Interesse und Selbstkonzept von Lehramtsstudierenden mit dem Studienfach Sport
Britta Fischer, Hanna Raven, Jeannine Ohlert
DOI: 10.25847/zsls.2020.023
ZUSAMMENFASSUNG
Motivationale Faktoren haben eine zentrale Bedeutung für die Auswahl, Ausführung, Aufrechterhaltung und Regulierung von Handlungen und Verhalten. Eine wichtige Rolle im Hinblick auf Engagement und Motivation von Lehramtsstudierenden im Studium spielen in diesem Kontext das Interesse an den Studieninhalten und die diesbezüglichen Selbstkonzepte. In der vorliegenden Fragebogenstudie wurden 105 Studierende mit dem Studienfach Sport zu ihrem Interesse am Studienfach Sport und den Bildungswissenschaften sowie zu ihrem fachbezogenen und bildungswissenschaftlichen Selbstkonzept befragt. Die Ergebnisse weisen auf ein höheres Interesse sowie auf ein positiveres Selbstkonzept bezogen auf das Studienfach Sport im Vergleich mit den Bildungswissenschaften hin. Zudem zeigten sich Geschlechtereffekte: Das Interesse an beiden Studienbereichen war bei weiblichen Studierenden höher ausgeprägt als bei männlichen, außerdem waren die studienbereichsbezogenen Unterschiede bezogen auf die Selbstkonzepte bei weiblichen Studierenden geringer. Aus den Ergebnissen lassen sich Konsequenzen für die universitäre Lehrer*innenbildung ableiten.
Interest and self-concept of P.E. teacher trainees
Abstract: Motivational factors are of central importance for the selection, execution, maintenance and regulation of actions and behavior. It can therefore be concluded that an interest in the study content and the relevant self-concepts play an important role with regard to commitment and motivation of P.E. teacher trainees during their degree. In the present questionnaire-based study, 105 P.E. students studying sport were asked about their interest in the subject sport, educational science and in their subject-related and educational self-concept. The results indicate a higher level of interest and a more positive self-concept in relation to the subject physical education compared to the educational sciences. There were also gender effects: the interest in both fields of study was more pronounced among female students than among male students and the differences relating to self-concepts were lower among female students. Consequences for university teacher training can be derived from the results.
EINLEITUNG
Der studierendenseitige Erwerb von fachlichem wie von bildungswissenschaftlichem Professionswissen ist ein zentrales Ziel der universitären Lehrer*innenbildung. Inwiefern sich Studierende die entsprechenden Wissensbestände tatsächlich aneignen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Auf Seiten der angehenden Lehrkräfte dürften gemäß aktueller Modellvorstellungen zum Erwerb professioneller Kompetenz diesbezüglich nicht nur kognitive Fähigkeiten oder Merkmale der Persönlichkeit relevant sein, sondern auch motivationale Faktoren (Voss, Kunina-Habenicht, Hoehne & Kunter, 2015) wie das Interesse am Studienfach oder auch das fachbezogene Selbstkonzept. Ausgegangen wird davon, dass motivationale Orientierungen eine entscheidende Bedeutung für die Auswahl, Ausführung, Aufrechterhaltung und Regulierung von Handlungen und Verhalten haben (Gebauer, 2013).
Bei Lehramtsstudierenden kann vermutet werden, dass innerhalb ihres Zwei-Fächer-Studiums mit dem weiteren Studienbereich Bildungswissenschaften die motivationalen Faktoren nicht für alle drei Studienbereiche des Lehramts gleich ausgeprägt sind. Das Ziel dieser Arbeit war es daher, den Unterschied von Interesse und Selbstkonzept bei Lehramtsstudierenden zwischen dem Studienfach Sport sowie den fachübergreifenden Bildungswissenschaften unter Hinzunahme von möglichen Geschlechterunterschieden zu untersuchen. Letztgenanntes, weil insbesondere das Interesse und das Selbstkonzept bezüglich des bildungswissenschaftlichen Teilstudiengangs geschlechtsspezifischen Einflüssen unterliegen dürfte (Athenstaedt & Alfermann 2011). Der Beitrag erweitert bisherige empirische Befunde zum Interesse von angehenden Sportlehrkräften an den Inhalten der universitären Lehrer*innenbildung sowie zu ihren Selbstkonzepten (Rössler, Zimmermann, Bauer, Möller & Köller, 2013; Rösler, Zimmermann, Bauer, Möller & Retelsdorf, 2016), indem Studienbereiche verglichen werden. Da für das Fach Sport Wahlfreiheit besteht, jedoch nicht für den bildungswissenschaftlichen Studienanteil, sind Unterschiede im jeweiligen Interesse und Selbstkonzept erwartbar. Wigfield und Eccles (2000) zufolge basieren Wahlentscheidungen unter anderem auf Interesse und den Vorstellungen von den eigenen gegenstandsbezogenen Fähigkeiten.
Unterschiede in der quantitativen Ausprägung des studienbereichsspezifischen Interesses bzw. des Selbstkonzepts sind im Hinblick auf die professionelle Entwicklung angehender Sportlehrkräfte bedeutsam, da beide Faktoren zudem als Prädiktoren für die Nutzung der jeweiligen formellen universitären Lerngelegenheiten und den Kompetenzerwerb gelten. Spätere Sportlehrkräfte benötigen für die Bewältigung der im Beruf an sie gestellten Anforderungen beides sowohl fachbezogene wie auch allgemeine bildungswissenschaftliche Kompetenzen (KMK, 2019). Folglich kommt der universitären Lehrer*innenbildung die Aufgabe zu, sich mit Ansatzpunkten für die Förderung der Kompetenzentwicklung in den unterschiedlichen Studienbereichen auseinanderzusetzen. Ein unterschiedliches Ausmaß des Interesses und Selbstkonzepts stellt einen Ansatzpunkt hierfür dar, mit dem hochschuldidaktisch unterschiedliche Anforderungen einhergehen.
STUDIENINTERESSE UND SELBSTKONZEPT
Ein motivationales Konstrukt, das „direkt und indirekt mit der Qualität und den Effekten des Lernens in Zusammenhang“ (Müller, 2006, S. 53) gebracht wird, ist das Interesse einer Person. Krapp (1999, S. 396) definiert das Konstrukt Interesse im Rahmen der Person-Gegenstands-Theorie des Interesses als „[…] Beziehung einer Person zu und die Auseinandersetzung mit erfahrbaren Ausschnitten ihrer Umwelt.“ Interesse geht nach dieser Definition mit Bezug auf die Selbstbestimmungstheorie der Motivation nach Deci und Ryan (2000) eng mit hoher Selbstbestimmung und daher mit intrinsischer Motivation einher. Interessiert sich eine Person von sich aus für einen bestimmten Lerngegenstand, so wird sie sich damit identifizieren. Diese Identifikation führt zu einer hohen erlebten Selbstbestimmung in Bezug auf den Lerngegenstand und damit zu intrinsisch motiviertem Verhalten. Dieses stellt sowohl eine Bedingung für als auch das Ergebnis lebenslangen Lernens dar. In Bezug auf das Studieninteresse ist anzunehmen, dass diejenigen Studierenden, die sich für die Inhalte eines Studiums interessieren, mit höherer Wahrscheinlichkeit selbstständig (zusätzliche) universitäre Lehrveranstaltungsangebote nutzen werden.
Nach Krapp (2007) lassen sich drei zentrale Merkmalskomponenten von Interesse unterscheiden: die emotionale, die wertbezogene und die intrinsische Komponente. Die emotionale Merkmalskomponente bezieht sich auf mit dem Interessengegenstand verknüpfte positive Emotionen. „Etwas gerne tun“ geht im Sinne der Selbstbestimmungstheorie der Motivation (Deci & Ryan, 2000) mit der Befriedigung der drei psychologischen Grundbedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und Beziehung einher (Krapp, 2007). Die wertbezogene Merkmalskomponente von Interesse dagegen bezieht sich darauf, „dass der Interessengegenstand für die Person eine herausgehobene subjektive Bedeutung besitzt“ (Krapp, 1999, S. 399). Im Gegensatz zur emotionalen Komponente können hierbei rationale Entscheidungen eine zentrale Rolle spielen (Rustemeyer, 2011). Mit dem intrinsischen Charakter von Interesse wird ausgedrückt, dass sich die beiden Arten von Valenzen direkt auf den Gegenstand bzw. die Handlung beziehen. Sie treten aufgrund eines handlungsimmanenten Anreizes auf und nicht deshalb, „weil der Gegenstand mit anderen Sachverhalten in Verbindung steht, denen der eigentliche Wert und die positiven Gefühle zukommen“ (Schiefele, Krapp, Wild & Winteler, 1993, S. 337). Das Kriterium des intrinsischen Charakters schließt bezogen auf die Person jedoch nicht aus, dass „das Handlungsergebnis einen Nutzen außerhalb des aktuellen Tätigkeitsvollzugs erbringt, solange diese [...] Vergünstigungen [...] nicht als Kontrolle aufgefasst werden, die das Gefühl absolut autonomen Handelns beeinträchtigen“ (Krapp, 1992, S. 314-315). Im Hinblick auf den Gegenstand bedeutet „intrinsisch“, dass die Interessenshandlung sich auf Sachverhalte bezieht, die aus der Sicht des Individuums zum Gegenstandsbereich seines Interesses gehören.
Vor diesen theoretischen Annahmen ist davon auszugehen, dass das Interesse an Lerninhalten sowohl die Auswahl von Lernmöglichkeiten beeinflussen, als auch das Engagement in konkreten Lernsituationen (Ferdinand, 2014). So verweist auch Müller (2006) darauf, dass das thematische Interesse von Lernenden mit einer höheren Anstrengungs- und Lernbereitschaft sowie einer höheren Zielbindung oder Zielerreichung in Zusammenhang steht, es wirkt also motivational. Des Weiteren gibt es „empirische Evidenz dafür, dass Interesse mit einer stärkeren Elaboration und Verknüpfung aktueller Lerninhalte mit dem individuellen Vorwissen in Verbindung steht“ (Rösler et al., 2013, S. 26). Interesse geht demzufolge auch mit einer qualitativ hochwertigeren Verarbeitung von Lerninhalten einher. Obwohl dem professionsspezifischen Interesse somit eine hohe Relevanz für den Studienerfolg zugesprochen wird, fehlen weitgehend Studien, die sich speziell mit dem Studieninteresse von Lehramtsstudierenden als Interesse an den realen Inhalten universitärer Studiengänge auseinandersetzen (Rössler et al., 2013; Rösler et al., 2016).
Rösler und Kolleg*innen (2016, S. 92) äußern in Bezug auf das Studieninteresse, dass das fachliche und bildungswissenschaftliche Studium in der inhaltlichen Ausrichtung „deutlich voneinander getrennt [sind], sodass zu erwarten ist, dass Studierende diese Bereiche als verschiedene Studienumwelten erleben.“ Folglich sollte das Interesse nach Studienbereichen differenzierbar sein. Fragt man danach, welche domänenbezogenen Interessen Lehramtsstudierende aufweisen, dann ist es plausibel, dass diese ein hoch ausgeprägtes studienfachbezogenes Interesse haben, denn hinsichtlich der Fächerwahl besteht Entscheidungsfreiheit. Für Sportstudierende liegen diesbezüglich keine empirischen Befunde vor, jedoch verweisen Befunde zur Relevanz des fachlichen Interesses bei der Studienwahlmotivation im Sinne eines in das Studium mit eingebrachten Interesses auf günstige Interessensausprägungen hin (Fischer & Bisterfeld, 2015; Fischer, Holzamer & Meier, 2017). Rösler et al. (2016) konnten fachunspezifisch einen Zusammenhang zwischen fachlichem Eingangsinteresse und dem Interesse an den Inhalten des fachlichen Studiums zeigen. Gleichwohl ist das mit ins Studium eingebrachte fachliche Interesse nicht zwingend identisch mit den Inhalten des Studiums. Bei Sportstudierenden scheint oftmals das fachliche Eingangsinteresse vorrangig darin zu bestehen, selbst Sport zu treiben und weniger in der, im Studium verankerten, reflektierten, theoretischen Auseinandersetzung mit dem fachlichen Gegenstand Sport zu liegen (Weiß & Kiel, 2010). Während ihres Studiums sind Sportstudierende dann jedoch mit unterschiedlichen Lehr-Lernangeboten und Anforderungen konfrontiert. „Sie können und müssen ihre sportlichen Interessen vertiefen, ihr Bewegungsrepertoire erweitern und sich mit Erkenntnissen und Erkenntnisweisen unterschiedlicher sportwissenschaftlicher Disziplinen auseinandersetzen. Dabei sind [durchaus] zwei gegenläufige Entwicklungstendenzen erkennbar, nämlich einerseits eine bewegungskulturelle Zentralisierung und andererseits eine fachwissenschaftliche Dezentralisierung“ (Schierz & Miethling, 2017, S. 57). Im Hinblick auf das Interesse an den Studieninhalten sollten daher Lehramtsstudierende mit dem Unterrichtsfach Sport gesondert betrachtet werden.
In Bezug auf die bildungswissenschaftlichen Studien ist hinsichtlich des domänenbezogenen Interesses zu berücksichtigen, dass für dieses Studienelement keine Wahlfreiheit besteht. Da der Faktor der Autonomie nach der Selbstbestimmungstheorie der Motivation (Deci & Ryan, 2000) eng mit höherer Selbstbestimmung und somit auch mit dem Interesse verknüpft ist, kann vermutet werden, dass das Interesse für den bildungswissenschaftlichen Studienbereich bei Lehramtsstudierenden geringer ausgeprägt ist als das Interesse an den Wahlfächern. Allerdings verweisen Befunde zur Studienwahlmotivation darauf, dass sich angehende Sportlehrkräfte häufig nicht nur aufgrund des fachlichen Interesses, sondern auch aufgrund eines ausgeprägten pädagogischen Interesses für ein Lehramtsstudium entscheiden (Fischer & Bisterfeld, 2015; Fischer, Holzamer & Meier, 2017). Für dieses pädagogische Eingangsinteresse lässt sich für Lehramtsstudierende empirisch ein positiver Zusammenhang mit dem Interesse an den bildungswissenschaftlichen Inhalten des Studiums nachweisen. Anscheinend gibt es auch hier „eine gemeinsame Schnittmenge“ (Rösler et al., 2013, S. 37).
Für Studierende des Lehramts Sport wurde bislang jedoch noch nicht empirisch überprüft, inwiefern ein Unterschied im Grad des Interesses an den Studieninhalten zwischen den Bildungswissenschaften und dem Studienfach Sport besteht. Das Studieneingangsinteresse und damit die diesbezüglich vorliegenden Befunde legen bestimmte Annahmen nahe, jedoch ist zu berücksichtigen, dass das Interesse an den Inhalten der verschiedenen Teilstudiengänge des Lehramtsstudiums auch durch andere Faktoren (z.B. wahrgenommene Unterstützung psychologischer Grundbedürfnisse) beeinflusst wird (Rösler et al., 2016).
Gleichwohl deuten Befunde auch auf die Bedeutung des Geschlechts hin. Sie zeigen weiterhin, dass weibliche Studierende in der Regel ein stärker ausgeprägtes pädagogisches Studieneingangsinteresse haben als ihre männlichen Kommilitonen (Kiel & Pollak, 2011; Berweger, Kappler, Keck Frei & Bieri Buschor, 2015). Auch Fischer, Paul und Bisterfeld (2018) zeigen in diesem Kontext ein höheres pädagogisches Interesse von Frauen in einer Untersuchung von angehenden Sport- und Mathematiklehrkräften. Folglich sind geschlechtsspezifische Unterschiede bzw. Einflüsse in Bezug auf das Interesse am bildungswissenschaftlichen Studienbereich plausibel. Hierfür spricht auch die stärkere humanistische Orientierung von Frauen, welche ihren Ursprung vermutlich zumindest teilweise in gesellschaftlichen geschlechterstereotypen Zuschreibungen hat (Athenstaedt & Alfermann 2011; Eagly Wood & Diekmann, 2000; Fiske, Cuddy, Glick & Xu, 2000). Jedoch wurde bislang ein diesbezüglicher Geschlechterunterschied nicht für Studierende des Lehramts Sport untersucht. Hiermit gingen jedoch Konsequenzen zur Förderung der professionellen Entwicklung zukünftiger Sportlehrkräfte einher, insbesondere für jene Studiengänge, die (klassischerweise) über einen hohen Anteil an Männern verfügen.
SELBSTKONZEPT
Ein weiteres wichtiges motivationales Konstrukt im Zusammenhang mit Lernqualität und -effekten ist das Selbstkonzept. Selbstkonzepte beschreiben mentale Repräsentationen im Sinne von „Vorstellungen, Einschätzungen und Bewertungen, die die eigene Person betreffen […]“ (Möller & Trautwein, 2015, S. 178). Darüber hinaus wird für Selbstkonzepte diskutiert, ob sie neben kognitiv-evaluativen auch affektive Elemente beinhalten (Möller & Köller, 2004).
Selbstkonzepte gelten wie das Studieninteresse als domänenspezifisch (Retelsdorf, Bauer, Gebauer, Kauper & Möller, 2014). Auch für dieses Konstrukt ist von einem Geschlechterunterschied auszugehen. Dies deshalb, weil Befunde zu Selbstkonzepten von Studierenden im Bereich Erziehung und Beratung auf Geschlechterunterschiede in der Ausprägung des bildungswissenschaftlichen Selbstkonzepts hinweisen (Retelsdorf et al., 2014). Für einen Geschlechterunterschied sprechen auch die Ergebnisse von Mummendey, Albers und Sturm (1985).
Zudem wird ein Zusammenhang zwischen dem Selbstkonzept und dem Interesse postuliert. So dürfte das Selbstkonzept das Studieninteresse von Sportstudierenden über die Wertkomponente des Interesses beeinflussen: Ein positives domänenbezogenes Selbstkonzept führt dazu, dass das Individuum die Auseinandersetzung mit Aufgaben in diesem Bereich als emotional positiver erlebt und diesen Bereich wichtiger findet. Diese Wertzuschreibung motiviert „die Person zur Auseinandersetzung mit dieser Domäne“ (Möller & Trautwein, 2015, S. 195).
Theoretisch ist daher anzunehmen, dass zwischen dem Selbstkonzept in Bezug auf die Studienfächer sowie Bildungswissenschaften und dem Interesse an den jeweiligen Gegenstands- bzw. Studienbereichen ein positiver Zusammenhang existiert (Hellmich & Janke-Klein, 2008; Möller & Trautwein, 2015). Befunde aus den schulischen Bereichen, die den Zusammenhang von Interesse und Selbstkonzept domänenbezogen untersucht haben, unterstützen diese Vermutung (Marsh et al., 2005; Gogoll, 2010). Für angehende Sportlehrkräfte liegen hierzu jedoch noch keine Ergebnisse vor.
Die Zielsetzung der vorliegenden Studie besteht darin, das Interesse am Studienfach Sport sowie an Bildungswissenschaften von angehenden Sportlehrkräften sowie ihre studienbereichsbezogenen Selbstkonzepte zu erheben. In Anlehnung an bestehende Befunde zum Studieneingangsinteresse (Fischer, Holzamer & Meier, 2017) wird angenommen, dass (1) das Interesse am Studienfach Sport höher ausgeprägt ist, als das Interesse an den Bildungswissenschaften. Hinsichtlich der studienbereichsbezogenen Selbstkonzepte ist aufgrund der sportbezogenen Lebensbiografie angehender Sportlehrkräfte sowie der vergleichsweise guten Prüfungsnoten im Studium in der Regel (2) von eher einem positiv ausgeprägten Selbstkonzept für das Studienfach Sport auszugehen, während das Selbstkonzept im Bereich Bildungswissenschaften weniger ausgeprägt sein sollte. Weiterhin werden aufgrund der vorliegenden Studienergebnisse geschlechtsspezifische Unterschiede sowohl (3) beim Interesse an den Bildungswissenschaften als auch (4) beim diesbezüglichen Selbstkonzept in dem Sinne erwartet, dass weibliche Studierende ein höheres Interesse sowie positiveres Selbstkonzept zeigen sollten als männliche. Erwartet wird zudem (5) ein Zusammenhang zwischen dem Interesse an den jeweiligen Studieninhalten und dem entsprechenden Selbstkonzept.
METHODE
Teilnehmende
Befragt wurden 105 Sportstudierende eines Universitätsstandorts, die im Durchschnitt seit 4.4 Semestern (SD = 1.0) einen Bachelorstudiengang mit dem Ziel Lehramt studierten. Ausgewählt wurden bewusst Studierende eines höheren Semesters, um die Gefahr der Erhebung des Studieninteresses als Interesse an rein antizipierten Studieninhalten zu reduzieren. Das Alter der Studierenden lag zwischen 19 und 28 Jahren (M = 22.3 Jahre, SD = 1.8). Die Mehrheit von ihnen studierte für ein Lehramt Gymnasium/Gesamtschule (64 %) und war männlich (58 %).
Instrumente
Interesse. Zur Erfassung des fachlichen Interesses wurde auf Skalen aus der Palea-Studie zurückgegriffen (Kauper, Retelsdorf, Bauer, Rösler, Möller, & Prenzel, 2012). Die Skala deckt die drei theoretisch zu differenzierenden Inhaltsmerkmale von Interesse auf insgesamt sechs Items ab, jedoch werden diese Faktoren in der empirischen Auswertung in der Regel nicht unterschieden. Die Skala wurde gegenüber der Palea-Studie insofern modifiziert eingesetzt, als nicht nach Studienfächern allgemein, sondern jeweils gezielt nach einem konkreten Studienbereich (Sport, Bildungswissenschaften) gefragt wurde. Zur Beantwortung wurde eine vierstufige Likert-Skala (1 = trifft überhaupt nicht zu, 4 = trifft völlig zu) verwendet. Das Cronbachs Alpha für die vorliegende Stichprobe lag für Fragen zum Studienfach Sport bei gerade noch akzeptablen .60 (Bühner, 2011), für die Fragen zu Bildungswissenschaften bei .88.
Selbstkonzept. Die Erhebung des Selbstkonzeptes erfolgte ebenfalls mittels einer Skala aus der Palea-Studie (Kauper et al., 2012). Diese erfasst über vier Items die kognitiv-evaluativen Elemente des Selbstkonzeptes. Auf diese Weise kann eine eindeutige Trennung zum Konstrukt des Interesses vorgenommen werden (Retelsdorf et al., 2014). Die Beantwortung erfolgte ebenfalls auf einer vierstufigen Likert-Skala (1 = trifft überhaupt nicht zu, 4 = trifft völlig zu). Auch diese Skala wurde gegenüber der Palea-Studie modifiziert eingesetzt, und nicht nach Studienfächern allgemein, sondern jeweils gezielt nach einem konkreten Studienbereich (Sport, Bildungswissenschaften) gefragt. Für die vorliegende Stichprobe lag das Cronbachs Alpha bei den Fragen zum Studienfach Sport bei .60, für die Bildungswissenschaften bei .80.
Durchführung
Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen verschiedener regulärer Unterrichtsveranstaltungen eines Universitätsstandorts mittels eines papierbasierten Fragebogens und wurde während der Unterrichtszeit als Befragung in einer Gruppensituation durchgeführt. Die Teilnehmenden wurden darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an der Studie freiwillig sei, dass sie die Beantwortung des Fragebogens jederzeit unterbrechen könnten und dass die Nichtteilnahme keine negativen Konsequenzen haben würde. Die Teilnehmenden erhielten keinerlei Vergütung für ihre Studienteilnahme.
DATENANALYSE
Alle Daten wurden in das Statistik-Analyseprogramm SPSS 24 eingegeben. Alle weiteren Analysen fanden mit diesem Programm statt. Die Skalenwerte für Interesse und Selbstkonzept wurden jeweils über Mittelwerte errechnet. Zur Analyse des Zusammenhangs zwischen fachspezifischem Interesse und Selbstkonzept wurden Korrelationen nach Pearson verwendet. Zur Überprüfung der Unterschiedshypothesen wurde eine multivariate Varianzanalyse mit Messwiederholung berechnet (Messwiederholungsfaktor: Studienbereich; unabhängige Variable: Geschlecht; abhängige Variablen: Interesse und Selbstkonzept).
Da es sich um eine Gelegenheitsstichprobe handelte, wurde keine a priori-Poweranalyse zur Berechnung der notwendigen Stichprobengröße durchgeführt. Die a posteriori durchgeführte Poweranalyse ergab für den signifikanten Haupteffekt des Studienbereichs bei der vorliegenden Fallzahl und gegebenen Effektstärke eine Power von 1.0.
ERGEBNISSE
Mittelwerte, Standardabweichungen sowie Interkorrelation der Konstrukte
Insgesamt zeigten die Mittelwerte bei allen erfassten Konstrukten Werte im mittleren bis oberen Bereich der verwendeten Skalen (siehe Tabelle 1). Zudem ist festzustellen, dass die Standardabweichung vergleichsweise gering ausfiel und nur beim Interesse für die Bildungswissenschaften etwas höher lag als für die anderen Konstrukte.
Bei den Korrelationen zwischen den Variablen (siehe Tabelle 2) ergaben sich wie erwartet mittlere Zusammenhänge zwischen dem Interesse am jeweiligen Studienbereich und dem bereichsspezifischen Selbstkonzept. Weiterhin korrelierten auch die Selbstkonzepte zu den beiden erfassten Bereichen mit mittlerer Größenordnung. Etwas niedriger lagen die Korrelation der beiden Interessensbereiche sowie der Zusammenhang zwischen Selbstkonzept Bildungswissenschaften und Interesse am Studienanteil Sport. Für das Selbstkonzept bezüglich des Studienfachs Sport sowie das Interesse an den Bildungswissenschaften ergab sich kein Zusammenhang.
Studienbereichsbezogene und geschlechtsbezogene Unterschiede
In der multivariaten Varianzanalyse mit Messwiederholung ergab sich zunächst auf der multivariaten Ebene nach Hotelling-Spur-Kriterium ein signifikanter Haupteffekt des Studienbereichs mit einer hohen Effektstärke (Sport vs. Bildungswissenschaften; F(2,100) = 144.07, p < .001, η²(part) = .74). Der Haupteffekt des Geschlechts wurde ebenso wenig signifikant (F(2,100) = 2.75, p = .069, η²(part) = .05) wie die Interaktion Studienbereich * Geschlecht (F(2,100) = 2.36, p = .099, η²(part) = .05).
Auf univariater Ebene konnte nach Huynh-Feldt-Korrektur für das Interesse zunächst ein signifikanter Haupteffekt des Studienbereichs mit hoher Effektstärke gefunden werden (F(1,101) = 243.55, p < .001, η²(part) = .71), wobei das Interesse für das Studienfach Sport signifikant höher war als für die Bildungswissenschaften. Gleichzeitig ließ sich ein signifikanter Geschlechtereffekt (geringe Effektstärke) nachweisen (F(1,101) = 5.34, p = .023, η²(part) = .05), denn weibliche Studierende zeigten ein höheres Interesse an beiden Studienbereichen als männliche. Die Interaktion wurde nicht signifikant (F(1,101) = 2.17, p = .144).
Bezüglich des Selbstkonzepts konnte auf univariater Ebene der Haupteffekt des Geschlechts nicht gefunden werden (F(1,101) = 0.20, p = .656). Signifikant wurde auch hier der Haupteffekt des Studienbereichs mit hoher Effektstärke (F(1,101) = 203.92, p < .001, η²(part) = .67), wobei ebenso wie beim Interesse das Selbstkonzept für Sport positiver ausgeprägt war als das Selbstkonzept für die Bildungswissenschaften. Zusätzlich ergab sich beim Selbstkonzept ein signifikanter Interaktionseffekt Studienbereich * Geschlecht (F(1,101) = 4.64, p = .034, η²(part) = .04; geringe Effektstärke). Um zu überprüfen, durch welche Effektkonstellation sich der signifikante Interaktionseffekt ergibt, wurden anschließend zwei T-Tests durchgeführt. Es ergab sich ein signifikanter Unterschied in der Differenz der Selbstkonzepte zwischen weiblichen und männlichen Studierenden. Bei männlichen Studierenden ergab sich im Durchschnitt ein Unterschied zwischen den beiden Selbstkonzepten von 0.72 Skalenpunkten (SD = 0.46), während er bei weiblichen Studierenden signifikant geringer war mit 0.53 Skalenpunkten (SD = 0.41; t(101) = 2.15, p = .034, d = 0.43).
DISKUSSION
Ziel der vorliegenden Studie war es, das Interesse und Selbstkonzept von Studierenden des Lehramts Sport bezogen auf das Studienfach Sport sowie die Bildungswissenschaften zu erfassen. Weiterhin sollten Geschlechtsunterschiede analysiert werden. Entsprechend der Erwartungen wurde bei den Studierenden ein höheres Interesse sowie ein positiveres Selbstkonzept bezogen auf das Fach Sport im Vergleich mit den Bildungswissenschaften gefunden. Nicht erwartet war hingegen die Tatsache, dass weibliche Studierende sowohl für das Fach Sport als auch für die Bildungswissenschaften ein höheres Interesse zeigten als männliche Studierende. Zuletzt ergab sich, dass der Unterschied in den Selbstkonzepten für die beiden untersuchten Teilstudiengänge bei männlichen Studierenden höher ausgeprägt war als bei weiblichen.
Die korrelativen Befunde der vorliegenden Studie zeigen zunächst erwartungskonform einen Zusammenhang zwischen den beiden Konstrukten Interesse und Selbstkonzept. Diese ist im mittleren Bereich angesiedelt, sodass sich die beiden Konstrukte trotz des Zusammenhangs konzeptuell voneinander trennen lassen. Auffällig ist bei den korrelativen Befunden die Höhe des Zusammenhangs zwischen den Selbstkonzepten, insbesondere im Vergleich zum Studieninteresse. Retelsdorf et al. (2014), die ebenfalls Selbstkonzepte erfasst haben, fanden zwischen dem fachlichen Selbstkonzept (als generalisiertes Selbstkonzept über die studierten Unterrichtsfächer) und verschiedenen berufsbezogenen Selbstkonzepten (Erziehung, Diagnostik, Innovation, Medien und Beratung) deutlich geringere Korrelationen (zwischen .13 und .26). Möglicherweise ist hierfür ein Standortspezifikum ursächlich. An der Universität, an der die Befragung durchgeführt worden ist, sind die Lehrenden der sportwissenschaftlichen Theorieveranstaltungen nicht selten auch in den Bildungswissenschaften tätig. Erwartbar ist es deshalb, dass Theorie-Praxisbezüge bildungswissenschaftlicher Inhalte oftmals anhand von Lehr-Lernsituationen im Sportunterricht hergestellt werden. Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen dem Interesse an den verschiedenen Studienbereichen, dem fachlichen Interesse und dem pädagogischen Interesse, fanden Schiefele, Streblow und Retelsdorf (2013) bei einer Befragung von Lehrkräften einen ähnlichen Zusammenhang wie in der vorliegenden Studie (.22).
Dass Frauen insgesamt ein höheres Interesse an den bildungswissenschaftlichen Anteilen ihres Lehramtsstudiums haben als Männer, lässt sich möglicherweise dadurch erklären, dass Frauen im Durchschnitt eine höhere pädagogische Orientierung attestiert wird als Männern, welche sich auch bei Lehramtsstudierenden niederschlägt. Postuliert wird, „dass für Frauen der Umgang mit Menschen und die humanistische Zielsetzung, die der Hilfe und Betreuung von Menschen zugrunde liegt, eine hohe Bedeutung hat […]“ (Athenstaedt und Alfermann 2011, S. 10). Hierfür sprechen auch Befunde zur Studienwahlmotivation für die Aufnahme eines Lehramtsstudiums, die für ein höheres pädagogisches Eingangsinteresse von Frauen sprechen (Fischer, Paul & Bisterfeld, 2019). Für dieses pädagogische Eingangsinteresse widerherum lässt sich empirisch ein positiver Zusammenhang mit dem Interesse an den bildungswissenschaftlichen Inhalten des Studiums nachweisen (Rösler et al., 2013).
Der weitere Befund, dass Frauen im Vergleich zu Männern auch ein höheres Selbstkonzept bezüglich der Bildungswissenschaften haben, steht in Einklang mit den Befunden von Retelsdorf et al. (2014). Die Autoren konnten bedeutsame Unterschiede hinsichtlich der Selbstkonzepte „Erziehung und Beratung“ zugunsten von weiblichen Lehramtsstudierenden finden. In die gleiche Richtung deutet der gefundene Interaktionseffekt, denn bei den weiblichen Studierenden unterscheiden sich die Selbstkonzepte für Sport und Bildungswissenschaften nicht so stark wie für ihre männlichen Pendants. Der Effekt lässt sich hierbei ausschließlich über die Geschlechterunterschiede im auf die Bildungswissenschaften bezogenen Selbstkonzept erklären, denn bei den männlichen Studierenden ist dieses deutlich geringer ausgeprägt als bei den weiblichen Studierenden, während die Selbstkonzepte hinsichtlich des Studienbereichs Sport auf dem gleichen Niveau liegen. Dies ist insofern von Relevanz, als beispielsweise Erziehen und Beraten fachübergreifende Anforderungen an Lehrkräfte darstellen; die diesbezüglichen Kompetenzen sollen im Rahmen des bildungswissenschaftlichen Studiums entwickelt werden (KMK, 2019). Inwiefern hier das Interesse bedeutsam für die quantitative Ausprägung des Selbstkonzeptes ist, kann aufgrund des querschnittlichen Designs der Studie nicht beantwortet werden. Denkbar sind reziproke Beziehungen (Marsh et al., 2005).
LIMITATIONEN
Bei den Befunden ist einschränkend zu berücksichtigen, dass diese auf einer kleinen und standortspezifischen Stichprobe basieren. Des Weiteren lag die interne Konsistenz der eingesetzten Skala für das Interesse am Studienbereich Sport bei Cronbachs Alpha Werten von lediglich .60. Dies hängt möglicherweise mit der Frage nach der Generalität von Konstrukten zusammen. Beispielsweise stellt sich für das Studieninteresse hier die Frage, inwiefern sich das Interesse der Studierenden an den Inhalten ihres Sportstudiums auf die Domäne (breiter thematischer Bereich) oder nur auf einen Ausschnitt desselben bezieht. Hier kann angenommen werden, dass das Studium des Faches Sport eine Besonderheit gegenüber vielen anderen Fächern aufweist. Neben sogenannten Theorieveranstaltungen in der Fachwissenschaft und der Fachdidaktik enthalten die curricularen Vorgaben zudem auch Lehrveranstaltungen im Bereich der Sportarten und Bewegungsfelder; sogenannte sportpraktische Veranstaltungen. Geprüft werden sollte, ob ein für das Studienfach Sport differenzierter Fragebogen entlang der drei genannten Bereiche des fachlichen Studiums geeigneter ist, um das Studieninteresse von Lehramtsstudierenden in diesem Studienbereich angemessen zu erfassen. Damit einher geht die Frage, ob Sportstudierende diese als unterschiedliche Anteile ihres (Sport-)Studiums wahrnehmen. Die in der universitären Lehrer*innenbildung getroffene Unterscheidung zwischen Fachwissenschaft und Fachdidaktik ist unter der Berücksichtigung der Besonderheit von Lehrveranstaltungen im Bereich von Sportarten und Bewegungsfeldern durchaus problematisch. So werden in Letztgenannten u.a. sowohl fachdidaktische wie fachwissenschaftliche Wissensbestände vermittelt. Durch den spezifischen Ort des Lehr-Lernsettings (Sportstätte) und die Möglichkeit, dass die Studierenden ihrem Wunsch nachkommen können, neue Sportarten kennen zu lernen und sich eigenmotorisch zu verbessern, besteht gleichwohl die Problematik, dass Studierende dieses Studienelement in Abgrenzung zu sogenannten Theorieveranstaltungen wahrnehmen könnten. Auch für das Selbstkonzept zeigt sich eine eher geringe interne Konsistenz. Möglicherweise sind die Items auch hier zu global formuliert und berücksichtigen die Spezifität eines Sportstudiums nicht hinreichend.
KONSEQUENZEN FÜR DIE PRAXIS
Mit dem geringeren Interesse angehender Sportlehrkräfte an den Bildungswissenschaften gehen erste zumindest standortspezifische Konsequenzen für die universitäre Lehrer*innenbildung einher. Diese ist gefordert, sich mit Ansatzpunkten zur Förderung des Interesses an diesem Studienbereich auseinanderzusetzen, denn das Interesse an bestimmten Studieninhalten ist nicht nur eine Voraussetzung für, sondern auch eine Folge von universitären Bildungsprozessen. Vergleichbares gilt auch für das Selbstkonzept – hier sollte der Fokus vor allem auf den männlichen Studierenden liegen.
Gemäß der Personen-Gegenstands-Theorie beeinflussen Anreize bzw. Intentionen sowie Emotionen kurzfristig das Zuwendungs- und Vermeidungsverhalten und führen über die Zeit zu dispositionalen Präferenzen und Aversionen. Für Chen, Xihe, & Ang (2014) sind damit „novelty, challenge, attention demand, exploration, and instant enjoyment […]“ (p. 470) bedeutsame Ansatzpunkte für die Förderung des Interesses allgemein und damit auch des Interesses an den Bildungswissenschaften. Rustemeyer (2011) verweist auf die Bedeutung der Wahrnehmung der Nützlichkeit. Selbstkonzepte lassen sich fördern, indem beispielsweise individuelle Lernfortschritte sichtbar gemacht werden und in Lehr-Lernsituationen verschiedene Formen der Prädikatenzuweisung adäquat berücksichtigt werden (Möller & Trautwein, 2015). Grenzen hinsichtlich der Förderung des (domänenbezogenen) Selbstkonzepts ergeben sich sicherlich durch die oft ungünstigen Bedingungen an einer Massenuniversität: Insbesondere das Format der Vorlesung, aber auch Seminare mit sehr hohen Teilnehmerzahlen erschweren es den Dozierenden, selbstkonzeptfördernde Maßnahmen umzusetzen. Hier könnte die Digitalisierung der universitären Lehre mit ihren vielseitigen Möglichkeiten über individuelle Rückmeldungen für die Studierenden eine sinnvolle Ergänzung sein. Darüber, inwieweit solche hier nur angedeuteten Studienbedingungen ihrerseits jedoch tatsächlich (distale) Prädiktoren für das Selbstkonzept und das Studieninteresse sind, kann nur spekuliert werden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die vorliegende Studie Anlass dazu gibt, anzunehmen, dass Sportstudierende mit dem Berufsziel Lehrkraft an einer Schule über ein höheres Studieninteresse und ein positiveres Selbstkonzept für das Studienfach Sport verfügen als für die Bildungswissenschaften. Dies legt für die Lehrer*innenbildung nahe, spezifische theorie- und empiriebasierte (hochschuldidaktische) Maßnahmen zur Förderung des Interesses vor allem an den bildungswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen und des diesbezüglichen Selbstkonzepts aufzugreifen. Sollten sich die Befunde in weiteren Studien bestätigen, dann ist hierbei zu berücksichtigen, dass die studiengangsbezogenen Unterschiede für das Selbstkonzept bei männlichen Studierenden deutlich ausgeprägter sind.
Abele, A. E. (2003). Geschlecht, geschlechtsbezogenes Selbstkonzept und Berufserfolg. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 34(3), 161–172. https://doi.org/10.1024//0044-3514.34.3.161
Athenstaedt, U. & Alfermann, D. (2011). Geschlechterrollen und ihre Folgen. Eine sozialpsychologische Betrachtung. Stuttgart: Kohlhammer.
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