Kompetenzorientierte Sportlehrkräftebildung am Beispiel Gesundheit
Ulrike Röger-Offergeld, Silke Kirsch, Ralf Sygusch
DOI: 10.25847/zsls.2020.026
ZUSAMMENFASSUNG
Für den Bereich der universitären Sportlehrkräftebildung an deutschen Hochschulen liegt bislang kein bildungswissenschaftlich anschlussfähiges Kompetenzmodell vor, das eine systematische Basis für die methodisch-didaktische Gestaltung und empirische Analyse von Kompetenzentwicklung ermöglicht. Im vorliegenden Beitrag wird dieser Aspekt aufgegriffen. Am Beispiel von zwei universitären sportpraktischen Lehrveranstaltungen zum Thema Gesundheit im Sportunterricht wird gezeigt, wie Lehr-Lernprozesse von Studierenden kompetenzorientiert strukturiert und ausgestaltet werden können. Dies erfolgt theoriegeleitet auf der Basis eines Entwurfs zur Kompetenzorientierung im Sport (EKSpo). Dabei wird an vorliegende Modelle professioneller Handlungskompetenz angeknüpft. Die beiden Fallbeispiele wählen auf der Inhaltsebene von EKSpo einzelne objektive und subjektive Gesundheitsthemen der Sportlehrkräftebildung aus und verbinden diese mit den Bewegungsfeldern Bewegen im Wasser und Bewegung gestalten. Entlang der Aktivitätsdimension des Modellentwurfs werden jeweils Lernziele und –aufgaben formuliert. Schlussfolgernd ermöglicht EKSpo u.a. die Verortung von für die Sportlehrkräftebildung relevanten sportwissenschaftlichen und sportdidaktischen Wissensbereichen sowie deren weitere Spezifizierung bezüglich verschiedener Bewegungsfelder und Teildisziplinen unseres Faches.
Competence-oriented sports teacher training using the example of health
Abstract For the topic of physical education teacher education (PETE) in Germany, there is no commonly known theoretical model that is based on educational science and provides a systematic basis for the methodological-didactic design and empirical analysis of the development of physical education (PE) teachers` professional competence. In this paper this aspect is addressed. Based on the example of two practical university courses on the topic of health in PE, it is shown how teaching-learning processes of PE students can be structured and designed in a competence-oriented way. This is done theory-based on a draft for competence orientation in sports (EKSpo), referring to existing models of teachers’ professional knowledge. The two case studies select objective and subjective health topics of PETE on the content level of EKSpo and connect them to swimming and gymnastics. Learning objectives and tasks are formulated based on the activity dimension of the model. In conclusion, EKSpo e.g. enables to locate sports science and sports didactic knowledge areas relevant for PETE as well as their further specification with regard to different PE areas and sub-disciplines.
1 EINLEITUNG
Mit der Bologna-Erklärung im Jahre 1999 (vgl. HRK, 2006) wurde eine deutliche Umstrukturierung der deutschen und europäischen Hochschullandschaft angestoßen. Kernziel der Reform ist die Vereinheitlichung des europäischen Hochschulsystems, bei der es letztlich auch darum geht, Studiengänge innerhalb der europäischen Hochschullandschaft durch Bachelor- und Masterabschlüsse anzugleichen. Wesentliche Basis dafür bildet die Formulierung von fach- bzw. disziplinspezifischen Bildungsstandards, d.h. Erwartungen, was Studierende in einem bestimmten Fach zu einem bestimmten Zeitpunkt wissen und können. Diese werden auf der Basis wissenschaftlicher Kompetenzmodelle formuliert (vgl. Baumert & Kunter, 2011). Dabei besteht insgesamt weitgehende Übereinstimmung darüber, „dass Wissen und Können (...) zentrale Komponenten der professionellen Handlungskompetenz von Lehrkräften darstellen“ (Baumert & Kunter, 2006, S. 481).
Neben diesen internationalen bildungspolitischen Ausgangspunkten erscheint aus bildungswissenschaftlicher und hochschuldidaktischer Sicht ein weiterer Aspekt dieses Umstrukturierungsprozesses noch wesentlich relevanter: Mit Kompetenzorientierung ist auch ein Wandel der Lehr-Lernkultur an Hochschulen verbunden, welcher international als Shift from Teaching to Learning umschrieben wird (vgl. Wildt, 2004). Gemeint ist ein Paradigmenwechsel von einer Lehr- hin zu einer Lernkultur, bei dem der Anspruch besteht, dass die Gestaltung von Lehr-Lernsituationen verstärkt vom Lernprozess der Lernenden ausgeht und deren Kompetenzentwicklung im Vordergrund steht (vgl. u.a. Terhart, 2001).
Im vorliegenden Beitrag wird diese Diskussion aufgegriffen. Am Beispiel von zwei universitären sportpraktischen Lehrveranstaltungen zum Thema Gesundheit im Sportunterricht wird gezeigt, wie Lehr-Lernprozesse von Studierenden auf Basis eines konkreten Modellentwurfs zur Kompetenzentwicklung in der Sportlehrkräftebildung strukturiert und ausgestaltet werden können.
Um diese Zielsetzung verfolgen und das eigene Vorgehen einordnen und kritisch bewerten zu können, wird im Folgenden zunächst ein kurzer Überblick über Ansätze der Professionalisierung und Kompetenzorientierung in der (Sport-)Lehrkräftebildung gegeben (Kap. 2). Daran anschließend wird ein Modellentwurf zur Kompetenzentwicklung in der Sportlehrkräftebildung knapp skizziert, der – wie gezeigt wird – auf bestehende Ansätze zur Professionalisierung aufbaut (Kap. 3). Daraufhin wird dargelegt, wie dieser Entwurf in Bezug auf die Strukturierung und Ausgestaltung von zwei universitären Lehrveranstaltungen zum Thema Gesundheit im Sportunterricht zur Anwendung kommt (Kap. 4).
2 PROFESSIONALISIERUNGSANSÄTZE IN DER (SPORT-)LEHRKRÄFTEBILDUNG
Im Kontext der Professionalisierung in der Lehrkräftebildung existieren eine Reihe von Kompetenz- und Standardmodellen, die einen sehr unterschiedlichen Grad an wissenschaftlicher Fundierung aufweisen (Terhart, 2001; Reichhart, 2018). Bei der Gegenüberstellung und Diskussion verschiedener Modelle der Professionalisierung in der Lehrkräftebildung (u.a. Pädagogisch-Psychologisches Kompetenzmodell nach Oser, Mehrdimensionales Modell der Lehrkräftebildungsstandards nach Terhart) kommt Reichart (2018) zum Schluss, dass das „Modell professioneller Handlungskompetenz“ nach Baumert und Kunter (2006) – das im Zuge des Forschungsprogramms COACTIV zunächst exemplarisch für den Mathematikunterricht entwickelt wurde – die meisten Vorzüge aufweisen kann. Begründet wird dies beispielsweise damit, dass dem Modell ein expliziter und fundierter theoretischer Handlungsrahmen zugrunde liegt, Lehrkräftekompetenzen in breiter Form berücksichtigt werden und dennoch konkrete Kompetenzfacetten beinhaltet sind. Hervorgehoben wird insbesondere, dass Anschlussmöglichkeiten für die Übertragung auf verschiedene Fachbereiche bestehen.
Die Möglichkeit der Übertragbarkeit von COACTIV wurde im Rahmen des groß angelegten Forschungsprojekts FALKO (Krauss, Lindl, Schilcher, Fricke, Göhring, Hofmann, Kirchhoff & Mulder, 2017) überprüft, in dem das Modell im Hinblick auf seine Generalisierbarkeit für weitere Fachbereiche untersucht wurde. Die Forschergruppe kam zum Schluss, dass es insgesamt gelungen ist, interdisziplinäre Vergleichbarkeit bei gleichzeitiger domainspezifischer Operationalisierung herzustellen (ebda, S. 413). Speziell für das Fach Musik – einem ähnlich ästhetisch-expressiv ausgelegten Fach wie dem Sport – ergab sich beispielsweise, dass domainspezifisch relevante Teilaspekte professionellen Wissens von Musiklehrkräften abgebildet und messbar gemacht werden konnten. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wurde in FALKO nicht erhoben, da dies aufgrund der Breite der angelegten Studie kaum möglich war (Puffer & Hofmann, 2016). Auch die Konstruktion eines fachbezogenen Professionswissenstests für Religionslehrkräfte wurde insgesamt als gelungen eingestuft (Krauss et al., S. 327).
Im Modell professioneller Handlungskompetenz wird für die Phase des Studiums (I. Phase der Lehrkräftebildung) die Entwicklung von professionellen Wissens (Professionswissen) als zentraler Bestandteil professioneller Kompetenz hervorgehoben. Professionswissen wird – angelehnt an Shulman (1986) – unterschieden in allgemeines pädagogisches Wissen, Fachwissen und fachdidaktisches Wissen. Daneben werden mit Werten und Überzeugungen, Motivation sowie Selbstregulation weitere Aspekte professioneller Kompetenz integriert (Baumert et al. 2011, S. 32). Domänenübergreifend zeigen empirische Belege, dass „ein stark ausgeprägtes Professionswissen (…) als erklärungsmächtigster Faktor identifiziert wurde“ (Heemsoth, 2016, S. 44). Dabei bilden nach Shulman (1986) Fachwissen (Hintergrundwissen zu schulcurricularen Fachinhalten) und fachdidaktisches Wissen (Wissensbestandteile, die für das Unterrichten schulcurricularer Fachinhalten benötigt werden) die zentralen Kategorien eines Faches (Krauss et al., 2017).
In der COACTIV-Studie werden vier Wissensformen unterschieden, die für die Kompetenzentwicklung angehender Lehrkräften eine unterschiedliche Relevanz einnehmen: Ausgangspunkt ist (1) das Alltagswissen von Erwachsenen, als grundlegender Minimalstandard wird (2) die Beherrschung des Schulstoffes auf einem zum Ende der Schulzeit erreichten Niveau angelegt, darauf baut (3) ein profundes Verständnis der zu unterrichtenden Sachverhalte sowie schließlich (4) akademisches Forschungswissen auf. Als Referenz für das Wissen von Fachlehrkräften wird Niveaustufe (3) betrachtet, ein solides Fachwissen, das sein Fundament in der akademischen Referenzdisziplin hat und Niveaustufen (1) und (2) einschließt (Baumert et al., 2006, S. 495).
Die vorgeschlagene Einteilung in fachwissenschaftliche und fachdidaktische Wissensbereiche bietet auch für die Sportwissenschaft einen hilfreichen Zugang. So wurden bereits im Bereich der Sportlehrkräftebildung das COACTIV-Modell (2011) sowie die Kategorien von Shulman (1986) zur Kompetenzmodellierung der Lehrkräftebildung verwendet (u.a. Ahns, 2019; Heemsoth, 2016; Kehne, Seifert & Schaper, 2013; Messmer & Brea, 2015). Jedoch konzentrieren sich einige dieser Arbeiten bislang auf das fachdidaktische Wissen und Können von Sportlehrpersonen (Messmer et al. 2015), lassen einige Fragen bzgl. der theoretischen Ableitung sowie der Ausdifferenzierung der formulierten Kategorien zum Fachwissen bzw. fachdidaktischen Wissen offen (Kehne et al., 2013) oder nehmen fachübergreifende Kompetenzinhalte in den Fokus (Meier, 2015) .
Mit dem Entwurf zur Kompetenzorientierung im Sport (EKSpo) (vgl. Sygusch, Hapke, Liebl & Töpfer, in Vorbereitung) wird versucht, diese Lücke zu schließen und einen umfassenden, bildungswissenschaftlich anschlussfähigen Kompetenzentwurf für die Sportlehrkräftebildung darzulegen, der bestehende Professionalisierungsansätze aufbaut. Dieser Entwurf, der im Rahmen der vorliegenden Arbeit als Basis für die kompetenzorientierte Strukturierung und methodisch-didaktische Ausgestaltung von zwei universitären Lehrveranstaltungen zum Thema Gesundheit im Sportunterricht verwendet wird, wird im Folgenden in seinen wesentlichen Grundzügen skizziert.
3 ENTWURF ZUR KOMPETENZORIENTIERUNG IM SPORT (EKSPO)
Der Kompetenzentwurf EKSpo greift den bildungs- und sportwissenschaftlichen Kompetenzdiskurs auf und zielt – zunächst als Gesamtentwurf Sport – auf die Kompetenzentwicklung in verschiedenen sportbezogenen Bildungssettings. Der Entwurf wurde in zahlreichen kooperativen Planungsprozessen mit Expert*innen für Sportlehrkräftebildung, Sportunterricht und Trainerbildung weiterentwickelt und angepasst. Für die Kompetenzmodellierung in der Sportlehrkräftebildung greift EKSpo den bildungswissenschaftlichen Anspruch einer domänenspezifischen Kompetenzmodellierung (u.a. Klieme & Hartig, 2007) auf, indem zunächst an den Kompetenzdiskurs der (Sport)Lehrkräftebildung angeknüpft wird (u.a. Baumert et al. 2011; Heemsoth, 2016; Krauss et al., 2017) und konkret – im Rahmen des BMBF-Projektes Health.edu – Expert*innen der 1. und 2. Phase der Sportlehrkräftebildung an dessen gesundheitsthematischer Weiterentwicklung beteiligt wurden. Der Gesamtentwurf EKSpo besteht aus einer Lernzieltaxonomie sowie darauf abgestimmter Prinzipien und Merkmale einer Aufgaben- und Prüfungskultur, wobei sich dieser Beitrag auf die Darstellung von Lerntaxonomie und Aufgabenkultur konzentriert.
3.1 EKSpo-Lernzieltaxonomie
Die Lernzieltaxonomie orientiert sich am sportdidaktischen Gogoll-Modell (2013) sowie der Taxonomie von Bloom, Engelhart, Furst, Hill & Krathwohl (1956), die bis heute in Unterrichtsforschung und Hochschulbildung adaptiert wird (vgl. Anderson & Krathwohl, 2001). Angelehnt daran unterteilt sich die EKSpo-Lernzieltaxonomie in drei Dimensionen: Inhalte, Aktivitäten und Anforderungsniveaus (Abb. 1).
Auf der Inhaltsdimension (z-Achse) bildet sich der Diskurs zu Kategorien zur Kompetenzmodellierung der Lehrkräftebildung ab (Kap. 2). Dabei erschließt sich das domänenspezifische Professionswissen im Sport über sportdidaktische und sportwissenschaftliche Wissensbereiche (Abb. 1). Im Hinblick auf Gesundheit im Sportunterricht als Thema der Lehrkräftebildung geht es folglich um den sportdidaktischen und sportwissenschaftlichen Kenntnisstand zum Thema Gesundheit.
Sportdidaktische Wissensbereiche: Hier geht es zunächst darum, welche Ziele, Inhalte und Methoden aus dem sportdidaktischen Kenntnisstand zum Thema Gesundheit im Sportunterricht hervorgehen. Ausgangspunkt der EKSpo-Überlegungen ist dabei das Konzept des Erziehenden Sportunterrichts, in dem sich konkrete Unterrichtsthemen aus der Verbindung von pädagogischen Perspektiven und Bewegungsfeldern ergeben. Gesundheit wird hier als pädagogische Perspektive ausgelegt (u.a. Balz, 2016).
In einem Übersichtsbeitrag haben Ptack und Tittlbach (2021) den sportdidaktischen Kenntnisstand zur pädagogischen Perspektive Gesundheit analysiert. Deutlich wird, dass hier ein ganzheitliches und salutogenetisches Gesundheitsverständnis zugrunde gelegt wird. Zentrales Ziel von Sportunterricht unter der Perspektive Gesundheit ist eine gesundheitsbezogene Handlungsfähigkeit bzw. Gesundheitskompetenz (in Abgrenzung zu reinen Gesundheitswirkungen).
Gesundheitsbezogene Inhalte werden unterschieden in übergreifende (bspw. Wirkungszusammenhänge von Sport und Gesundheit), objektive (bspw. physische Gesundheitsressourcen wie Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit), subjektive (bspw. Wohlbefinden, psychosoziale Ressourcen wie Selbstkonzept, sozialer Rückhalt) und erweiternde Gesundheitsthemen (bspw. Ernährung) (ebd.).
Zur methodischen Gestaltung von Sportunterricht unter der Perspektive Gesundheit identifizieren die Autorinnen weniger gesundheitsspezifische als vielmehr allgemeine methodische Prinzipien, die eine deutlich Nähe zur kompetenzorientierten Aufgabenkultur aufweisen, u.a. Offenheit, Schülerorientierung, Reflexion und kognitive Aktivierung.
Für die Lehrkräftebildung begründet der sportdidaktische Kenntnisstand zunächst eine Auswahl von Themenbereichen, für Gesundheit bspw. zu übergreifenden, objektiven, subjektiven und erweiternden Gesundheitsthemen. Der sportwissenschaftliche Kenntnisstand bildet dann die fachwissenschaftliche Hintergrundfolie zu den ausgewählten Gesundheitsthemen.
Sportwissenschaftliche Wissensbereiche: Hier geht es – angelehnt an Baumert und Kunter (2011) – um das sportwissenschaftliche Schulstoff-, Hintergrund- und Forschungswissen, insbesondere zu den übergreifenden, objektiven, subjektiven und erweiternden Gesundheitsthemen, die aus dem sportdidaktischen Kenntnisstand hervorgehen. Dazu bieten die interdisziplinär vernetzten sportwissenschaftlichen Teildisziplinen einen jeweils spezifischen Zugang: Wissen zu objektiven Inhalten wird typischerweise in der Sportmedizin (Herz-Kreislauf-System, Bewegungsapparat) und Trainingswissenschaft (Training physischer Ressourcen) behandelt, subjektive Inhalte typischerweise in der Sportpsychologie (psychosoziale Ressourcen, Wohlbefinden). Übergreifende Themen (bspw. komplexe Gesundheitsmodelle, Konzepte zur Gesundheitsförderung) sowie erweiternde Themen (bspw. Ernährung, Hygiene) sind Gegenstand eines interdisziplinären Zugangs. Dementsprechend ist Gesundheit als Querschnittsthema zu betrachten.
Die in diesem Beitrag fokussierten Fallbeispiele (Kap. 4) wählen – im Sinne des Erziehenden Sportunterrichts – einzelne objektive bzw. subjektive Gesundheitsthemen aus und verbinden diese mit den Bewegungsfeldern Bewegen im Wasser – Schwimmen und Bewegung gestalten – Gymnastik und Tanz.
Die Aktivitätsdimension (x-Achse) beschreibt sechs kognitive Aktivitäten des Wissenserwerbs, der Wissensnutzung und der Wissenserschaffung, die ein Individuum begeht, um Kompetenzen zu entwickeln (Abb. 1 sowie abgeleitete Lernziele zu u.s. Fallbeispielen [Tab. 1 + 2]).
(1) Wissen erwerben: aufnehmen umfasst die Wahrnehmung und Aufnahme sowie die Verfügbarkeit non neuem, bislang nicht repräsentiertem Fachwissen.
(2) Wissen erwerben: vernetzen umfasst die Einordnung neuen Fachwissens in vorhandene Wissensstrukturen sowie deren umfassenderes und tieferes Verständnis.
(3) Wissen nutzen: planen bezieht sich auf den Transfer neu erworbenen Fachwissens auf konkrete Handlungssituationen, die Auswahl relevanter Fakten und deren Bezug auf die spezifischen Voraussetzungen.
(4) Wissen nutzen: umsetzen zielt auf das Überführen und die situative Anpassung der vorausgegangenen Planungen in konkretes Handeln in variablen Anforderungssituationen.
(5) Wissen nutzen: auswerten fokussiert die Auseinandersetzung mit dem umgesetzten Handeln und bezieht sich auf die Sache (Planung und Umsetzung, Anpassungen, Wirkungen) sowie die eigene Person (u.a. Beitrag zum Ge- oder Misslingen).
(6) Wissen schaffen: innovieren umfasst den Entwurf von ‚Neuem‘ auf Basis der vorangegangenen Aktivitäten und bezieht sich ebenfalls auf die Sache (Überführen in begründete Innovationen, bspw. Konzepte) und die Person (‚neue‘ Haltung zur eigenen Rolle als Lehrkraft).
Durch die abgestimmten Aktivitäten (1) bis (6) ist das Zusammenspiel von handlungsrelevantem Wissen und wissensbasiertem Handeln - und damit die Vermeidung von trägem Wissen und blindem Können - auf der Aktivitätsdimension systematisch angelegt.
Die Dimension des Anforderungsniveaus (y-Achse) beschreibt Stufen, auf denen sich kompetenzorientierte Lernziele zu Wissenserwerb (1-2), Wissensnutzung (3-5) und Wissenserschaffung (6) abbilden. Ein Niveauanstieg folgt der quantitativen Prämisse, dass mit einer zunehmenden Komplexität der Anforderungssituationen auch eine Zunahme der sportdidaktischen bzw. sportwissenschaftlichen Wissensbestandteile einhergeht. In diesem Sinne unterscheiden wir zunächst grob zwischen einer hohen (komplexe Zusammenhänge) und einer niedrigen Niveaustufe (einzelne Fakten) (Abb. 1). Dazwischen entfaltet sich eine ausdifferenzierte Skalierung der Niveaustufen. Ein zunehmendes Niveau der relevanten Wissensbestandteile bildet sich auch in den COACTIV-Wissensformen ab (Baumert & Kunter, 2006). Insofern ist das so genannte „Schulstoffniveau“ auf einer niedrigen Niveaustufe (Fakten) zu verorten. Das akademische Forschungswissen bildet das höchste Level des für die Lehrkräftebildung relevanten Wissens (Übergeordnete Konzepte).
3.2 EKSpo-Aufgabenkultur
Strukturgebend für die EKSpo-Aufgabenkultur (ausführlich Sygusch et al., 2021) ist zunächst die Unterscheidung zwischen Aufgaben und aufgabenbezogenem Handeln der Lehrenden (u.a. Kleinknecht, 2010). Während Aufgaben als Lernangebote verstanden werden, um neues Wissen zu erkunden, einzuordnen und anzuwenden (u.a. Gogoll, 2014; Leuders, 2009; Messmer, 2013; Pfitzner & Aschebrock, 2013), bezieht sich aufgabenbezogenem Handeln auf die gesamte Lehr-Lern-Situation und beschreibt, wie Lehrende die Lernenden aktivieren, begleiten und unterstützen (Kleinknecht, 2010; Neumann, 2014). Übereinstimmend wird auf die (veränderte) Rolle der Lehrenden und den “Shift from teaching to learning“ (Schaper, 2012, S. 57) hingewiesen.
Ein zentrales Merkmal kompetenzorientierter Aufgabenkultur ist kognitive Aktivierung (u.a. Kleinknecht, 2010; Pfitzner & Aschebrock, 2013). Kognitive aktivierende Aufgaben konfrontieren Lernende mit konkreten Anforderungen, zu denen fehlende lösungsrelevante Informationen in eigenständiger Auseinandersetzung erarbeitet werden (u.a. Messmer, 2013). Ein zentrales Prinzip der EKSpo-Aufgabenkultur ist die systematische Ausrichtung der Aufgaben an den Aktivitäten (1 - 6) der Lernzieltaxonomie und den entsprechenden Lernzielen.
4 FALLBEISPIELE
In den folgenden beiden Fallbeispielen zu universitären sportpraktischen Lehrveranstaltungen zum Thema Gesundheit im Sportunterricht greifen wir die EKSpo-Lernzieltaxonomie und die EKSpo-Aufgabenkultur auf und zeigen, wie diese in Bezug auf die Strukturierung und Ausgestaltung dieser beiden Lehrveranstaltungen zur Anwendung kommen. Beide Beispiele entstammen dem Projekt Health.edu, das vorab kurz beschrieben wird.
Das Projekt Health.edu, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (zwei Förderphasen 2015 2021), konzentriert sich auf die Settings Sportunterricht und Sportlehrkräftebildung. Übergreifendes Ziel ist die nachhaltige Entwicklung von sportbezogener Gesundheitskompetenz bei Schüler*innen (vgl. Töpfer, 2019) sowie die Implementation und Evaluation von Maßnahmen zum Thema Gesundheit im Sportunterricht und in der I. und II. Phase der Sportlehrkräftebildung. Dazu wurden in der ersten Förderphase eine 15-monatige Intervention sowie deren Evaluation in den genannten Settings durchgeführt. In einem kooperativen Planungsprozess (vgl. Rütten, 1997), der dem Grundsatz der Beteiligung von Stakeholdern folgt, wurden Vertreter*innen der Sportwissenschaft, der Lehrkräftebildung (z.B. Fachkoordinator*innen, Dozent*innen, Studierende), der schulischen Praxis (z.B. Lehrer, Schüler*innen, Schulleitungen) und der Schulverwaltung (u.a. Kultusministerium) zusammengeführt. Für die Sportlehrkräftebildung wurden – im Verbund mit den Stakeholdern – auf der Basis des EKSpo-Ansatzes und den gesundheitsthematischen Inhalten der Sportlehrkräftebildung (Kap. 2), relevante sportwissenschaftliche und -didaktische Wissensbereichen herausgearbeitet, die angehende Sportlehrkräfte bei der kompetenten Bewältigung von späteren Anforderungssituationen in Bezug auf das Thema kompetenzorientierte Gesundheitsförderung im Sportunterricht unterstützen können. Um der in Kap. 3.1 dargestellten Komplexität des Themas Gesundheit gerecht zu werden, wurde dieses dabei – auf der Grundlage eines salutogenetischen Gesundheitsverständnisses – als Querschnittsthema aufgefasst. Es wurden konkrete Themen für einzelne fachwissenschaftliche (Vorlesungen/Seminare) und fachpraktische Lehrveranstaltungen in verschiedenen Bewegungsfeldern (z.B. Gymnastik/Tanz, Leichtathletik, Schwimmen) generiert, zu denen mithilfe der EKSpo-Lernzieltaxonomie kompetenzorientierte Lernziele und -aufgaben abgeleitet wurden. Die betreffenden Veranstaltungen wurden erprobt und evaluiert und bereits teilweise curricular (bspw. im Modulhandbuch) verankert. Die folgenden Beispiele sind Ergebnisse dieses Prozesses.
Um in Bezug auf das notwendige gesundheitsthematische Professionswissen künftiger Sportlehrkräfte ein möglichst breites Spektrum abdecken zu können, wurden für die folgende Darstellung zwei Fallbeispiele ausgewählt, die sowohl objektive als auch subjektive Bereiche sportwissenschaftlichen Wissens bezüglich des Themas Gesundheit im Sportunterricht ansprechen: (1) die Förderung physischer und (2) psychosozialer Gesundheitsressourcen. Diese beziehen sich auf zwei verschiedene Bewegungsfelder – Bewegen im Wasser sowie Bewegung gestalten. Dabei werden jeweils Themen sowie kompetenzorientierte Lernziele und -aufgaben in Bezug auf die an der Lehrveranstaltung teilnehmenden Studierenden formuliert (vgl. Tab. 1 und 2). Weitere Unterrichtsentwürfe ebenso zum Thema Gesundheit im Sportunterricht werden an anderer Stelle vorgestellt (Röger-Offergeld, i-Dr.).
Beispiel 1: Auf dem Gebiet der Stärkung physischer Gesundheitsressourcen beziehen wir uns auf zwei aufeinander aufbauenden Lehrveranstaltungen im Bewegungsfeld Bewegen im Wasser. Als Thema der Unterrichtssequenz wurde die kompetenzorientierte Gesundheitsförderung von Schüler*innen über Ausdauertraining im Wasser gewählt. Das übergreifende Lernziel für die teilnehmenden Studierenden lautet: Die Studierenden wenden erworbenes sportwissenschaftliches und -didaktisches Wissen über trainingswissenschaftlich geeignete und motivierende Spielformen zur kompetenzorientierten gesundheitsorientierten Ausdauerförderung im Wasser an und konzipieren eine Unterrichtseinheit für eine selbst ausgewählte Schüler*innengruppe. Somit ist die Unterrichtssequenz in Anlehnung an das COACTIV-Modells nach Baumert et al. (2006) (vgl. Kap. 1) einem (3) profunden Verständnis der in der Schule zu unterrichtenden Sachverhalte zuzuordnen.
Wie in Tab. 1 ausgeführt, geht es in einer ersten UE (Veranstaltung Schwimmen 1) auf der Aktivitätsdimension zunächst darum, neues Wissen zur kompetenzorientierten gesundheitsorientierten Ausdauerförderung im Wasser (hier zu trainingsmethodisch geeigneten und motivierenden Spielformen) aufzunehmen (Aktivität 1). Dies erfolgt auf der Grundlage eines Dozenteninputs. D.h. der/die Dozent*in stellt verschiedene – aus trainingswissenschaftlicher und motivationaler Sicht geeignete und weniger geeignete – Beispiele zur gesundheitsorientierten Ausdauerförderung im Wasser vor (z.B. H2O-Marathon, Wasserbiathlon). Diese werden von den Studierenden im Wasser praktisch umgesetzt. Im Anschluss werden die Beispiele auf ihre Eignung in Bezug auf die Aspekte Ausdauerförderung und Motivierung hin diskutiert und geordnet und – auch auf der Basis des bereits vorhandenen Wissens zu diesem Thema – reflektiert (Aktivität 2). Darüber hinaus wird die Eignung des von der Dozent*in gewählten methodischen Vorgehens für die Umsetzung der Unterrichtseinheit mit einer Schüler*innengruppe diskutiert und reflektiert. Dieses Wissen wird (in einer weiteren UE in der Veranstaltung Schwimmen 2) schließlich genutzt, um einen eigenen Unterrichtsentwurf zur kompetenzorientierten gesundheitsorientierten Ausdauerförderung im Wasser bei Schüler*innen zu entwickeln und diesen – zunächst mit den eigenen Kommiliton*innen – umzusetzen und auszuwerten (Aktivitäten 3-5). Darauf aufbauend gilt es, das Vorgehen für einen anderen gesundheitsbezogenen Inhalt (z.B. Kraft) weiterzuentwickeln (Aktivität 6).
Beispiel 2: Auf der Grundlage tänzerischer und darstellender Bewegungen werden im Rahmen einer Lehrveranstaltung im Bewegungsfeld Bewegung gestalten, Kompetenzen von Sportlehrkräften entwickelt. Hierbei beziehen wir uns auf eine Unterrichtssequenz zur Stärkung der psychosozialen Gesundheitsressourcen, insbesondere dem Körperkonzept, unter dem Fokus körperlicher Attraktivität (vgl. Shavelson, Huber & Stanton, 1976).
Das Thema der Lehrveranstaltungen ist die kompetenzorientierte Gesundheitsförderung von Schüler*innen zum Körperkonzept durch modellierte tänzerische Bewegungsformen. Folgendes übergreifendes Lernziel formuliert sich für die Studierenden daraus: Die Studierenden wenden sportwissenschaftliches und -didaktisches Wissen über tänzerisch-darstellerische Bewegungen zur kompetenzorientierten gesundheitsfördernden Körperkonzeptbildung an und konzipieren daraus kreative Lernaufgaben zur gestalterischen Präsentation körperlicher Attraktivität für eine Schüler*innengruppe. In Anknüpfung an Baumert und Kunter (2006) verorten wir auch diese Lehreinheit im Sinne eines (3) profunden Verständnisses der zu unterrichtenden Sachverhalte.
In einem ersten Schritt (Aktivität 1) reichern die Studierenden ihr bereits vorhandenes Wissen an (hier zur kompetenzorientierten Gesundheitsförderung des Körperkonzepts durch modellierte tänzerische Bewegungsformen). Vorab stellt der/die Dozent*in ein sportpsychologisches Modell zum Körperkonzept vor und schafft durch visuelle Vorlagen (Fotos) zum Thema körperliche Attraktivität konkrete Eindrücke, die folgend im Plenum beschrieben und diskutiert werden. Anschließend setzen die Studierenden Imitations- und Experimentieraufgaben in die Praxis um. Im Anschluss deuten die Studierenden schließlich expressive Ausdrucksformen im Hinblick auf eine realitätsnahe Selbstdarstellung eigener körperlicher Attraktivität. Auf der Grundlage des sowohl sportwissenschaftlichen als auch -didaktischen Wissens bewerten und reflektieren sie die hierzu gewählten methodischen Aufgaben (Aktivität 2). In einer aufbauenden Unterrichtseinheit, die ebenso in der Veranstaltung Tanz 1 stattfindet, werden in kleineren in sich geschlossenen Teilsituationen eigene kreative Unterrichtsbeispiele zur kompetenzorientierten Gesundheitsförderung von Schüler*innen zum Körperkonzept abgebildet und entwickelt. In den Aktivitäten 3 bis 5 folgt die Erprobung mit den Kommiliton*innen sowie eine Überprüfung der Ergebnisse. Der Aktivität 6, Wissen schaffen: Innovieren, wird in dieser Lehrveranstaltung nicht abgebildet, da weiteres fachspezifisches Wissen und Handeln zur Konzipierung von Unterrichteinheiten in aufbauenden Lehrveranstaltungen der Gymnastik/Tanz Ausbildung generiert wird.
5 FAZIT
Ziel des vorliegenden Beitrags war es, am Beispiel von zwei universitären sportpraktischen Lehrveranstaltungen zum Thema Gesundheit im Sportunterricht zu zeigen, wie Lehr-Lernprozesse von Studierenden kompetenzorientiert strukturiert und ausgestaltet werden können. Dies erfolgte auf der Basis des Kompetenzentwurfs EKSpo (vgl. Liebl & Sygusch, 2020) der sich u.a. am COACTIV-Modell (Baumert et al., 2011) orientiert, das bereits in verschiedenen Fachdidaktiken zur Kompetenzmodellierung herangezogen wurde.
Die EKSpo-Lernzieltaxonomie und -aufgabenkultur ermöglicht es, einzelne bzw. mehrere universitäre Lehrveranstaltungen der Sportlehrerkräftebildung systematisch und theoriegeleitet kompetenzorientiert zu strukturieren und auszuarbeiten. Durch die Verortung relevanter sportdidaktischer Wissensbereiche sowie des zugehörigen sportwissenschaftlichen Kenntnisstands auf der Inhaltsebene der Lernzieltaxonomie, können dort nicht nur einzelne Lehrveranstaltungen inhaltlich eingeordnet, sondern darüber hinaus relevante Inhalte für verschiedene Lehrveranstaltungen der universitären Sportlehrkräfteausbildung zu einem Thema systematisch generiert und untereinander abgestimmt werden. Im vorliegenden Beitrag wurde dies für das Thema Gesundheit im Sportunterricht am Beispiel von zwei Lehrveranstaltungen vorgestellt. Dehnt man diese Vorgehensweise auf verschiedene weitere fachwissenschaftliche und fachpraktische Lehrveranstaltungen aus, wie im Projekt Health.edu – aus dem die beiden dargestellten Fallbeispiele entstanden sind – ebenso erfolgt, kann systematisch darauf hingearbeitet bzw. gewährleistet werden, dass das gesamte Spektrum (gesundheits-)relevanter Inhalte für den Sportunterricht in der universitären Ausbildung verankert wird und Überschneidungen vermieden werden.
Unter gleichzeitiger Zuhilfenahme der Aktivitätsdimension und der Anforderungsniveaus der Lernzieltaxonomie, lassen sich kompetenzorientierte Lernziele für verschiedene Themen der Sportlehrkräftebildung formulieren und begründen sowie in eine konsekutive Kompetenzentwicklung im Rahmen des universitären Ausbildungskonzepts überführen. Wie nicht zuletzt die praktische Erfahrung im Rahmen des Projekts Health.edu u.a. mit den im Beitrag dargestellten Fallbeispielen gezeigt hat, bildet dies eine geeignete Basis für die methodisch-didaktische Gestaltung von Lehrveranstaltungen der Sportlehrkräftebildung und für eine systematische Abstimmung von kompetenzorientierten Lernzielen und kompetenzorientierter Aufgabenkultur im Rahmen des universitären Ausbildungskonzepts.
Mit dem Thema Gesundheit im Sportunterricht ist letztlich auch besonders die Zielsetzung verbunden, zur Förderung einer möglichst lebenslangen, gesundheitsförderlichen körperlich-sportlichen Aktivität aller Schüler*innen beizutragen. In diesem Kontext wird seit geraumer Zeit dem Konzept der physical literacy ein großer Stellenwert beigemessen (vgl. Whitehead, 2019). Folgt man damit verbunden Überlegungen, so sind neben der Förderung von kognitiven Komponenten (wie z.B. Wissen zu relevanten Gesundheitsthemen) auch affektive (z.B. Motivation) und physische Komponenten (z.B. Motorische Kompetenzen) bzgl. der Förderung körperlich-sportlicher Aktivität von Bedeutung (Edwards, Bryant, Keegan, Morgan & Jones (2017). Wenn dabei auch von verschiedenen Autoren der kognitiven Komponente ein besonders hoher Stellenwert zugeschrieben wird (vgl. z.B. Cale & Harris, 2018), so sind die beiden anderen Aspekte selbstverständlich nicht zu vernachlässigen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wurde bei den dargestellten Fallbeispielen der Sportlehrkräftebildung auch ganz besonders darauf geachtet, dass der sportpraktische Anteil nicht zu kurz kommt und zusätzlich der Aspekt der Motivierung in den Vordergrund gestellt. Jedoch könnte man sich künftig überlegen, beispielsweise den Aspekt der Motivierung zum Sporttreiben noch expliziter auf der Inhaltsebene von EKSpo zu verorten beispielsweise unter dem Aspekt erweiternde Gesundheitsthemen.
Schlussfolgernd konnte gezeigt werden, dass Lehr-Lernprozesse von Studierenden mit Hilfe von EKSpo kompetenzorientiert strukturiert und ausgestaltet werden können. Der dargelegte Kompetenzentwurf für die Sportlehrkräftebildung ermöglicht die Verortung sowohl sportwissenschaftlicher als auch sportdidaktischer Wissensbereiche sowie deren weitere Spezifizierung bezüglich verschiedener Bewegungsfelder und Teildisziplinen unseres Faches. Mögliche nächste Arbeitsschritte zur Weiterentwicklung des Modells wären, 1) die Anforderungsdimension des Entwurfs, die bislang grob zwischen einer hohen und einer niedrigen Niveaustufe unterscheidet, weiter zu spezifizieren, 2) kompetenzorientierte Prüfungsaufgaben entlang der sechs Aktivitäten des Modells zu entwickeln sowie 3) ein aus dem Modell abgeleitetes Instrument zur Messung gesundheitsbezogener Lehrerkompetenz zu entwickeln und einzusetzen. Darauf aufbauend können Standards entwickelt werden, die Lehrkräfte dabei unterstützen, Anforderungssituationen im Sportunterricht kompetent bewältigen zu können. Gleichzeitig wäre es denkbar, diesen Entwurf auf weitere Bereiche – v.a. auch auf weitere Gegenstands- und Bewegungsfelder der universitären Sportlehrkräftebildung – zu übertragen.
1 COACTIV: Professionswissen von Lehrkräften, kognitiv aktivierender Mathematikunterricht und die Entwicklung mathematischer Kompetenz.
2 Für eine ausführlichere Zusammenfassung der bislang existierenden Arbeiten auf diesem Gebiet vgl. Ahns (2019).
3 Veröffentlichungen liegen zur Sportlehrerbildung (Ahns, 2019; Brandl-Bredenbeck & Sygusch, 2017; Liebl & Sygusch, 2020), zum Sportunterricht (Sygusch, R., Hapke, J., Liebl, S. & Töpfer, C. (2021); Sygusch & Hapke, 2018; Liebl, Ptack & Sygusch, 2018) sowie zur Trainerbildung (Sygusch, Muche, Liebl, Fabinski & Schwind-Gick, 2020) vor.
4 Kompetenzmodelle werden unterschieden in Struktur- und Niveaustufenmodelle. Die meisten ‚Sport-Modelle‘ sind Strukturmodelle, die Kompetenzkategorien (Wissensbereiche, Einstellungen etc.) unterscheiden. Niveaumodelle weisen Anforderungsniveaus aus. In diesem Sinne werden auch Prozesse der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -nutzung eingeordnet, die zunehmend komplex aufeinander aufbauen (u.a. Anderson & Krathwohl, 2001). Hybridmodelle verknüpfen Struktur- und Niveaumodelle zu dreidimensionalen Lernzieltaxonomien mit Anforderungs-, Inhalts- und Aktivitätsdimension (bspw. Gogoll, 2014). EKSpo ist als Hybridmodell konzipiert.
Ahns, M. (2019). Fachbezogene Inhaltsbestimmung und Kompetenzmodellierung. Ein partizipativer Ansatz zur Qualitätsentwicklung der Sportlehrerinnen- und Sportlehrerbildung. Hamburg: Kovac.
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