Die hochschulische Lehramtsausbildung im Fach Sport

... – kritische Reflexionen und Alternativen

Timo Stiller, Daniela Kahlert

DOI: 10.25847/zsls.2020.032

ZUSAMMENFASSUNG
Die curriculare Gestaltung eines lehramtsbezogenen Sportstudiums unterliegt dem Anspruch, Studierende auf ihre zukünftige berufliche Tätigkeit professionell vorzubereiten. Das erfordert eine bildungsbezogene Fokussierung und diesbezügliche Verknüpfung von fachdidaktischem Wissen und Können, welche in ihrer Kombination auch den zentralen Inhalt der Prüfung darstellen sollte. Dieser fach- und hochschuldidaktischen Prämisse folgend, wird im vorgelegten Artikel das Studienmodell der PH Schwäbisch Gmünd vorgestellt, welches seit dem Wintersemester 2019/2020 praktiziert wird.
Der wesentliche Kern der aufgezeigten Alternative besteht darin, die Theorie- und Praxis-Inhalte der Veranstaltungen und Prüfungen auf das grundsätzliche bildungstheoretische Potential des Sports zurückzuführen, mit dem eigenen Selbstkonzept in Bezug zu setzen und in den mehrperspektivischen Auftrag des Sportunterrichts zu überführen. Die Ausbildung als auch Überprüfung der eigenen Selbstkompetenz, eine persönliche (und somit nicht-notwendige) Herausforderung können zu wollen, steht im Fokus des Bachelors und wird dabei aus motivationspsychologischen Gründen im Sinne der individuellen Bezugsnorm konzipiert. Im Master steht hingegen die Vermittlungskompetenz im Zentrum der Ausbildung, wenn curriculare (und somit notwendige) sportfachliche Inhalte initiiert und bewertet werden sollen. Beide Studienphasen verbindet, dass Theorie und Praxis somit integrativ vermittelt und überprüft werden.

University teacher training in sport - critical reflections and alternatives

Abstract: A well-funded teacher education should support students in performing their complex further task: being a teacher. In case of physical education program, the main focus should be a meaningful linkage or rather a merge of motor competence, theoretical knowledge and didactical skills. The present article describes the physical education teacher program at the University of Education Schwäbisch Gmünd, which aims to achieve the above-mentioned desiderata. Given that, the Bachelor students will not only learn theories and improve their motor skills. They also define themselves a demanding and non-necessary challenge, which requires an application of existing knowledge and transferring the educational value of sports and exercise by referring to its multi-dimensionality. The Master‘s program focusses on teaching competence, when curricular (and thus necessary) physical education content has to be initiated and evaluated. Thus, both study phases have in common that theory and practice are taught and explored integrative.

EINLEITUNG

Die Lehramtsausbildung im Fach Sport ist an den deutschen Hochschulen durch die Verbindung sportwissenschaftlicher Disziplinen und der motorischen Praxis der Sportarten gekennzeichnet, wobei die sportpraktischen Anteile in der Regel mit einer Demonstrations- oder Leistungsüberprüfung abgeschlossen werden. Selbst wenn die Ergebnisse einer flächendeckenden Untersuchung zu den Inhalten und Prüfungsanforderungen in der Lehramtsausbildung Sport noch ausstehen, verdichtet sich der Eindruck, dass die Überprüfungen größtenteils auf eine klare Trennung zwischen sporttheoretischem Wissen und sportpraktischem Können ausgerichtet sind. In jenen Modulen und Lehrveranstaltungen, in denen die Grundlagen der Sportarten, deren motorischen Fertigkeiten und Fähigkeiten vermittelt werden, dienen sportpraktische Leistungsprüfungen zur Überprüfung des sportlichen Könnens. In diesen wird der Wissenserwerb größtenteils mithilfe schriftlicher Klausuren abgeprüft. Es stellt sich jedoch die Frage, ob damit der gerade für das Lehramt für bedeutend erachtete bildungstheoretische Fokus, dessen Anspruch die angehenden Lehrerinnen und Lehrer in ihrem späteren Berufsfeld genügen sollen, eine adäquate Prüfungsform erfährt. Aufgrund der bislang noch fehlenden empirischen Legitimation, aber nichtsdestominder anhaltenden Kritik an der Ausrichtung der Lehramtsausbildung (vgl. u.a. Schierz & Miethling, 2017), verfolgt der vorliegende Beitrag einen im weitesten Sinne hermeneutisch-pragmatischen Ansatz. Das heißt ausgehend von einer kritisch-qualitativen Reflexion der Lehramtsausbildung Sport soll ein subjektbezogener Ansatz vor- und zur Diskussion gestellt werden, der seit dem Wintersemester 2019/2020 an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd umgesetzt wird. Anspruch und Ziel des Ansatzes ist es, das bildungstheoretische Potential des Sports, aber eben auch den Auftrag und die Ziele des Sportunterrichts und somit die Anforderungen des späteren Berufsfeldes als genuinen Teil einer akademische Lehramtsausbildung Sport aufzufassen und in entsprechende Prüfungsformate zu überführen.
Wenn die Fähigkeit, hoch zu springen, schnell zu schwimmen oder gut Fußball zu spielen einen Teil der Abschlussnote der Sportstudierenden ausmacht und damit bestimmt, welche Studierenden zukünftig Sport in der Schule unterrichten dürfen, tangiert eine Reflexion der zugrundeliegenden Prüfungsformen notwendigerweise auch deren professionstheoretische Sinnhaftigkeit. Hinterfragt man nun die Bedeutung und Notwendigkeit der Prüfungen für das spätere Berufsfeld, in dem, unabhängig vom jeweils zugrunde gelegten Kompetenz- oder Fachmodell, eben nicht nur auf ein bestmögliches Ergebnis hin trainiert werden soll, kommt eine grundsätzliche, die fachpraktischen Ausbildungsinhalte betreffende Skepsis auf. Denn selbst wenn es Gründe dafür geben sollte, dass ein Sportstudent an der Universität Heidelberg für die Bestnote 1,75m hoch springen muss, eine Sportstudentin aber nur 1,48m; ein Student an der Universität Stuttgart für eine Eins über 50m Brust 39,3 Sekunden schnell schwimmen muss, eine Studentin jedoch nur 43,8 Sekunden, und sich dieselbe Studentin an der Universität Eichstätt-Ingolstadt auf derselben Strecke für dieselbe Note gar 48,3 Sekunden Zeit lassen kann – müsste, ganz unabhängig vom Anspruch der Vergleichbarkeit der Anforderungen, die handlungsleitende Systemlogik einer derartigen Prüfungskultur unter professionstheoretischen Gesichtspunkten dann konsequenterweise auch von folgender Prämisse ausgehen: Sport-Studierende, welche die besseren spotmotorischen Leistungen erbringen, sind auch diejenigen, die ihren Beruf besser ausüben können, ergo den Sport und dessen Bildungspotential besser vermitteln können. Denn schließlich entscheiden Prüfungs-Noten in ihrer Selektionsfunktion über die berufsfeldbezogenen Chancen und kommt somit der Qualität und der Art der Prüfung eine entscheidende Funktion zu – wie dies bereits Schelsky schon vor über einem halben Jahrhundert, aber nicht minder aktuell ausgeführt hat (vgl. Schelsky, 1957). Das heißt die professionstheoretische Qualität und Bedeutung der Prüfungsinhalte dürfte allein das abprüfen, was auch die qualitative Differenz im späteren Berufsfeld bedingt. Zugegeben zugespitzt formuliert würde diese bedeuten, dass die bessere Hochspringerin auch diejenige ist, die den Hochsprung in der Schule besser vermitteln kann – und dass bspw. ein Sportstudent, der, möglicherweise allein aufgrund seiner anthropometrischen Voraussetzungen, nicht in der Lage ist, eine bestimmte Höhe zu springen, gar nicht erst befugt wird, Sport in der Schule zu unterrichten. Aus einem derartigen Argumentationsgang ließe sich jedoch auch die Frage ableiten, welche Vermittlungskompetenz dann älteren, verletzten oder auch behinderten Sportlehrerinnen und Sportlehrern abgesprochen wird. Zudem wäre der Legitimationsrahmen derartiger Prüfungen hinsichtlich einer Inklusions-, Alters- oder Gendergerechtigkeit zu diskutieren, wenn in den Überprüfungsformen Sportstudenten für die selbe Benotung eine zum Teil weitaus bessere Leistung erzielen müssen als ihre weiblichen Kommilitoninnen, und zwar ungeachtet ihrer individuellen sportartspezifischen Vorerfahrung oder ihrer individuellen konditionellen Fähigkeiten und auch ungeachtet ihrer individuellen anthropometrischen Voraussetzungen oder ihres biologischen Alters. Nicht zuletzt muss in diesem Zusammenhang auf die Situation behinderter Menschen verwiesen werden, die Sport studieren möchten. Hierzu heißt es bspw. auf der Homepage der DSHS Köln: „Studierende mit Behinderung sollten vor Beginn eines Sportstudiums die Vereinbarkeiten eines sehr praxisbezogenen Studiums und des Berufsfeldes Sport mit der jeweiligen Behinderung abschätzen“. Auch diese Argumentation folgt wiederum allein dem Primat der sportmotorischen Eigenrealisation als Voraussetzung berufsfeldbezogener Herausforderungen – und legt gleichzeitig all denjenigen nahe, von sich aus auf ein Sportstudium zu verzichten, die dieser Vorstellung widersprechen.

Fachdidaktische Desiderate

Sportmotorische Anteile sind in der Lehramtsausbildung Sport unabdingbar, eben weil sie im späteren Berufsfeld des Sportunterrichts seit jeher den Kern des Unterrichtsgeschehens abbilden (vgl. u.a. Geßmann, 1975 ; Wagner, 2016). Allerdings wird der Auftrag des Sportunterrichts, nicht zuletzt durch die „Klieme-Expertise“ (2003) und der daraufhin seitens der KMK initiierten „Kompetenzwende im Sportunterricht“, explizit nicht durch die Eigenrealisation einer in welcher Form auch immer gearteten Praxis legitimiert, sondern allein durch eine reflexive Verknüpfung von sportmotorischer Praxis mit sportwissenschaftlicher Theorie. In der Fachliteratur hat sich hierfür der Terminus der „Praxis-Theorie-Verknüpfung“ etabliert, wonach die Verbindung von sporttheoretischem Wissen und sportmotorischem Können als „Bausteine der Bildung“ verstanden werden, mit denen die Ansprüche eines kompetenzorientierten Sportunterrichts gewährleistet werden sollen (vgl. Kurz, 2008, mit Verweis auf Klieme, 2003). Um diese hochgesteckten Ziele auch im sportunterrichtlichen Alltag sicherzustellen, hat sich die Kultusministerkonferenz bereits 2005 für neue Prüfungsaufgaben und -anforderungen ausgesprochen, in denen sportpraktische mit reflexiven Elementen zu verbinden seien und in denen die Praxis eben keinen Selbstzweck darstelle, dessen Erfüllung z.B. mit Stoppuhr oder Maßband kontrollierbar sei (vgl. KMK, 2005). Es darf rückblickend durchaus als mahnende Voraussicht der KMK bezeichnet werden, wiederum schon 2005 darauf verwiesen zu haben, dass „ein derartiger Anspruch ein gehöriges Umdenken gegenüber der vorherigen Prüfungspraxis und deren traditionellen Anforderungs- und Bewertungskriterien voraussetzt“ (KMK, 2005, S.28).
Soweit zumindest in aller Kürze die fachdidaktischen Anforderungen des Sportunterrichts, sportmotorische und sporttheoretische Inhalte nicht allein auf einer methodisch-didaktischen Ebene reflexiv miteinander zu verbinden, sondern auch entsprechende Prüfungsanforderungen und vor allem entsprechende Prüfungskriterien einzusetzen, mit denen sich derartige Kompetenzen auch abprüfen lassen. Soweit aber auch das berufsfeldbezogene Spannungsfeld, in das sich zukünftige Sportlehrerinnen und Sportlehrer begeben und auf das sie eine professionstheoretisch verantwortbare hochschulische Lehramtsausbildung dann auch vorbereiten sollte. Demnach rückt die bildungstheoretische Frage nach dem „Wozu?“ des Sportunterrichts konsequenterweise auch die fachdidaktische Ausrichtung der Lehramtsausbildung in den Mittelpunkt des Hochschulunterrichts, wenn dieser zukünftige Sportlehrerinnen und Sportlehrer ermächtigen soll, Fragen nach dem Sinn und möglicherweise auch dem Zweck des Sports zu beantworten. Dies ist sowohl aus professionstheoretischer Sicht erforderlich, vor allem aber auch aus „Fürsorgepflicht“ gegenüber zukünftiger Sportlehrer- und Schülergenerationen geboten, wenn diese auf die Frage nach dem „Wozu“ man bspw. an einem Seil zu einer Decke klettern solle, wenn dort oben nicht einmal Bananen hängen, eine bildungstheoretisch legitimierbare Antwort geben wollen. Dass sich eine angemessene Antwort darauf nicht allein auf die zweckrationale Dimension, sportmotorische Anforderungen in festgelegte Noten eingetauscht zu bekommen, reduzieren lassen darf, ist zumindest vordergründig fachdidaktischer Konsens. Dies legt nicht allein der seit nunmehr über zwanzig Jahren geforderte und mittlerweile in sämtlichen Bildungsplänen proklamierte Doppelauftrag eines erziehenden Sportunterrichts im und zum Sport nahe als auch dessen Umsetzung im Sinne einer mehrperspektivischen, Praxis mit Theorie verbindenden Unterrichtsgestaltung (vgl. bereits Kurz & Schulz, 2010). Nun sei nicht behauptet, dass die bislang in der Lehramtsausbildung stattfindenden sportpraktischen Lehrveranstaltungen theoriefrei oder -fern wären. Jedoch stellt sich die Frage, wie sich die – auch von den Studierenden eingeforderte – Schwerpunktsetzung bei einer Leistungs- und/ oder Demonstrationsprüfung am Ende eines Semesters gestaltet. Von bislang vernachlässigter Bedeutung erscheint dabei eben jene beschriebene Verbindung von Praxis und Theorie in den Sportarten der Bewegungsfelder – und zwar nicht in einer parallelen oder additiven Verbindung von Theorieveranstaltungen auf der einen und Praxisveranstaltungen auf der anderen Seite, sondern deren integrative Verbindung in den Veranstaltungen und insbesondere in den entsprechenden Prüfungen wie es die Kultusministerkonferenz als Anspruch für das spätere Berufsfeld des Sportunterrichts seit nunmehr fünfzehn Jahren fordert.

Hochschuldidaktische Desiderate

Entsprechend des Positionspapiers der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs, 2019) vom 06.März 2019 sollen Studierende im Rahmen des Studiums den Übergang vom praktischen Akteur zum wissenschaftlich fundierten Arrangeur erreichen. Dazu bedarf es neben einem Grundschatz an sportmotorischem Können eben auch einem Grundschatz an entsprechendem Wissen sowie einer adressaten- wie auch sachgerechten Anwendungskompetenz. In der Konsequenz heißt das, dass sich gerade in der Lehramtsausbildung die vermittelnden, vor allem aber auch die abzuprüfenden Inhalte zunehmend an einer integrierenden und vor allem adressatengerechten Verbindung von sportmotorischer Praxis und Theorie orientieren müssen, in der es, wie im Sportunterricht auch, eben nicht schwerpunktmäßig darum gehen kann, das Mindestmaß sportmotorischer Eigenrealisation gegenüber der Sporteignungsprüfung zu verbessern. Vielmehr müssten naive Vorstellungen von „dem Sport“ und „der Sportpraxis“, die oftmals durch die eigene Vereinssozialisation geprägt sind, anhand von Theorie und Evidenz kritisch reflektiert werden (dvs, 2019). Sportmotorische Demonstrations- und Leistungsprüfungen sind neben den bereits erwähnten fachspezifischen Kritikpunkten somit auch hochschuldidaktisch zu hinterfragen. Insbesondere ist die bereits thematisierte Lenkungswirkung von Prüfungen vor dem Hintergrund des Desiderats des constructive alignment (Biggs & Tang, 2011) zu beleuchten. Dementsprechend sind die Lehrinhalte, die Lehrmethoden und insbesondere auch die Prüfungsinhalte passgenau aufeinander abzustimmen. Im konkreten Beispiel der Lehramtsausbildung: Wenn in den sportpraktischen Lehrveranstaltungen theoretisches Wissen vermittelt, erweitert oder angewandt wird, stellt sich die Frage, inwiefern sich dieser Lehrinhalt in einer Prüfung, die über die Demonstration und Leistungserbringung hinausgeht, abbilden lässt. Ein weiteres hochschuldidaktisches Kriterium lässt sich im Bereich der Lernmotivation einordnen. Gemäß der Selbstbestimmungstheorie nach Decy und Ryan (1993) streben Menschen nach der Befriedigung dreier grundlegender Bedürfnisse: Kompetenzerleben, Autonomie und soziale Eingebundenheit. Aufgaben und Handlungen, die die Chance der Bedürfnisbefriedigung in sich bergen, führen demgemäß zu einer höheren Motivation. In diesem Sinne wären daher (weitestgehend) selbstbestimmte Aufgaben, Anforderungen oder Prüfungen, die ggfs. mithilfe von Kommilitoninnen und Kommilitonen erreicht und mittels individueller Bezugsnorm (Heckhausen, 1974) bewertet werden, deutlich motivierender. Aufgaben, bei denen es jedoch zum immer wiederkehrenden einfachen Gelingen oder frustrierenden Scheitern an der (im wahrsten Sinne des Wortes von außen vorgegebenen) „Hürde“ kommt, führen mittel- bis langfristig zu einer Demotivation. In diesem Kontext sind also extern vorgegebene Aufgaben (z.B. der 100m-Sprint in der Leichtathletikprüfung), die dann anhand von sozialen oder sachbezogenen Bezugsnormen (z.B. der Wertungstabelle) bewertet werden, wenig förderlich für die Lernmotivation. Nebenbei tritt hier auch die bereits dargestellte Ungerechtigkeit der Anforderung in Bezug auf verschiedene anthropometrische und leistungsbezogene Voraussetzungen hervor. Weitere Bezugspunkte hochschuldidaktischer Überlegungen betreffen den Wissens- und Kompetenzerwerb im Gesamten. Dementsprechend orientiert sich die im Folgenden zur Diskussion gestellte Gesamtstruktur der Lehramtsausbildung Sport an den drei Stufen des Wissens- und Kompetenzerwerbs im Sinne Blooms (1972): 1) Wissen & Verstehen (von Begriffen, Theorien und Grundlagenwissen), 2) Anwendung und Analysieren (des erworbenen Grundlagenwissens als problem- und aufgabenbezogene Anwendung) sowie 3) Synthetisieren (durch kritisches Reflektieren und Bearbeiten von komplexen Problem- und Aufgabenstellungen).

Das „Gmünder Modell“ einer subjektbezogenen Lehramtsausbildung Sport

Damit die sportmotorische Eigenrealisation eben nicht in Form einer  allein erfolgsbezogenen (Vereins-)Sportsozialisation der Studierenden fortgeführt wird, sondern sich an relevanten Kompetenzdimensionen für zukünftige Sportlehrkräfte (vgl. Miethling & Gieß-Stüber, 2007) messen lassen kann, soll der subjektbezogene und somit bildungstheoretische Gehalt einer sportmotorischen Leistung erfahren, reflektiert und mit den zukünftigen Anforderungen im Berufsfeld Schule adressatengerecht in Bezug gesetzt werden. Dies setzt neben der Vermittlung von grundlegendem Theoriewissen aus den verschiedenen Disziplinen der Sportwissenschaften eine damit eng verzahnte sportpraktische Aus- bzw. vielmehr Selbstbildung und damit einhergehend eine grundlegende Revision der bisherigen Prüfungsinhalte und Prüfungsanforderungen voraus (siehe Abbildung 1).

„Vom Wollen etwas zu können“ – Inhalte des Lehramtsstudiengangs Bachelor

Zur Realisierung dieser Ansprüche wird an der PH Schwäbisch Gmünd seit dem Wintersemester 2019/2020 neben der Vermittlung von Inhalten zur Ausbildung von „Sachkompetenzen“, also der Ausbildung eines breiten Fundus‘ an Wissen, Können und Erfahrungen in den traditionellen Sportarten und Disziplinen der Sportwissenschaften, bereits ein wesentlicher Fokus auf die Entwicklung von „Selbstkompetenzen“ gelegt, die die eigene Steuerungsfähigkeit zur Bewältigung einer individuellen sportmotorischen Herausforderung umfasst (vgl. Miethling & Gieß-Stüber, 2007). Dies setzt durchaus ein „traditionelles“ Bildungsverständnis voraus, das im Kern zutiefst selbstbezüglich ist: „Der Mensch wird eben nicht gebildet, sondern er bildet sich, und zwar ausschließlich in der reflexiven Auseinandersetzung mit sich, der Welt und in der Diskussion mit anderen Menschen und Kulturen“ (Dörpinghaus, 2009, S.5). Die reflexive Auseinandersetzung mit sich selbst setzt jedoch eine Irritation, eine Distanz zu sich voraus, quasi ein Aus-sich-Heraustreten, das metaphorisch häufig als eine Art „Stolpern“ beschrieben wird (z.B. Dörpinghaus, 2009; Franke, 2010). Das Nicht-Funktionieren oder, besser, das Noch-nicht-Funktionieren wird somit als Ursprung und Anlass aufgefasst, mithilfe von Bildung überwunden zu werden. Für eine Bildungsinstitution wie eine Hochschule führt dies zu der Frage, wie sich das meist zufällige, unvorhersehbare „Stolpern“ im Rahmen einer Lehramtsausbildung Sport institutionalisieren ließe. In Anlehnung an Robert Prohl wird diese Initiierung für den Sport als auch für die Sportlehrerausbildung dadurch versucht zu realisieren, die notwendige Irritation und Distanzerfahrung eben in der Bewusstmachung zu erfahren, sich selbstbestimmt und freiwillig Hürden in den Weg zu stellen, um diese dann best- und somit schnellstmöglich zu überlaufen (selbst wenn die schnellste und einfachste Lösung des Problems darin bestünde, an den Hürden vorbeizulaufen oder sich diese erst gar nicht in den Weg zu stellen). Somit bildet die vordergründig überflüssige Handlung den eigentlichen Sinn und Bildungsgehalt des Sports (vgl. Prohl, 2010). Für den Bachelor-Studiengang wird dieser Ansatz durch die den Studiengang Sport durchziehende Prämisse: „Vom Wollen etwas zu können“ überschrieben. In einer gleichlautenden, verpflichtenden Veranstaltung für alle Erstsemester legen diese zusammen mit den Dozierenden eine individuelle, sportmotorische Herausforderung fest, die es am Ende des Bachelors zu erreichen gilt. Ausgangspunkt ist dabei eben jene lern- und bildungstheoretische Annahme, dass Lernprozesse insbesondere in der Auseinandersetzung mit Widerständen und der Anverwandlung mit Neuem entstehen. Das heißt die Sportarten, die man am wenigsten kann, in denen man anfänglich am meisten „stolpert“, aber gerade deswegen am meisten investiert und am meisten lernt, stehen im Zentrum des bildungstheoretischen Interesses, und zwar umso bedeutsamer, je nachhaltiger das „Stolpern“ und je größer die Option des Scheiterns erscheint. Erst dann besteht die Notwendigkeit, sich intensiv mit dem sportmotorischen Gegenstand auseinanderzusetzen, die Gründe für das bisherige Nicht-Können zu beschreiben, zu verstehen, um diese dann vor dem Hintergrund und der Verknüpfung theoretischen Wissens auf den eigenen Lernprozess anzuwenden und in eine Selbstkompetenz zu überführen, die Können mit Wissen verbindet und zur Bewältigung der Anforderungen ermächtigt (genau Gegenteiliges entwickelt sich in jenen Sportarten, deren Prüfungsanforderungen bereits vorab gekonnt und ohne jegliches Üben und somit ohne notwendige Reflektion der eigenen Grenzen und Kompetenzen in Bestnoten eingetauscht werden können). Es wird sicherlich interessant, inwieweit entsprechende wissenschaftliche Begleitungen und Evaluationen einer so gearteten Ausbildung empirisch verwertbare Ergebnisse über den lern- und bildungstheoretischen Anspruch eines Sportstudiums im Kontext der akademischen Lehramtsausbildung bestimmt. Eher anekdotisch könnte man bereits anhand der eigenen Erfahrungen bewerten, welche „Schwerpunkt-Sportarten“ man im Verlauf seines eigenen Sport-Studiums gewählt hat, welche Motive zur Wahl der eigenen Schwerpunkte leitend waren, wie groß die individuell aufgebrachte Mühe und der eigene Lernfortschritt im Verhältnis zur erreichten Note rückblickend zu bewerten ist, und welche nachhaltigen und berufsfeldbezogenen Kompetenzen man aus dieser Entscheidung für sich gewonnen hat.
Wie sieht nun die konkrete inhalts- und prüfungsbezogene Alternative zu der bisherigen Lehramtsausbildung Sport aus? Seit dem Wintersemester 2019/2020 ist an der PH Schwäbisch Gmünd für alle Erstsemester das Seminar „Vom Wollen etwas zu können“ verbindlich vorgegeben. In diesem wird, wie der Titel bereits erkennen lässt, zunächst die Frage nach dem Sinn des Sports einer subjektbezogenen Anverwandlung unterzogen, bevor dieser Prozess dann hinsichtlich seines bildungstheoretischen Potentials dahingehend operationalisiert wird, Herausforderungen zu formulieren, deren bewertbare Qualität sich aus der aufgewendeten Mühe und individuellen Auseinandersetzung mit dem sportmotorischen Gegenstand ergibt. Konkret heißt das, dass sich die Studierenden, im Sinne der bereits erwähnten Selbstbestimmungstheorie nach Decy und Ryan (1993), eine vollkommen individuelle sportmotorische Herausforderung suchen, die sich an drei unterschiedlichen Zieldimensionen orientiert und in der Leistungsbewertung entsprechend differenziert werden soll:

  • dem Wollen, etwas bislang Unbekanntes zu können
  • dem Wollen, etwas zur Perfektion zu führen
  • dem Wollen, etwas bislang Unvorstellbares zu schaffen

Diese Dreiteilung soll einen groben, aber im Sinne der Selbstbestimmung auch nicht zu engen Rahmen einer strukturierten Auswahl für die Studierenden ermöglichen. Andere Einteilungen wie beispielsweise jene von Kleiner (2019), in der „Leistung im Sport“ anhand der Gütekriterien der Zeitminimierung, Treffermaximierung, Gestaltoptimierung etc. differenziert werden, dienen den Studierenden im Sinne einer Wissenserweiterung und Hilfe für die selbstgewählte Aufgabe.
Das mögliche Scheitern an der Herausforderung ist dabei essentiell und wird als genuine Voraussetzung für den Prozess der Anverwandlung aufgefasst. Die Herausforderung wird schriftlich festgehalten und durch die Leitung der Abteilung Sport und Bewegung bestätigt. Neben der detaillierten Beschreibung der sportmotorischen Herausforderung wird von jedem Studierenden zudem ein ausformuliertes Leistungsbewertungskonzept mittels individueller Bezugsnormen im Sinne Heckhausens (1974) eingefordert, welches ein fünfstufiges Notenspektrum von „Sehr Gut (1,0)“ bis „Nicht Bestanden (5,0)“ umfasst. Dabei gilt der Grundsatz, dass je höher die persönliche Herausforderung und somit mühevoller der Weg und höher die individuelle Leistung ausfällt, diese umso besser bewertet wird. Die aus bildungstheoretischer Sicht notwendige Option des Scheiterns impliziert, dass die zum Bestehen der Modulprüfung notwendige Leistung (also die Note 4,0) zu Beginn des Trainings- und (Selbst)Bildungsprozesses noch nicht erreicht werden kann. Um eine entsprechende Schwelle festzulegen, wird daher gemeinsam mit der transparenten und ausdifferenzierten Benotung eines gewünschten „Soll-Wertes“ gleichzeitig der Nachweis des aktuellen „Ist-Wertes“ dokumentiert. Die Nachweise können durch sportmotorische Tests im Rahmen des Seminars, Urkunden von außerhochschulischen Sportveranstaltungen oder glaubhafte Selbstnachweise erbracht werden. Organisatorisch wird der Trainings- und Bildungsprozess dabei in jeweils einsemestrigen, verpflichtenden Präsenz-Veranstaltungen zur Praxis-Theorie-Verknüpfung in den Bewegungsfeldern „Laufen, Springen, Werfen“, „Bewegen an Geräten“, „Bewegen im Wasser“ und „Spielen“ initiiert und begleitet. In einem weiteren Modul mit dem Titel „Angewandte Sportwissenschaften zur persönlichen Anverwandlung“ stehen die klassischen Bewegungsfelder dann erneut im Zentrum, nehmen in den Veranstaltungen aber vorwiegend die Funktion eines Bildungsgegenstands ein, sporttheoretisches Wissen aus den Vorlesungen didaktisch zu reduzieren, auf die Diagnose und Entwicklung der sportartspezifischen Leistungsfähigkeit zu übertragen und dementsprechend auch für das Erreichen der eigenen sportmotorischen Herausforderung zu nutzen. Der Studienverlauf und die dazugehörige Modulgestaltung gewährleisten somit, dass in Schwäbisch Gmünd auch in Zukunft alle Sportstudierenden in allen relevanten Bewegungsfeldern ausgebildet werden – selbst wenn sie sich zukünftig allein in einer, noch dazu selbstgewählten Herausforderung einer Prüfung stellen. Umso mehr offenbart aber genau diese Herausforderung in ihrer subjektbezogenen Anlage die Notwendigkeit, Können mit Wissen und Üben zu verbinden und somit die für pädagogische Kontexte notwendige professionalisierte Reflexionskompetenz auszubilden, die sich durch das Aufeinanderbeziehen von “handlungssteuerndem Wissen und reflektiertem Können“ (Schüssler & Schöning, 2017, S. 41) erproben, anwenden und überprüfen lässt. Neben der sportmotorischen Demonstration der individuellen Herausforderung wird der kognitiv reflexive Teil in einem studienbegleitenden Portfolio festgehalten, das der Prüfungskommission als Anlage am Prüfungstag vorgelegt wird und mit in die Bewertung einfließt. Die Art und Zielstellung dieser Aufgabe lässt sich durchaus mit der hochschuldidaktischen Methode der Fallarbeit in Verbindung sehen, die zu einem Perspektivwechsel und einem In-Distanz-Treten führen soll, und folgt der Erkenntnis, dass die Fallarbeit die Reflexionskompetenz wie auch das Repertoire an Deutungsmöglichkeiten für Situationen erweitert (vgl. u.a. Knoll, 1998).

„Vom Sollen etwas zu vermitteln und zu bewerten“ – Inhalte des Lehramtsstudiengangs Master

Im Gegensatz zu den in der Literatur unterschiedlichsten Ansätzen und Modellen zum Thema Lehrerkompetenz herrscht in einem Punkt Einigkeit, und zwar was eine ganz spezifische Anforderung an zukünftige Sportlehrkräfte betrifft. Diese, allein für Sportlehrkräfte bedeutsame Herausforderung umfasst den notwendigen Perspektivwechsel vom sportlichen Akteur zum Arrangeur bzw. vom Sporttreibenden zum Sportvermittler (vgl. Klinge, 2007; Lüsebrink, 2016; Miethling & Gieß-Stüber, 2007). An der PH Schwäbisch Gmünd wird dieser Perspektivwechsel für die Sport-Studierenden formal-strukturell durch den Übergang vom Bachelor zum Master eingeleitet und offenbart sich in den thematischen, die jeweiligen Studiengänge leitenden Überschriften vom „Wollen etwas zu können“ (Bachelor) zum „Sollen etwas zu vermitteln und zu bewerten“ (Master). Der Perspektivwechsel umfasst dabei nicht allein die subjektive Perspektive der Studierenden, sondern greift das Paradoxon des Sportunterrichts an sich auf, sportliche Bewegungshandlungen als Pflichtveranstaltung vermitteln und bewerten zu sollen, deren Sinnerfüllung und Bildungspotentiale vornehmlich aus einer subjektiven, insbesondere freiwilligen Haltung heraus erfahren werden kann (vgl. Prohl, 2010). Dieses Paradoxon gleichzeitig als Bildungspotential des Sports und somit als Auftrag und Ziel des Sportunterrichts aufzufassen, kann als Kern und Ziel einer mehrperspektivischen Vermittlung sportmotorischer Inhalte aufgefasst werden – und wird nicht zuletzt dadurch dokumentiert, dass eine mehrperspektivische Unterrichtsgestaltung in den Lehrplänen aller Bundesländer, für alle Schulformen und für alle Jahrgangsstufen als die bildungstheoretische Legitimation des Sports in der Schule bezeichnet wird. Dass die Forderung nach einer mehrperspektivischen Vermittlung sportlicher Handlungen angesichts einer eher eindimensional ausgerichteten Ausbildung in der schulischen Alltagspraxis zu einem Spannungsfeld führt, ist evident und ebenfalls belegt (Neumann, 2018). Wiederum gilt es daher, bereits in der ersten Phase der Lehramtsausbildung nicht allein entsprechende Inhalte zu vermitteln, die auf dieses Spannungsfeld vorbereiten, sondern gleichfalls Überprüfungsformen zu entwickeln, welche derartige Vermittlungskompetenzen einfordern und bewertbar werden lassen. In mehreren Veranstaltungen unter dem Titel „Mehrperspektivische Praxis-Theorie-Verknüpfung in ausgewählten Inhaltsfeldern“ steht auf Masterniveau an der PH Schwäbisch Gmünd daher weniger die Vertiefung traditioneller Sportarten, sondern vielmehr die konkrete didaktische Reduktion wissenschaftlicher Theorienhalte aus den unterschiedlichsten Bereichen der Sportwissenschaften im Mittelpunkt, die dann am Beispiel unterschiedlicher Bewegungsfelder mehrperspektivisch aufbereitet werden. Die dafür notwendigen, im Bachelor erworbenen Sachkompetenzen werden im Master somit um den schulformspezifischen Adressatenbezug erweitert und dementsprechend zu einer Vermittlungskompetenz ausgebildet, die für die Studierenden Möglichkeiten bilden, sowohl die professionstheoretische Perspektive auf sich selbst als auch die pädagogischen Perspektiven auf den Sportunterricht miteinander in Bezug zu setzen und zu reflektieren. Da dies konsequenterweise zu einer Aufwertung kognitiver und (selbst)reflexiver Inhalte führt, sind auch die Prüfungen reflexiv analytisch angelegt. Die Module schließen daher mit einer mündlichen Prüfung ab, in der die Studierenden zunächst ihren eigenen, reflexiven Umgang mit unterschiedlichen Sinngebungen, bspw. nach Kenyon (1968), nachweisen sollen, um diese dann in einem zweiten Teil lernzieltheoretisch und adressatengerecht in die pädagogischen Perspektiven auf den Sportunterricht zu überführen und auf ein konkretes Unterrichtsvorhaben zu übertragen. Abgeschlossen wird die Prüfung mit der Vorstellung eines ebenfalls lernziel- und adressatengerechten Leistungsbewertungskonzeptes. Da die Entwicklung eines Leistungsbewertungskonzepts im Sportunterricht, noch dazu unter mehrperspektivischen, praxis-theorie-verbindenden Aspekten, sicherlich zu den anspruchsvollsten Aufgaben im späteren Schulalltag zählt, wird die Vorbereitung und Grundlage dieses Prüfungsteils zum einen in den bereits genannten Veranstaltungen gelegt. Zudem nehmen die Master Studierenden, quasi als Mentor*innen für die Bachelor Studierenden, aber auch an der Veranstaltung „Vom Wollen etwas zu können“ teil und begleiten die Bachelor Studierenden in der Entwicklung und Ausarbeitung ihrer sportmotorischen Herausforderung. Dabei wirken die Master Studierenden zum einen als Korrektiv, die jeweiligen Herausforderungen ihrer Kommilitonen mit den eigenen erbrachten Leistungen und Erwartungen zu vergleichen und einzuordnen, reflektieren und verbalisieren die dazugehörigen Leistungsbewertungskonzepte aber gleichzeitig auch auf einer Meta-Ebene vor den Anforderungen ihrer mündlichen Modulprüfung.
Zusammenfassend verstehen sich voranstehende Ausführungen somit als Vorschlag für eine noch stärker bildungstheoretisch legitimierbare Lehramtsausbildung Sport, die sich zudem noch stärker an der Berufspraxis orientierten Operationalisierung der Fachinhalte und -prüfungen von Sportlehramtsstudierenden ausrichtet. An anderer Stelle wurden jüngst in Anlehnung an Shulman (1986) für das Lehramt Sport die fachdidaktischen Anforderungen auf die Wissensdimensionen „Lernende unterstützen, Schwierigkeiten erklären und Vorgehensweisen formulieren“ zusammengefasst (Heemsoth & Wibowo, 2020). Dieses für das Fach Sport vorgeschlagene hochschuldidaktische Konzept greift dabei auf die Annahmen der sogenannte „Qualifikationshypothese“ zur Entwicklung professioneller Kompetenz auf, nach der das individuelle Fachwissen an sich sowie das fachdidaktische Wissen vornehmlich während des Studiums und Referendariats erworben wird. Nach dem Gmünder Modell erfahren und erleben Sportlehramtsstudierende nun bereits in der ersten Ausbildungsphase genau jene Lernprozesse in für sie herausfordernden Situationen, in denen das Vorkommen von Schwierigkeiten gewünscht ist und theoretisch fundierte Vorgehensweisen erprobt und in Erfahrung gebracht werden müssen. Somit schließt sich der Kreis der Gmünder Lehramtsausbildung Sport dort, wo, ausgehend von der Ausprägung der Sach- und Selbstkompetenz, zunächst Können und Wissen miteinander in Bezug gesetzt wurde, sich dann über eine persönliche Anverwandlung praxis-theorie-verbindender Inhalte zu einer professionstheoretischen Vermittlungskompetenz entwickelte, um letztlich auf die berufsbezogenen Herausforderungen im Sinne einer Schulentwicklungskompetenz (vgl. Miethling & Gieß-Stüber, 2007) vorbereitet zu haben, die ein schulform- und jahrgangsstufengemäßer Sportunterricht an zukünftige Sportlehrkräfte stellt.

1 Je nach Fachmodell sollen zukünftige Sportlehrerinnen und Sportlehrer die Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg zum Ziel der Mündigkeit (Zeuner & Hummel, 2006), zur Bildung durch den Körper (Franke, 2010) oder auch auf die komplexe Gesellschaft (Messmer, 2013) vorbereiten.

2 Vgl.: www.issw.uni-heidelberg.de/arbeitsbereiche/tup/leichtathletik.html (Zugriff am 3.3.2020)

3 Vgl.: www.inspo.uni-stuttgart.de/lehre/lehrveranstaltungen/fachdidaktik/Dokumente_Fachdidaktik/Notentabelle_Schwimmen.pdf (Zugriff am 3.3.2020).

4 Vgl.: www.ku.de/fileadmin/120605/Info-Grundschule-8.pdf (Zugriff am 3.3.2020).

5 Vgl.: www.dshs-koeln.de/hochschule/gender-diversity/diversity-management/zielgruppe-studierende/studieren-mit-behinderung/ (Zugriff am 2.3.2020).

6 Zur Stützung des Vorwurfs der „Vordergründigkeit“ eines professionstheoretischen Anspruchs des Sportunterrichts im Gegensatz zur schulischen Alltagspraxis vergleiche u.a. Röllers Offenbarungseid des traditionellen Sportartenmodells (Röller, 2018).

7 An dieser Stelle soll nicht verschwiegen werden, dass einzelne Studierende in ihrer individuellen und subjektiven Bezugsnormorientierung eine soziale oder sachbezogene Bezugsnorm bevorzugen (würden). Dies mag naiv betrachtet der in der Regel erfolgreichen Vereins- und Schulsportsozialisation geschuldet sein. Aus professionstheoretischer Sicht wäre es dann umso notwendiger, die Studierenden auf Ihre spätere Aufgabe mit motorisch ungeschickteren, demotiviert oder gelangweilten Schülerinnen und Schüler vorzubereiten, bei denen die Anwendung obiger Prämissen ggfs. zielführender ist als die fortwährende Demotivation.

8 Gemeint sind Vorlesungen und Seminare der Sportdidaktik, -pädagogik, -psychologie, -soziologie, Trainings- und Bewegungswissenschaft.

9 Vgl. Homepage der Abteilung Sport und Bewegung der PH Schwäbisch Gmünd. : www.ph-gmuend.de/einrichtungen/fakultaet-i/institut-fuer-gesundheitswissenschaften/sport-und-bewegung/

10 Um die an dieser Stelle sicherlich reflexhaft zu erwartende Skepsis direkt aufzugreifen: Ja, die Studierenden könnten in der Dokumentation des „Ist-Zustandes“ diesen bewusst schlechter darstellen, um dann einfacher eine bessere Note zu erreichen. Da dieses „Nicht-Können“ dann aber in den folgenden bewegungsfeldbezogenen Praxiskursen quasi über zwei Jahre hinweg aufrechterhalten werden müsste, dürfte die Mühe zur Aufrechterhaltung des Scheins eines bspw. „Nicht-schnell-schwimmen-Könnens“ größer sein als die Mühe, die zur Erreichung der ehrlichen Herausforderung benötigt wird. Darüber hinaus vertritt die Abteilung Sport und Bewegung der PH Schwäbisch Gmünd die Auffassung, dass ein derartiger Täuschungsversuch so wenig Verständnis für den Bildungsgehalt des Sports seitens des betrügenden Studierenden offenbart, dass das Studienziel ohnehin nicht erreicht werden wird.

11 Vgl. bspw. die Bildungspläne Sport des MKJS Baden-Württemberg, Kapitel 1, „Didaktische Hinweise“, S.7ff.: „Um den Doppelauftrag des erziehenden Sportunterrichts zu konkretisieren, ist der Unterricht so zu gestalten, dass die Schülerinnen und Schüler diesen aus verschiedenen sportpädagogischen Perspektiven erleben können (...) Diese Perspektiven bilden das besondere pädagogische Potenzial des Fachs Sport und konkretisieren seinen Beitrag zum allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. (...) Die didaktische Umsetzung erfolgt durch einen mehrperspektivisch angelegten Sportunterricht (...) Die Schülerinnen und Schüler erleben zum Beispiel, dass sie sowohl unter Leistungs- und Wettkampfaspekten als auch unter Gesundheits- und Entspannungsaspekten ausdauernd laufen können. Dies ermöglicht ihnen, sich ein Urteil über eine passende Sinngebung für ihr eigenes sportliches Handeln zu bilden.“

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