Austausches zwischen Lehrkraft und Teilnehmenden oder auch der Peers untereinander zu bedenken.
- Interdisziplinarität: Insbesondere für sportlehrer*innenbildende Studiengänge sind Verschränkungen theoretisch-wissenschaftlicher Lehrveranstaltungen mit Praxisveranstaltungen konstitutiv. An dieser Stelle bieten sich disziplinübergreifende e-Learning Portale an.
- Tools: Im Rahmen des jeweiligen Lehrangebots kann über den Einsatz sogenannter Tools (z. B. Lernvideos, Podcasts, Apps, Serious Games oder Voting-Tools) entschieden werden, die das Lehren und Lernen unterstützen.
- Aufgaben- und Prüfungsformate: Technologiebasierte Aufgaben- und Prüfungsformate, sogenannte e-Assessments, müssen ebenso Eingang in die universitäre Lehre finden. Wie diese aussehen können, hängt dabei im Sinne einer stringenten Didaktisierung von Entscheidungen auf den anderen hier benannten Ebenen ab und wird zudem maßgeblich durch die Forderung nach kompetenzorientierten Prüfungsformaten bestimmt.
- Beratung und Feedback: Abschließend seien noch digitale Lernberatungsangebote und Feedback benannt, die bspw. gezielt zur Lernprozessbegleitung eingesetzt werden können; hier hält der digitale Fortschritt in den letzten Jahren eine Vielzahl an Angeboten bereit.
Für die Identifikation konkret geeigneter Lehr-/Lern- und Prüfungsformate im Rahmen der lehrer*innenbildenden Studiengänge an der DSHS Köln wird hochschulinterne und -externe Expertise benötigt. Denn auf den ersten Blick erweisen sich zwar bspw. herkömmliche Präsenz-Vorlesungen als geeignet für ein digitales Lehr-/Lernformat, auf den zweiten Blick scheint eine solche Modifikation im Sinne eines echten e-Learning Angebots jedoch keineswegs trivial, wie in Anbetracht der unterschiedlichen Entscheidungsebenen deutlich wird. Solche Entscheidungen bedeuten auch, das Potenzial der aktuellen e-Learning Plattform der DSHS Köln (Moodle) zu prüfen und möglichst auszuschöpfen sowie den Einsatz ergänzender digitaler Tools zu eruieren. Zudem sind neben eher technischen Entscheidungen die oben benannten Qualifikationsziele der Studierenden maßgeblich für die Konzeption der Angebote, die es auf den unterschiedlichen Ebenen systematisch zu berücksichtigen gilt. Die Abstimmung entsprechender Lehr-/Lern- und Prüfungsformate im Hinblick auf das Qualifikationsprofil legt somit ebenfalls externe Beratung und Unterstützung nahe, insbesondere vor dem Hintergrund der erforderlichen Adaptionen der Angebote durch unterschiedliche Lehrende.
Nochmals hervorgehoben sei an dieser Stelle die Notwendigkeit, auch medienethische und medienrechtliche Fragestellungen und Probleme zu thematisieren – und zwar sowohl auf Seiten der Dozierenden als auch auf Seiten der Studierenden mit Blick auf ihr späteres Berufsfeld. Unsicherheiten in diesen Bereichen sind als kontraproduktiv für eine nachhaltige Implementation digitaler Lehr-, Lern- und Prüfungsformate sowohl an Hochschule als auch an Schule anzusehen.
5. AUSBLICK
Für die Re-Konzeption des Qualifikationsprofils der lehrer*innenbildenden Studiengänge an der DSHS Köln werden neben umfangreichen Recherchearbeiten ebenso interne und externe Expertinnen und Experten herangezogen. Die nachfolgende Identifikation geeigneter Lehr-, Lern- und Prüfungsformate sowie die Überarbeitung der Modulhandbücher treiben die digitale Transformation der Studiengänge dabei ebenso voran wie die Evaluation des internen Fortbildungsbedarfs der lehrenden Kolleg*innen. Die Implementation entsprechender hochschuldidaktischer Fortbildungsveranstaltungen ist dabei ein wesentliches Ziel des Projektvorhabens, um eine systematische Überführung der Erkenntnisse auf die Lehrveranstaltungsebene sicherzustellen. Bestenfalls kann so auch ein Transfer auf weitere Studiengänge der DSHS Köln geleistet werden.
6. DANKSAGUNG
Das Projekt wird gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Kooperation mit dem Stifterverband und der Digitalen Hochschule NRW.
Dr. Petra Guardiera
arbeitet seit 2008 am Institut für Sportdidaktik und Schulsport der Deutschen Sporthochschule Köln. Zudem ist sie seit 2020 kommissarisch für die Geschäftsführung des Zentrums für Sportlehrer*innenbildung verantwortlich. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich sportpädagogischer und sportdidaktischer Fragestellungen im Kontext der Professionalisierung von Sportlehramtsstudierenden. Als Studiengangsleiterin für den Teilstudiengang Bildungswissenschaften im Lehramt umfasst eine wesentliche Aufgabe die zeitgemäße Weiterentwicklung der universitären Sportlehrer*innenbildung.
Dr. Helga Leineweber
arbeitet seit 2008 am Institut für Sportdidaktik und Schulsport der Deutschen Sporthochschule Köln. Als Studiengangsleiterin für die Lehramtsstudiengänge im Fach Sport beschäftigt sie sich u.a. mit der zeitgemäßen Weiterentwicklung der universitären Sportlehrer*innenbildung. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Professionalisierung von Lehrkräften sowie in sportpä-dagogischen und sportdidaktischen Fragestellungen mit Blick auf Heterogenität.
Dr. Daniel Klein
arbeitet seit 2013 als Lehrkraft für besondere Aufgaben am Institut für Sportdidaktik und Schulsport und ist Studiengangskoordinator der Bildungswissenschaften im Lehramtsstudium an der DSHS Köln. Seine Lehr- und Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der schulischen Bewegungs- und Gesundheitsförderung sowie der Teilhabe im Sportunterricht.
Till Stankewitz
hat seit 2017 als wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Zentrum für Sportlehrer*innenbildung, das Psychologische Institut und das Institut für Sportdidaktik und Schulsport gearbeitet. Seit 2021 arbeitet er in der Stabsstelle Akademische Planung und Steuerung in der Abteilung Digitalisierung in Studium und Lehre. Er bekleidet dort für die DSHS Köln eine der Netzwerkstellen des Landesportals für Studium und Lehre ORCA.nrw. Sein Schwerpunkt liegt in der Digitalisierung rund um die Lehre.
Dr. Monika Thomas
arbeitet seit 2016 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sportdidaktik und Schulsport und ist Studiengangskoordinatorin für die Lehramtsstudiengänge im Fach Sport an der DSHS Köln. Ihr Forschungsschwerpunkt bezieht sich auf Fragestellungen im Hinblick auf Heterogenität im Sportunterricht.
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